Geld oder BriefBank of New York Mellon als KI-Innovator

Die älteste Bank der Vereinigten Staaten erfindet sich neu

Die Bank of New York Mellon will mit ihrer Innovationskraft bei Investoren punkten. Allerdings ist auch sie mit einer ernüchternden Realität im Sektor der regionalen amerikanischen Geldhäuser konfrontiert.

Die älteste Bank der Vereinigten Staaten erfindet sich neu

Geld oder Brief

Die älteste Bank der USA erfindet sich neu

Von Alex Wehnert, New York

Das älteste Geldhaus der Vereinigten Staaten will sich gegenüber Investoren als innovationsfreudig und zukunftsfähig präsentieren – und hat deshalb einen Deal mit viel Strahlkraft geschlossen. Die Bank of New York Mellon, 1784 von US-Gründervater Alexander Hamilton ins Leben gerufen und fünf Jahre später mit einem Kredit über die damals erkleckliche Summe von 200.000 Dollar Retterin der in Zahlungsnöte geratenen Regierung des jungen amerikanischen Staates, tut sich heute insbesondere als eine der führenden Anwenderinnen künstlicher Intelligenz im Finanzsektor hervor.

Im Rahmen einer Ende Februar angekündigten Kooperation mit OpenAI erhält BNY Zugang zu den fortschrittlichsten Modellen des Start-ups. Im Gegenzug verspricht sich die Tech-Schmiede Erkenntnisse darüber, wie gut ihre Entwicklungen in der realen Geschäftswelt und unter besonders komplexen Anforderungen funktionieren. Brad Lightcap, Chief Operating Officer von OpenAI, betonte, das Start-up habe sich dabei einen Kooperationspartner ausgesucht, der auf der KI-Wachstumskurve schon vorangeschritten sei.

Interne Innovation gefördert

Denn BNY lancierte bereits im vergangenen Jahr die Enterprise-AI-Plattform Eliza, deren Name einen Rückgriff auf die lange Historie des Geldhauses darstellt. Denn sie ist nach der Frau von Firmengründer Hamilton benannt. Einerseits agiert Eliza als auf Basis von BNY-Daten trainierter Chatbot im Kundendienst. Anderseits soll die Plattform aber auch die Innovation in internen Prozessen fördern. Alle 52.000 Mitarbeiter der Bank haben Zugriff auf Eliza, 50% nutzen sie bereits, um KI-Tools für bestimmte Anwendungen zu erstellen. So ist auf Basis der Plattform eine App entstanden, über die Vertriebler qualifizierte Kontakte mit Kunden generieren und deren Daten festhalten können. Sarthak Pattanaik, Leiter des KI-Zentrums von BNY, betonte auf der Branchenkonferenz „Money 20/20“ in Las Vegas Ende Oktober 2024, dass künftig alle Geschäftszweige über Eliza ihre Effizienz steigern sollen. Neben der Auswertung von Kreditdokumenten solle die Verarbeitung großer Datenmengen auch das Treasury-Clearing beschleunigen – BNY ist ein führender Dienstleister für den Ausgleich von Forderungen und Verbindlichkeiten im US-Staatsanleihemarkt.

Bei Digital Assets aktiv

Das Geldhaus, das nach eigenen Angaben als erste Bank einen Supercomputer einsetzt, hat sich auch auf weitere Innovationsfelder wie Instant Payments und Digital Assets gestürzt. Im Februar sandte sie die größte Sofortzahlung der amerikanischen Geschichte, eine Transaktion im Volumen von 10 Mill. Dollar, über das von den größten Geschäftsbanken der USA über ihre Verbandsgesellschaft The Clearing House betriebene RTP Network.

Bei der Verwahrung digitaler Anlagen war BNY als eine der ersten großen institutionellen Adressen aktiv. Im September des vergangenen Jahres erhielt sie von der Börsenaufsicht SEC überdies die Freigabe für den Custody Service für Bitcoin- und Ether-ETFs. Die geringen Berührungsängste gegenüber neuen Technologien versprechen sich für das New Yorker Geldhaus auszuzahlen. Laut dem Analysedienst Bloomberg Intelligence wächst der Markt für Krypto-Custody, der zuletzt einen Umfang von 300 Mill. Dollar erreicht habe, mit einer jährlichen Rate von nahezu 30%. Aufgrund der höheren Risiken im Umgang mit schwach regulierten Cyberdevisen können Banken dabei üblicherweise höhere Gebühren verlangen als im traditionellen Verwahrgeschäft.

Regionalbanken unter Druck

Doch während sich das älteste Geldhaus der USA neu erfindet, muss es sich auch mit der ernüchternden Realität im Regionalbankensektor auseinandersetzen. Denn dieser hat die Verwerfungen aus dem Frühjahr 2023 noch immer nicht hinter sich gelassen, S&P Global warnt vor einer kontinuierlichen Verschlechterung der Assetqualität auf den Bilanzen. Neben dem Gewerbeimmobilienmarkt verliert auch das Segment der Verbraucherkredite an Stabilität. Es geht die Befürchtung um, dass US-Präsident Donald Trump mit seiner Handelspolitik für zusätzliche Verwerfungen sorgt. Das droht auch BNY zu treffen, die ihre Präsenz in der Vermögensverwaltung und -Beratung für Retail-Kunden zuletzt durch Übernahmen ausgebaut hat.

Dennoch sticht das Institut mit seiner Innovationskraft in einem gebeutelten Sektor hervor. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis auf Basis der Schätzungen für die Entwicklung des Anlagevermögens in den kommenden zwölf Monaten lag bei US-Handelsschluss am Mittwoch mit 1,46 deutlich unter dem vom Datendienst Refinitiv errechneten Branchenmedian von 2,17. Dabei hat die Aktie mit einem Kurszuwachs von mehr als 50% über die vergangenen zwölf Monate bereits eine klare Outperformance gegenüber dem Dow Jones US Banks Index hingelegt, der im gleichen Zeitraum 21,5% gewonnen hat.

Optimistische Analysten

Entsprechend viel Luft nach oben sehen Analysten in der Breite: In der Refinitiv-Datenbank findet sich keine einzige Verkaufsempfehlung für BNY Mellon. Fünf Investmenthäuser raten dazu, den Titel zu halten, während zwölf für „Kaufen“ votieren. Das durchschnittliche Kursziel von 92,68 Dollar liegt klar über dem aktuellen Niveau von 85,09 Dollar. Die älteste Bank der Vereinigten Staaten kommt damit nicht gerade angestaubt daher.