Insight hält Frankreich und Japan für anfällig
Von Kai Johannsen, Frankfurt
Die Kapitalmarktspezialisten des Assetmanagers Insight Investment beschreiben in einer Analyse zum Niedrigzinsumfeld, dass die Zentralbanken die Anleihekaufprogramme verwenden, um die Erträge auf einem historisch niedrigen Niveau zu halten, und zwar für eine erhebliche Zeit. Sie werfen die Frage auf, was passieren könnte, wenn die Marktteilnehmer in ihrer Einschätzung falsch liegen und die Zinsen steigen. Sie analysieren die Auswirkungen eines plötzlichen Anstiegs der Zinsen für bestimmte Länder. Sie zeigen auf, wer in diesem Umfeld besonders anfällig für solche Anstiege sein könnte.
Frankreich und Japan gelten in diesem Zusammenhang für Insight Investment als am stärksten gefährdet, aber es gibt laut dem Assetmanager große Unterschiede zwischen den beiden Staaten.
In Japan sei die Verschuldung der Nichtfinanzunternehmen auch nach Jahrzehnten des Schuldenabbaus hoch. Die außergewöhnliche Zentralbankpolitik sei wahrscheinlich dauerhaft geworden. In Frankreich würde selbst ein Zinsschock von 100 Basispunkten wahrscheinlich eine deutliche Reduzierung der Unternehmenswerte bedeuten. Kanada und Frankreich gelten für Insight Investment als am stärksten gefährdet, würden aber von sehr unterschiedlichen Ausgangspunkten aus starten.
Risiko Zinsschock
Eine hohe Schuldenlast der privaten Haushalte in Kanada und eine hohe Sensibilität der französischen Verbraucher gegenüber Zinsänderungen bedeuteten, dass beide von einem Zinsschock von 200 Basispunkten stark betroffen wären. US-Verbraucherschulden könnten sich als widerstandsfähiger erweisen, insbesondere Hypothekenschulden nach dem Schuldenabbau während der Pandemie.
Die beiden Länder Italien und Spanien gelten für Insight Investment als am anfälligsten, da beide einen historischen Schuldenüberhang von früheren Krisen hätten. „Es ist unklar, wie eines der beiden Länder seine Verwundbarkeit allein sinnvoll reduzieren kann“, so die Einschätzung der Experten. Obwohl die US-Staatsverschuldung vorerst tragbar erscheine, sei dieser Umstand doch stark abhängig davon, inwieweit die Emissionen von Anleihen dann auch von der US-Notenbank aufgenommen würden.
Mehrere Länder verwundbar
Obwohl eine Reihe von Ländern der Eurozone in der Analyse als verwundbar eingestuft wird, könnten laut Insight Investment gemeinsame Anleihen der Eurozone als Reaktion auf die Pandemie als ein Schritt in Richtung Fiskalunion und als eine langfristige Lösung angesehen werden. Dies könnte es der Europäischen Zentralbank (EZB) auch ermöglichen, ein ähnliches Maß an Unterstützung zu gewähren wie die US-Notenbank.
Da Frankreich und Kanada in mehreren Segmenten am höchsten verschuldet seien, haben die Experten von Insight Investment hier ihre größten Sorgen hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit der betreffenden Länder.