Automobilanleihen

Attraktive Renditen bei Volkswagen-Bonds

Derzeit erscheint den Anleiheanalysten der LBBW der größte Euro-Bond-Emittent Volkswagen besonders interessant für Investoren, zumal die Kreditkennzahlen gut sind und dennoch hohe Renditen möglich sind.

Attraktive Renditen bei Volkswagen-Bonds

Von Frank Biller*)

Das Jahr 2022 startete verheißungsvoll für die Automobilindus­trie. Sinkende Covid-Fallzahlen und eine bessere Versorgung mit Halbleiterbauteilen waren die Basis für diesen Optimismus. So schätzte das Prognoseunternehmen LMC Automotive zu Beginn des Jahres einen Anstieg des Fahrzeugabsatzes um rund 6% nach einem Rückgang um rund 14% 2021. Weiterhin fehlende Chips und Unterbrechungen der Lieferketten als Folge des Ukraine-Kriegs und pandemiebedingte Restriktionen in China machten jedoch einen Strich durch die Rechnung. So stand für das Ge­samtjahr laut ersten Zahlen ein Automobilabsatz von rund 81 Millionen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Dies ist ein weiterer Rückgang um rund 1%, etwa 5 Millionen Fahrzeuge weniger als ursprünglich erwartet und mehr als 14 Milli­onen Einheiten unter dem Rekordniveau von 2017.

Diese schwierige Entwicklung wirkte sich auch auf die Credit Spreads aus. Besonders stark war die Ausweitung der Spreads nach Ausbruch des Ukraine-Krieges. So stieg der iBoxx Non-Financials vom 20. Februar 2022 bis zur Jahresmitte von 72 auf 120 Basispunkte. Im selben Zeitraum verdoppelte sich der iBoxx Autos von 80 auf 160 Ba­sispunkte. In keiner Branche fielen die Spreadausweitungen höher aus. Mit der Marktberuhigung in der zweiten Jahreshälfte fielen die Credit Spreads bei den Automobilunternehmen stärker als der Ge­samtmarkt. So fiel der Aufschlag bis Mitte November auf rund 10 Basispunkte und lag damit etwa auf dem Niveau zu Jahresbeginn. Diese starke Einengung dürfte dabei vor allem auf die guten Q3-Zahlen der Hersteller BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen zurückzuführen sein, zumal die Euro-Bonds dieser Emittenten für rund 63% des iBoxx Autos stehen.

Der anhaltend hohen Fahrzeugnachfrage stand eine knappe Verfügbarkeit an Fahrzeugen gegenüber. So konnten die Hersteller höhere Preise am Markt durchsetzen und trotz rückläufiger Verkaufszahlen steigende Ergebnisse verbuchen. Aktuell liegt der Branchenaufschlag bei knapp unter 20 Basispunkten, einem weiterhin niedrigen Niveau. Betrachtet man die Performance der Euro-Bonds seit Januar 2022, so liegen sämtliche Branchen aufgrund des stark gestiegenen Zinsniveaus im Verlustbereich. Am besten liegt der iBoxx Autos mit einem Total Return von −9,3% gegenüber −12,5% im iBoxx Non-Financials und deutlich vor der folgenden Industriegüterbranche mit −11,7%. Die Outperformance der Automobilbonds be­gründet sich zum einen durch die guten Ge­schäftszahlen, aber auch durch die kürzere durchschnittliche Duration von 4,0 Jahren gegenüber 5,2 Jahren im iBoxx Non-Financials.

Rekordliquidität bei VW

Derzeit erscheint uns der größte Euro-Bond-Emittent Volkswagen besonders interessant für Investoren, zumal die Kreditkennzahlen gut sind und dennoch hohe Renditen möglich sind. Zudem läuft das Geschäft trotz der herausfordernden Marktbedingungen erfolgreich. Im dritten Quartal 2022 steigerte der VW-Konzern angesichts einer verbesserten Versorgungslage bei Chips seine Fahrzeugproduktion um 21% auf 2,2 Millionen Einheiten, gleichauf mit dem Absatz, der um 24% zulegte. Damit lag das Unternehmen besser als der weltweite Automobilmarkt, der um 8% wuchs. Der Umsatz wuchs proportional um 24% auf 70,7 Mrd. Euro. Gleichzeitig verbesserte sich das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf 4,3 Mrd. Euro (i.V. 2,8 Mrd. Euro) bei einer Marge von 6,0% (i.V. 4,6%). Auch der Free Cashflow des Automobilgeschäfts entwickelte sich positiv mit 3,3 Mrd. Euro (i.V. −3,3 Mrd. Euro). Hierdurch stieg die Nettoliquidität zum Quartalsende auf rekordhohe 31,6 Mrd. Euro, wobei die Mittelzuflüsse aus dem erfolgreichen Börsengang der Porsche AG in Höhe von 19,5 Mrd. Euro noch nicht enthalten sind. Diese flossen erst in Q4/22 zu und wurden bereits zur Hälfte als Sonderdividende an die VW-Aktionäre ausgeschüttet.

Laut Unternehmensausblick soll die Nettoliquidität des Automobilgeschäftes vor den Erlösen aus dem Porsche-Börsengang zum Jahresende um bis zu 15% (i.V. 26,7 Mrd. Euro) steigen. Selbst nach Ausschüttung der Sonderdividende von rund 9,6 Mrd. Euro, die am 9. Ja­nuar ausgezahlt wurde, dürfte die Nettoliquidität aktuell auf einem komfortablen Niveau von über 35 Mrd. Euro liegen. Dies gibt dem Konzern unseres Erachtens ausreichend Spielraum, um die hohen Investitionen für die Branchentransformation zu leisten, ohne das Investment-Grade-Rating zu gefährden.

Für die Finanzierung des Ge­schäfts nutzt Volkswagen eine breite Palette an Instrumenten. Mit ak­tuell 168 Bonds und einem Ge­samt­volumen von rund 95 Mrd. Euro entfällt der Großteil hierbei auf den Anleihemarkt. Dies schließt zehn nachrangige Hybridanleihen mit einem Volumen von 13,9 Mrd. Euro ein. Hauptwährungen sind dabei Euro (rund 62%), USD (rund 24%) und GBP (rund 7%). Die Laufzeiten sind breit gestreut von 2023 bis 2043. Neben den meist festverzinsten Bonds nutzt Volkswagen vor allem ABS-Transaktionen (rund 44 Mrd. Euro per Ende Q2/22), Kredite von Banken (rund 37 Mrd. Euro) und Kundeneinlagen bei der VW Bank (rund 26 Mrd. Euro). 2023 werden Anleihen in Hö­he von rund 6,45 Mrd. Euro fällig. Diese dürften weitgehend über Neuemissionen refinanziert werden.

Im Jahr 2022 emittierte Volkswagen ein Volumen von 8,25 Mrd. Euro in Euro-Bonds, davon 4 Mrd. Euro-Green-Bonds und 2,25 Mrd. Euro-Hybride. Die Bonds sind regelmäßig attraktiv gepreist, was Zeichnungsgewinne verspricht. Beispielsweise engten sich die Spreads der im Juni emittierten VW-Green-Bonds 03/25 und 09/27 bis dato um 78 bzw. 42 Basispunkte ein, während der iBoxx Autos zeitgleich um 31 Basispunkte fiel. Die ausstehenden VW-Bonds notieren derzeit meist oberhalb der Marktkurve BBB und bieten damit hohe Renditen gegenüber vergleichbaren Bonitäten. Schon für Laufzeiten ab sechs Jahren liegen diese aktuell bei rund 4%. Die unverkennbaren Risiken aus Konjunkturabhängigkeit und Branchentransformation hin zu einer emissionsfreien Mobilität sehen wir in den aktuellen Bewertungen der VW-Bonds ausreichend berücksichtigt. Für risikobereitere Investoren lohnt sich auch ein Blick auf die Hybridanleihen. Aufgrund der Nachrangigkeit liegt das Rating dieser Bonds gerade noch im Investment-Grade-Bereich. Die Renditen der ausstehenden Hybride mit Mindestlaufzeiten zum ersten Call-Termin von 09/23 bis 03/31 liegen aktuell bei 4,4 bis 6,9% und damit bis auf den kürzesten mehr als 2 Prozentpunkte über den Volkswagen-Senior-Bonds mit ähnlicher Laufzeit. Ein Abrutschen ins High Yield halten wir angesichts der hohen Nettoliquidität und insgesamt positiver Geschäftsaussichten derzeit für unwahrscheinlich. So steht den zusätzlichen Belastungen durch steigende Lohn- und Energiekosten sowie einem stärkeren Wettbewerbsdruck ein anhaltender Nachholbedarf bei Neuwagen gegenüber. In Verbindung mit einer besseren Chipversorgung, sinkenden Material- und Logistikkosten und einer besseren Produktionsauslastung erwarten wir auch für 2023 gute Geschäftsergebnisse.

*) Frank Biller ist Senior Analyst für Automotive im LBBW Corporates Research.

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