Bitcoin-Rally weckt Furcht vor Überhitzung
Bitcoin-Rally weckt Furcht vor Überhitzung
Ehemaliger Bitmex-CEO warnt vor „qualvollem Kurssturz“ im Januar – Hoffnungen auf marktfreundlichen Kurs unter Trump erhalten Dämpfer
Prominente Krypto-Protagonisten warnen nach der jüngsten Rekordrally von Bitcoin vor überzogenen Erwartungen. Laut dem in Ungnade gefallene Ex-CEO der Digital-Assets-Börse Bitmex, Arthur Hayes, dürfte Donald Trump nach seinem Amtsantritt wenig Zeit für marktfreundliche Regulierungen bleiben.
xaw New York
In die Begeisterung um die Rekordrally am Kryptomarkt mischen sich warnende Stimmen. Mit nahezu 145% liegt die nach Marktkapitalisierung führende Cyberdevise Bitcoin im bisherigen Jahresverlauf im Aufwind und notierte am Mittwochmittag New Yorker Zeit nicht weit unterhalb des am Dienstag erreichten Rekordhochs von über 108.000 Dollar. Doch selbst einige der einst als besonders bullish bekannten Protagonisten des Krypto-Segments fürchten nun, dass die Hoffnungen der Anleger auf rasante Zinssenkungen der Federal Reserve und eine umfassende Finanzmarkt-Deregulierung in den Vereinigten Staaten überzogen sind und der Markt inzwischen zu heiß gelaufen ist.
Wenig Zeit für Deregulierung
So äußert sich der nach mutmaßlichen Verstößen gegen Anti-Geldwäsche-Gesetze und Know-Your-Customer-Richtlinien in Ungnade gefallene Ex-CEO der Digital-Assets-Börse Bitmex, Arthur Hayes, nun pessimistisch. Der Unternehmer sagt Cyberdevisen in einem aktuellen Blogbeitrag einen „qualvollen Kurssturz“ rund um die Amtseinführung Donald Trumps am 20. Januar voraus. Hayes' Family Office Maelstrom werde im Voraus bestimmte Positionen abbauen, um im Anschluss günstig nachkaufen zu können.
Seine düstere Prognose begründet der ehemalige Investmentbanker damit, dass der Markt „aufwachen“ und realisieren werde, „wie wenig Zeit Trump wirklich hat, um etwas zu erreichen“. Bevor der Wahlkampf für die US-Zwischenwahlen 2026 starte und sich die Mehrheiten im Kongress wieder hin zur demokratischen Seite verschöben, bliebe dem designierten US-Präsidenten „bestenfalls“ ein Jahr, um Krypto-förderliche Gesetze und Regulierungen auf den Weg zu bringen.
Regulierungsskeptiker schürt Optimismus
Zuletzt hatte insbesondere Trumps Nominierung des Regulierungsskeptikers Paul Atkins für den Posten des Chefs der Börsenaufsicht SEC die Euphorie im Digital-Assets-Segment verstärkt. Der Anwalt gilt gemeinhin als Gegenentwurf des bisherigen Behördenvorsitzenden Gary Gensler, der sich den Investorenschutz als Kernaufgabe auf die Fahnen geschrieben hat und Krypto-Dienstleister in den vergangenen vier Jahren mit Klagen und harten Vollstreckungsmaßnahmen traktierte.
Atkins hat dieses Vorgehen öffentlich bereits infrage gestellt. Die SEC agiere zu starr, um den jungen und beweglichen Digital-Assets-Markt effektiv zu regulieren, ließ er durchblicken. Während eines Podcast-Auftritts sagte er im vergangenen Jahr, die Behörde solle „direkter“ mit den betreffenden Firmen umgehen, um zu verhindern, dass sie nach Europa und Asien abwanderten, wo mitunter bereits umfassende Krypto-Regulierungen existierten. Mit seinen Aussagen reiht sich Atkins in den marktfreundlichen Kurs der neuen Regierung in Washington ein.
Neuerungen im Verwahrgeschäft als Treiber
„Donald Trumps positive Haltung gegenüber Bitcoin und seine Ankündigung, eine strategische BTC-Reserve etablieren zu wollen, haben dem Markt sicherlich einen zusätzlichen Impuls gegeben“, betont auch Ha Duong, Direktor für Krypto-Strategie bei der Fondsgesellschaft BIT Capital. „Seine Aussagen stützen die Wahrnehmung von Bitcoin als digitales Gold und fördern die Vorstellung von Bitcoin als strategisches Asset auf staatlicher Ebene.“ Zudem werde sich die Regulierung in der Krypto-Verwahrung unter der neuen Regierung aller Voraussicht nach ändern. In der Folge werde es für Adressen wie Bank of New York Mellon und State Street möglich, in der Custody für digitale Vermögenswerte aktiv zu werden. „Dadurch wird die Anlageklasse für viele große Institutionen zugänglich, die bisher nicht mit Krypto-Firmen zusammenarbeiten wollten“, prognostiziert Duong.
Die neuen Machtverhältnisse in Washington beflügeln den Markt damit in einer Phase, in der sich einmal mehr Hoffnungen auf eine institutionelle Adoption und breitere Akzeptanz von Cyberdevisen Bahn brechen. Entscheidend dazu beigetragen hat die Zulassung Spot-basierter ETFs auf Bitcoin und die zweitgrößte Digitalwährung Ether in den Vereinigten Staaten. Die SEC war nach Gerichtsurteilen im laufenden Jahr gezwungen, den Produkten die Freigabe zu erteilen – Krypto-Enthusiasten argumentieren, dass die vertrauten börsengehandelten Fonds die Digital-Assets-Anlage für große Investoren wie Pensionsfonds und Versicherer mit ihren Risikomanagement-Vorgaben vereinbar machen und Barrieren zum Einstieg abbauen. Zudem gelten Direktvehikel als effizienter als bereits zugelassene Futures-ETFs auf Cyberdevisen, bei denen Preisdifferenzen zum zugrunde liegenden Markt und das Rollen der Kontrakte für hohe Kosten sorgen.
Der Hype um die neuen Produkte bescherte Anbietern wie Blackrock und Fidelity bereits im Januar einen Investorenansturm, nun bringen Digital-Assets-Fonds ein Boomjahr hinter sich. In der abgelaufenen Woche flossen globalen Krypto-Anlageprodukten laut dem Vermögensverwalter Coinshares per Saldo 3,2 Mrd. Dollar zu, nachdem die Nettomittelzuflüsse Anfang Dezember mit 3,85 Mrd. Dollar bereits einen Rekordwert erreichten. Im bisherigen Jahresverlauf summieren sie sich damit auf 44,5 Mrd. Dollar – ein „beeindruckender“ Wert und mehr als das Vierfache jedes anderen Jahres seit Beginn der Datenerhebung, wie Coinshares-Chefanalyst James Butterfill betont. Der Löwenanteil des Zustroms entfällt dabei auf die Vereinigten Staaten.
Hohe Handelsvolumina
Coinshares-Chefanalyst James Butterfill bezeichnet den Handel gerade in Bitcoin als „äußerst liquide“. Die Volumina von Krypto-Produkten an „vertrauenswürdigen Börsen“ hätten im zu Ende gehenden Jahr bisher bei durchschnittlich 8,3 Mrd. Dollar pro Tag gelegen und hätten damit jene im britischen Leitindex FTSE 100 übertroffen. Allerdings machen sie noch immer nur einen Bruchteil der Volumina im gesamten Kryptomarkt aus, in den 24 Stunden bis Mittwochmittag handelten Investoren laut der Plattform Coinmarketcap allein Bitcoin im Gegenwert von nahezu 78 Mrd. Dollar.
Damit, betonen Skeptiker, ist der regulierte Handel noch lange nicht der entscheidende Treiber der Rally. Der Markt sei damit weiterhin weniger von Buy-and-Hold-Strategien als vielmehr von hoher Volatilität geprägt. Zugleich mehren sich die Zweifel daran, dass die Federal Reserve ihre Geldpolitik auch im neuen Jahr noch stark lockern wird. Denn die Inflation hält sich in den USA noch immer hartnäckig auf erhöhten Niveaus – und Ökonomen fürchten, dass Strafzölle der Trump-Regierung gegen Handelspartner die inländische Teuerung wieder antreiben werden. Wie BIT Capital betont, tragen aber gerade die US-Zinssenkungen und der resultierende Liquiditätsschub an den Märkten entscheidend zur Nachfrage nach Kryptowährungen bei.