Nachhaltigkeit

Deka rechnet mit ESG-Umschwung

Die Deka rechnet damit, dass neue Reporting-Richtlinien und die Abfrage von ESG-Präferenzen in der EU tiefgreifende Folgen für die Märkte haben wird. Mehreren Branchen stehe ein Re-Rating bevor.

Deka rechnet mit ESG-Umschwung

xaw Frankfurt

Auf Unternehmen und Anleger kommt nach Ansicht der Fondsgesellschaft Deka innerhalb der kommenden zwei bis fünf Jahre eine massive Regulierungswelle in Bezug auf den Klimaschutz zu. „Auf der Klimakonferenz von Paris haben sich 197 Staaten verpflichtet, die globale Erwärmung bis 2100 gegenüber vorindustriellen Werten auf zwei Grad zu begrenzen – in den vergangenen sechs Jahren ist aber nicht viel passiert“, sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment.

Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive breche künftig eine neue Zeit für Unternehmen an. Denn die im Entwurf vorliegende EU-Richtlinie solle Firmen ab 250 Mitarbeitern verpflichten, über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Betroffen sind damit viermal so viele Unternehmen wie bisher, die geplanten Änderungen beziehen sich bereits auf die Berichtsperiode 2023.

Auch die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen, die in der Europäischen Union ab August 2022 in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung Pflicht werden soll, dürfte nach Ansicht der Deka noch einmal viel verändern. Bisher seien 85% aller nachhaltig verwalteten Gelder institutionellen Investoren zuzuordnen – vor allem, weil Privatanleger bisher nicht ausreichend zu nachhaltigen Produkten informiert seien.

Fehlendes Wissen

Dies werde an von der Deka in Auftrag gegebenen Yougov-Umfragen deutlich. Demnach antworteten auf die Frage, inwieweit Nachhaltigkeit bei der Geldanlage wichtig sei, zwar zusammengenommen 47% der Teilnehmer mit „eher wichtig“ oder „sehr wichtig“ – aber eben auch 38% mit „eher nicht wichtig“ oder „gar nicht wichtig“ und 16% mit „weiß nicht“. Bei der Frage, inwieweit die Vertretung der Anleger durch Fondsgesellschaften auf Hauptversammlungen wichtig sei, erzielte die Antwort „weiß nicht“ mit 36% sogar den höchsten Anteil unter allen möglichen Angaben. „Mit der Präferenzabfrage kommt die Branche auch bei Privatkunden nicht mehr um nachhaltige Anlagen herum, da das Problem des mangelnden Wissens der Investoren sich dann sukzessive auflösen wird“, prognostiziert Speich.

Dass nun der notwendige politische Impuls zum Erreichen der Klimaziele bevorstehe, liege indes auch an der klaren Fokussierung globaler Wirtschaftsführer auf ökologische Risiken, die im Global Risk Report 2021 des Weltwirtschaftsforums deutlich werde. Dieser zieht unter anderem eine Umfrage heran, in der die Teilnehmer die größten globalen Risiken der kommenden zehn Jahre nach Wahrscheinlichkeit ihres Eintreffens auf einer Skala von eins bis zum Höchstwert fünf einordnen sollten. Unter den fünf Risiken mit dem höchsten Durchschnittswert befinden sich vier umweltbezogene Gefahren, darunter extreme Wetterbedingungen und ein Scheitern von Klimaschutzbemühungen.

„Aus Sicht unserer Anlagepolitik sind die spannendsten Branchen daher diejenigen, für die Regulierungsrisiken in Verbindung mit dem Klimaschutz die größte Rolle spielten“, sagt Speich. In Europa verursachten die vier Sektoren Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Versorger, Industrie sowie Energie, Öl und Gas 85% der Treibhausgasemissionen. Indes durchlaufe der Automobilsektor seit Jahren einen klassischen Transformationsprozess. Dies sei auch an den Kurs-Gewinn-Verhältnissen im Stoxx-Index der Branche abzulesen, die sich in den vergangenen acht Jahren in Reaktion auf Emissionsvorgaben in China, den USA und Europa von einem Niveau von über 12 kommend auf 6 bis 7 reduziert und sich nun oberhalb der Make von 8 eingependelt hätten.

Ein ähnliches Re-Rating stehe auch anderen Branchen bevor, die unter Klimagesichtspunkten hohe Transformationsrisiken aufwiesen. Für Fondsgesellschaften bestehe die Herausforderung darin herauszufinden, ob Unternehmen aus diesen Sektoren Ausstöße überhaupt rechtzeitig reduzieren könnten, bevor die Regulierung zuschlage, oder ob sich eine stärkere Interaktion und ein höherer Aktionärsdruck in Richtung Nachhaltigkeit lohne.

Beim Engagement nach ESG-Kriterien (Umweltschutz, Soziales, gute Unternehmensführung) müssten sich Fondsgesellschaften indes auch mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auseinandersetzen, die den Fokus fast ausschließlich auf den Umweltschutz legten. „Wir werden die Forderungen der NGOs sicherlich nicht vollumfänglich übernehmen, da wir auch soziale Faktoren im Auge behalten müssen“, sagt Speich. Eine zu hohe Gewichtung ökologischer Ziele verstoße gegen den Grundsatz, keinen signifikanten Schaden in anderen Säulen anzurichten. So würde beispielsweise die Abschaltung aller Kohlekraftwerke nicht nur zu einer Unterversorgung an Strom, sondern auch zu einem abrupten Strukturwandel und Arbeitslosigkeit in den betroffenen Regionen führen.

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