Evergrande-Krise belastet Chinas Dollar-Junkbonds
Von Norbert Hellmann, Schanghai
Die laufende Bonitätsverschlechterung bei chinesischen Immobilienentwicklern zieht weitere Kreise im Markt für Hochzinsanleihen. Am Donnerstag verschärfte sich der Sell-off bei Dollaranleihen chinesischer Immobilienfirmen und führte bei einzelnen Titeln zu Kursverlusten von über 20% – damit wurde der Schwellenwert für eine temporäre Handelsaussetzung erreicht. Aktuell ringen neben dem akut pleitegefährdeten Branchenriesen China Evergrande Dutzende weiterer hoch verschuldeter Immobilienentwickler mit Liquiditätsproblemen, die fortlaufende Ratingabstufungen nach sich ziehen. Im Zuge der Zitterpartie um die Bedienung ihrer überwiegend bei internationalen Investorenkreisen platzierten Dollaranleihen zeigt sich das Marktsentiment vergiftet.
Malaise färbt ab
Da Emittenten aus dem Immobilienlager den Löwenanteil des Volumens der offshore im Dollar begebenen chinesischen Hochzinsanleihen ausmachen, färbt die Malaise zunehmend auf die Risikoprämien für chinesische Junkbonds ab. Am Donnerstag erreichte die Durchschnittsrendite entsprechender Titel nach Maßgabe des Bloomberg USD Credit China High Yield Index denn auch einen Rekord. Nachdem die Kurse über die vergangenen zehn Handelstage hinweg durchgehend abwärts tendiert haben, steht die Marke nun bei 21% und damit in etwa dreimal so hoch wie zu Jahresbeginn 2021.
Nachdem chinesische Junkbonds über die vergangenen zehn Jahre hinweg bei ansprechenden Zinsraten und de facto geringen Ausfallrisiken zum wichtigsten Tummelplatz für entsprechend ausgerichtete Schwellenländerfonds geworden sind, rücken nun die drastisch gestiegenen Default-Risiken in den Vordergrund und verderben auch zunehmend das Emissionsklima im Primärmarkt für asiatische Corporate Bonds. In diesem Jahr haben sich Zahlungsausfälle bei Dollartiteln chinesischer Emittenten bereits auf 9 Mrd. Dollar summiert, was wiederum einen Rekordwert darstellt. Damit ist auch bereits das Default-Volumen des gesamten vergangenen Jahres überstiegen worden, wobei sich ein Drittel der Zahlungsausfälle auf Emittenten aus dem Immobiliensektor bezieht.
Evergrande erfüllte in den vergangenen zwei Monaten fällig gewordene Zinskuponzahlungen nur unter großen Schwierigkeiten sowie der Ausreizung sogenannter Nachreichfristen und konnte einen förmlichen Default somit verhindern. Indes gibt es eine Reihe von Adressen wie Fantasia Holdings und Modern Land, die Kupon- oder Tilgungszahlungen haben platzen lassen. Zuletzt ist der integrierte Wohn- und Gewerbeimmobilienentwickler Kaisa Group Holdings als nächster großer Wackelkandidat in den Fokus geraten.
Am Donnerstag teilte Kaisa mit, dass sie als alternative Finanzierungsquelle bei inländischen Retail-Investoren platzierte kurzfristige Investmentprodukte nicht ablösen kann und auf einen Rückzahlungsplan ausweichen muss. Das klare Indiz für zugespitzte Liquiditätsnöte nährt neue Ängste, dass Kaisa auch ihren Verpflichtungen gegenüber Bondgläubigern nicht mehr nachkommen können wird. Kaisa Group hat insofern bereits einen ramponierten Ruf bei Bondanlegern, als sie sich im Jahre 2015 als erster chinesischer Immobilienentwickler überhaupt einen Default auf Dollarbonds leistete und in einem Schuldenrestrukturierungsverfahren landete.
Auch Aktien unter Druck
Ein im Dezember auslaufender Kaisa-Dollarbond mit 6,5% Kuponzins brach am Donnerstag um 15 Cent auf nunmehr 47 Cent zum Dollar ein und weist nun erstmals einen mehr als hälftigen Wertverlust auf. Die Gesellschaft hat im Hongkonger Offshore-Markt begebene Dollaranleihen über ein Volumen von 14 Mrd. Dollar ausstehen und gehört neben Evergrande, bei der sich das Volumen auf gut 19,2 Mrd. Dollar summiert, zu den größten chinesischen Junkbond-Emittenten. Parallel zu den Kaisa-Anleihen befindet sich auch die an der Hongkonger Börse notierte Kaisa-Aktie im freien Fall. So rauschte die Notierung am Donnerstag um weitere 15% auf ein Allzeittief von 1,01 HK-Dollar ab. Damit hat die Kaisa-Aktie seit Anfang März gut 75% verloren.