Trotz Bitcoin-Anstieg

Hartnäckige Skepsis am Kryptomarkt

Trotz der Rückkehr von Bitcoin über die Marke von 20.000 Dollar betrachten Investoren den Kryptomarkt skeptisch. Insbesondere die Federal Reserve und die US-Börsenaufsicht SEC bremsen Cyberdevisen aus.

Hartnäckige Skepsis am Kryptomarkt

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Während Digital-Assets-Enthusiasten auf ein baldiges Ende des Kryptowinters hoffen, lässt die kontraktive Geldpolitik der Federal Reserve den Großteil der Marktteilnehmer weiterhin frösteln. Zwar hat die führende Digitalwährung Bitcoin nach der jüngsten Schwäche am Dienstagvormittag durchaus kräftige Gewinne gezeigt und ist über die Marke von 20.000 Dollar zurückgekehrt. Seit Jahresbeginn gerechnet liegt der Kurs zum Greenback aber noch immer nahezu 60% im Minus – bislang ist die Aussicht auf eine neue Welle der institutionellen Adoption für Digitalwährungen also nicht zum Kurstreiber geworden.

Diesbezügliche Hoffnungen hatte zuletzt unter anderem der weltgrößte Assetmanager Blackrock geweckt. Anfang August vermeldete der Vermögensverwalter eine Kooperation mit der Handelsplattform Coinbase und kündigte zudem an, einen Privatfonds für Bitcoin auflegen zu wollen. Zwar trieb dies den Aktienkurs der Kryptobörse zwischenzeitlich deutlich an, und auch Bitcoin näherte sich vorübergehend der Marke von 25000 Dollar. In der Folge sorgte aber die klare restriktive Kommunikation der Fed erneut für Ernüchterung. Die US-Währungshüter hoben den Leitzins in der vergangenen Woche um 75 Basispunkte in die Spanne von 3 bis 3,25% an – Kryptowährungen als spekulative Assets leiden besonders stark unter einer steigenden Risikoaversion und Liquiditätsverknappung an den Märkten.

Das zeigt sich auch am globalen Handelsvolumen an Kryptobörsen, das sich laut den Informationsdienstleistern The Block und Crypto Compare im September bislang auf 598,79 Mrd. Dollar beläuft – auch in den Vormonaten fiel es deutlich niedriger aus als zu den Hochzeiten der Digital-Assets-Rally im zweiten Halbjahr 2021. Im November des vergangenen Jahres, als die Euphorie um die Zulassung der ersten Futures-basierten Bitcoin-ETFs in den USA die führende Cyberdevise auf ein Rekordhoch von nahezu 69. 000 Dollar trieb, lag das Handelsvolumen noch bei über 1,4 Bill. Dollar.

Fester Dollar als Belastung

Auch bei Anlageprodukten auf Digitalwährungen entwickelte sich die Aktivität laut Daten des Vermögensverwalters Coinshares zuletzt gebremst. In der vergangenen Woche seien den Vehikeln lediglich 8,3 Mill. Dollar zugeflossen, was nach den Abflüssen der Vorwochen auf schwaches Investoreninteresse hindeute. Zudem fielen die Handelsvolumen auch hier niedrig aus: Mit 1 Mrd. Dollar hätten sie zuletzt um die Hälfte unter dem bisherigen Wochendurchschnitt im laufenden Jahr gelegen. Dass sich die Stimmung im Segment im laufenden Jahr noch signifikant aufhelle, sei unwahrscheinlich. Die falkenhafte Rhetorik der Fed und Faktoren wie die Bewertung und der Carry Trade sprächen für eine weitere Aufwertung des Dollar.

„Damit dürften die Aussichten auf einen Ausbruch des Bitcoin-Kurses nach oben weiter sinken“, kommentiert James Butterfill, Head of Research bei Coinshares. Schließlich sei das Angebot von Bitcoin fest, die Cyberdevise werde häufiger gegen den Greenback gehandelt als gegen jede andere Währung – dass sie eine stark negative Korrelation zum gegen sechs andere Industrieländer-Valuten gewichteten Dollar-Index aufweise, sei also nur logisch. Erst wenn sich die makroökonomischen Daten für die USA unerwartet stark verschlechterten, sei mit Rücksetzern des Greenback und Aufschwüngen bei Bitcoin zu rechnen.

Hinzu kommt laut dem Analysedienst Bloomberg Intelligence, dass sich Krypto-Plattformen und Emittenten digitaler Assets weiterhin mit einem harten Vorgehen durch die US-Börsenaufsicht SEC auseinandersetzen müssten. Die Behörde werde auch künftig kein umfassendes Regelwerk aufstellen, sondern gegen einzelne Anbieter klagen, um sie zur Registrierung ihrer digitalen Assets als Wertpapiere zu zwingen. Siege der SEC in Verfahren wie gegen den XRP-Emittenten Ripple Labs würden laut den Analysten die Position der Aufsicht stärken und Digital-Assets-Dienstleister zunehmend dazu bringen, den Registrierungsaufforderungen des Regulators zu folgen – wodurch ihnen zusätzliche Kosten und Belastungen entstünden.

Dezentrale Assets wie Bitcoin dürften nach Ansicht von Bloomberg Intelligence zwar mit weniger hoher Wahrscheinlichkeit als unregistrierte Wertpapiere eingestuft werden als andere Token. Allerdings hat sich hartes regulatorisches Vorgehen gegen einzelne Krypto-Anbieter in der Vergangenheit häufig negativ auf das gesamte Segment ausgewirkt.

Zugleich verursachen Vorschläge des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht Unruhe. Demnach müssten Banken für 100 in digitalen Assets gehaltene Dollar auch 100 Dollar an Kernkapital vorhalten. Regulatoren wie die Fed könnten sogar strikter vorgehen. Zwar merken die Analysten von Bloomberg Intelligence an, dass Verwahrdienstleistungen und Plattformen wie Coinbase nicht von den Vorschlägen betroffen seien, doch die Krypto-Nutzung der Banken selbst könne in der Folge eingeschränkt werden.

Bei Ether fallen die Verluste im laufenden Jahr noch größer aus als bei Bitcoin – dabei ruhten die Hoffnungen der Krypto-Enthusiasten zuletzt besonders auf der nach Marktkapitalisierung zweitgrößten Cyberdevise. Hintergrund war ein lange erwartetes, am 15. September vollzogenes Upgrade des Ethereum-Netzwerks, das unter dem Titel „The Merge“ lief. In dessen Zuge wurde der Konsensmechanismus der Blockchain vom energieintensiven Proof-of-Work-Verfahren auf die effizientere Proof-of-Stake-Variante umgestellt. Davon versprachen sich Investoren nicht nur ein stärkeres Interesse von Nachhaltigkeitsinvestoren an Ether, sondern auch eine höhere Transaktionskapazität und -geschwindigkeit auf Ethereum.

Furcht vor US-Börsenaufsicht

Sorgte die Aussicht auf das nahe Upgrade im Vorlauf für Kursgewinne bei Ether, liegt sie seit dem Umstellungstermin klar im Minus. Laut Andreas Wölfl, Gründer des Produktemittenten iMaps ETI, griff dabei die Börsenweisheit „Buy the Rumour, Sell the Fact“: Investoren hätten die positiven Effekte des „Merge“ im Vorfeld stark eingepreist, das tatsächliche Ereignis hätten einige Anleger dann für Gewinnmitnahmen genutzt. Andere Analysten verweisen indes auf die Unsicherheit darüber, wie hart die SEC künftig gegen Ethereum vorgehen könnte. Laut Beobachtern dürften Krypto-Investoren damit auch mittelfristig auf die Bremse treten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.