Marktausblick

Im Bann der Konjunktur

Die Sorgen vor einer Rezession dürften die Anleger auch in der neuen Börsenwoche umtreiben. Gerade an der Wall Street besteht angesichts noch immer hoher Bewertungen erhebliches Rückschlagspotenzial.

Im Bann der Konjunktur

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Zunehmende Konjunktursorgen dürften auch in der neuen Handelswoche zu einer erhöhten Volatilität an den Finanzmärkten führen. An den europäischen Handelsplätzen sorgt dabei weiterhin die Drosselung russischer Erdgaslieferungen für Nervosität. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief am Donnerstag die Alarmstufe des nationalen Gas-Notfallplans aus. Der Preis für Erdgas am niederländischen Handelspunkt TTF ist zum Ausgang der alten Woche zwar sogar gesunken, laut den Analysten von Bloomberg Intelligence steht er angesichts der Angebotssorgen aber vor einem weiteren volatilen Aufwärtstrend.

Sollte die Zufuhr aus Russland vollständig abreißen, wären die nationalen Gasspeicher Deutschlands laut der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wohl ab kommendem Februar aufgebraucht. „Daher müsste bereits einige Zeit vor diesem Datum mit einer Gasrationierung gerechnet werden, mit vermutlich fatalen Folgen für die deutsche Wirtschaft“, kommentieren die Analysten die Aussichten.

Die Furcht vor einer heftigen wirtschaftlichen Kontraktion hält auch die Wall Street im Bann, die weiterhin den übergeordneten Kurs für Europas Aktienmärkte vorgeben dürfte. Fed-Chef Jerome Powell hatte in der abgelaufenen Woche vor dem US-Senat eingeräumt, dass eine weiche Landung der Wirtschaft im Zuge der geldpolitischen Straffungen nur sehr schwierig erreichbar sei.

Prognosen gesenkt

Allerdings betonte der Notenbanker auch, dass die Federal Reserve die Zinsen so lange anheben werde, bis Beweise für eine Verlangsamung der Inflation in Richtung der Zielmarke von 2 % sichtbar würden. Vor dem Hintergrund der restriktiven Geldpolitik und des eingetrübten Konsumklimas hatte die LBBW ihre Prognosen für die US-Konjunktur zuletzt erneut heruntergeschraubt und geht für das kommende Jahr nun von einem Wirtschaftswachstum um lediglich 1% aus.

Die in der kommenden Woche zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturindikatoren wie der Index der Fed von Dallas für das verarbeitende Gewerbe oder der ISM-Einkaufsmanagerindex für die Industrie dürften bei den Börsianern also große Beachtung finden. Denn bei weiteren Enttäuschungen besteht noch erhebliches Rückschlagspotenzial für Aktien. Die Bewertungen im S&P 500 sind im Zuge der jüngsten Fed-Zinserhöhungen zwar bereits gesunken, nehmen sich im globalen Vergleich aber immer noch hoch aus.

Sorgen macht laut der LBBW indes die noch immer hohe Kapitalisierung des S&P 500 im Vergleich zum Volumen der US-Wirtschaft. So habe sich der Börsenwert des marktbreiten Index zeitweise auf 167% des BIP belaufen, mittlerweile liege der Wert immer noch auf 130%. Damit falle er höher aus als zu Hochzeiten der Dotcom-Blase, als er 125% erreicht hatte.

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