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Ägypten wieder im Krisenmodus

Ägypten lieferte verlässliche Kapitalmarkterträge aufgrund hoher Zinsen und einer vergleichsweise guten wirtschaftlichen Entwicklung. Doch steckt das Land wirtschaftlich wieder im Krisenmodus.

Ägypten wieder im Krisenmodus

Ägypten lieferte in den vergangenen Jahren verlässliche Kapitalmarkterträge aufgrund hoher Zinsen und einer vergleichsweise guten wirtschaftlichen Entwicklung. Doch seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine steckt das Land wirtschaftlich wieder im Krisenmodus, denn ausbleibende Getreidelieferungen haben Ägypten schwer zugesetzt. Hinzu kommt eine hohe Inflationsdynamik. Das schlägt sich auch negativ auf die Währung nieder.

Ägypten, die einstige Kornkammer Roms, ist heute der größte Weizenimporteur der Welt. 80% des benötigten Getreides für das Hauptnahrungsmittel Brot kommen dabei aus Russland und der Ukraine. Doch aufgrund kriegsbedingter Lieferengpässe und der galoppierenden Inflation sind die Preise für Brot in Ägypten in den letzten Monaten in die Höhe geschnellt. Bereits 1977 und 2011 haben hohe Brotpreise zu massiven Unruhen im Land geführt, daher wurden die Preise vom Staat subventioniert. Die Coronakrise hat in den letzten Jahren die Armut unter Ägyptens Bevölkerung noch stärker ansteigen lassen, denn ausbleibende Tourismusströme haben viele Beschäftigte im Dienstleistungssektor arbeits- und somit im wahrsten Sinne des Wortes auch brotlos gemacht.

Auch wenn die Regierung von Abdel Fattah El-Sisi, der Ägypten seit 2014 autoritär führt, versucht, der wachsenden Armut mit Sozialleistungen etwas entgegenzusetzen, leben doch rund 30 Millionen Menschen in Armut. Eine alarmierende Zahl, denn Hunger und Armut hatten unter anderem schon 2011 in eine Revolution, den „Arabischen Frühling“, geführt, bei der an die 850 Demonstranten ums Leben gekommen sind und die zum Rücktritt des damaligen autokratisch regierenden Staatspräsidenten Husni Mubarak geführt hat. Das war ein sehr großer Einschnitt für Ägypten und danach folgten erstmals Wahlen und mit ihnen die kurzfristige politische Machtübernahme von Mohammed Mursi von der islamistischen Muslimbrüderschaft. Bereits 2013 wurde dieser aber vom ägyptischen Militär mit einem gewaltsamen Staatsstreich von der Macht geputscht. In den folgenden Jahren gelingt Ägypten ein, für seine Verhältnisse, radikaler Reformkurs. Das Land schafft es – unter der strengen Auflage einer dreijährigen Finanzhilfe des IWF (Internationaler Währungsfonds) in Höhe von 12 Mrd. Dollar – einige wichtige soziale Verbesserungen umzusetzen und Effizienzsteigerungen in der Administration zu erzielen. Dennoch ist mit Generaloberst El-Sisi ein Diktator an der Macht, der ein Land regiert, das von Misswirtschaft, Korruption und Unruhen geprägt ist.

Unterstützung der Weltbank

Neben den Zahlungen durch den IWF hat Ägypten auch Unterstützung durch die Weltbank in Höhe von 3 Mrd. Dollar sowie durch die afrikanische Entwicklungsbank (1,5 Mrd. Dollar) erhalten. Darüber hinaus wurde Kapital, rund 5 Mrd. Dollar, auf bilateralem Weg lukriert – hauptsächlich von anderen Staaten der Middle-East-Region, wie beispielsweise Saudi-Arabien. Für die Saudi-Araber, die ebenfalls autoritär geführt werden, ist Ägypten ein wichtiger Stabilitätsfaktor in der Region und verlässlicher Partner im Kampf gegen die islamistische Muslimbruderschaft.

Im Dezember vergangenen Jahres wurde vom IWF entschieden, Ägypten einen weiteren Kredit über 3 Mrd. Dollar mit einer Laufzeit von 46 Monaten zu gewähren. Natürlich wieder mit verschiedenen Auflagen verbunden. Neben der Forderung, weitere Reformen bei Sozialleistungen voranzutreiben, und der Bedingung, dass sich der Staat künftig stärker aus der Wirtschaft zurückziehen muss, geht es diesmal auch um einen flexibleren Wechselkurs.Das ägyptische Pfund ist sehr stark an den Dollar gebunden, nun wird eine Anbindung an einen Währungskorb diskutiert. Mit dieser Flexibilisierung sollen externe Ungleichgewichte abgebaut und die Wettbewerbsfähigkeit Ägyptens im Ausland gestärkt werden. Das soll internationale Investoren anlocken. Mit der zugesagten Finanzhilfe des IWF gehen wir davon aus, dass die größeren Abwertungswellen nun hinter uns liegen und wir allenfalls noch kleinere Bewegungen sehen werden.

Denn der Wert des ägyptischen Pfund ist seit Kriegsausbruch um 50% gefallen. Die De-facto Bindung an den Dollar brachte für die lokale Währung eine Entwicklung, die nicht immer die wirtschaftliche Realität widerspiegelte: Zum Beispiel war das ägyptische Pfund 2019 jene Währung mit der weltweit drittbesten Performance gegenüber dem Dollar. Bis zu Jahresbeginn 2022 zeigte es eine beeindruckende Performance – ein eindeutiges Indiz, dass die Währung künstlich stark gehalten wurde. Am 21. März 2022 kam es schließlich zur ersten von drei Abwertungswellen des ägyptischen Pfund gegenüber dem Dollar.

Ägypten ist mit knapp 110 Millionen Menschen das bevölkerungsreichste Land in der arabischen Welt. Das Wirtschaftswachstum des vergangenen Jahres (von Juli 2021 bis Juli 2022) hat 6,6% des BIP betragen. Einen wieder zunehmend wichtigeren Anteil daran haben Einnahmen aus dem Tourismus, der nach der Corona-Pandemie endlich wieder anläuft.

Auch der Ausbau des Suezkanals und die Ausrichtung der COP27, der UN-Klimakonferenz im vergangenen Jahr, haben diese Entwicklung gefördert. Für Letzteres erwarten wir noch weitere Entwicklungsprojekte im Bereich Wasser, Lebensmittel, Energie und Verkehr, was den Nachhaltigkeitssektor unterstützen sollte. Durch das hohe Wirtschaftswachstum im letzten Jahr haben sich Haushaltsbilanz und Leistungsbilanzdefizit verbessert.

Trotz dieser günstigen Prognosen geht der IWF von einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums für 2022 aus. Die ohnehin schon hohe Inflation von aktuell fast 26% dürfte weiter steigen. Bei der letzten großen Wirtschaftskrise Ägyptens im Juli 2017 ist die Inflation auf 33% geklettert. Ein Wert, der angesichts bereits wieder fallender Inflationsraten in den USA zwar vielleicht nicht erreicht wird, aber der doch alarmierend im Raum steht.

Die Notenbank hat in einigen Schritten die Leitzinsen von 8,25% auf 16,25% angehoben und man erwartet weitere 200 Basispunkte nach oben. Das zeigt, dass die Notenbank sehr viel tut, um die Inflation in den Griff zu bekommen.

Für Anleiheinvestoren ist Ägypten jedenfalls ein interessanter Markt, weil bereits starke Abwertungswellen stattgefunden haben und der Boden wohl schon bald erreicht sein wird.

Wenn die durch den IWF geforderten Auflagen so umgesetzt werden, schafft das Land einen weiteren großen Reformschritt und wird für Anleger umso attraktiver.

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