Märkte am Abend

KI-Start-up stürzt Aktienmärkte in Turbulenzen

Am Montag hat es ein unschönes Erwachen für die rekordverwöhnten Aktienmärkte gegeben. Ein chinesisches Start-up weckt erhebliche Zweifel an den hohen Bewertungen der Big-Tech-Unternehmen.

KI-Start-up stürzt Aktienmärkte in Turbulenzen

Finanzmärkte

Start-up stürzt Aktienmärkte in Turbulenzen

DeepSeek beschert Tech-Größen deutliche Abschläge – Bitcoin gibt nach

tom Frankfurt

Ein kleines KI-Start-up aus China hat Aktionären am Montag den Magen verdorben. Zum Auftakt der Handelswoche war nichts mehr zu sehen von den immer neuen Rekorden der letzten Woche, die dem Dax ein sattes Plus von über 7% seit Jahresbeginn beschert hatten. Am Montag nun ging es abwärts an den Aktienmärkten. Der deutsche Leitindex verlor zeitweise gut 1,4%. Bis zum Abend konnte das Börsenbarometer die Verluste dann allerdings wieder eingrenzen und ging bei 21.282 Zählern aus dem Handel (-0,5%). Auch der Euro Stoxx 50 musste Federn lassen.

Es war die Angst vor einem Crash im Technologiesektor, die die Börsen in Europa auf Talfahrt schickte. Auslöser für den Kursrutsch war ein kleines chinesisches Unternehmen, dessen Name bisher wohl nur den wenigsten Experten bekannt war: DeepSeek. Der erst am 10. Januar eingeführte KI-Assistent des Unternehmens überholte am Montag bereits den Rivalen ChatGPT als die am besten bewertete kostenlose Software-Anwendung in Apples App Store in den USA. Da das neue chinesische Open-Source-KI-Modell R1 in seiner Entwicklung deutlich günstiger ist als ChatGPT und dafür zudem Chips mit geringerer Leistung nutzen soll, sorgte dies für drastische Abverkäufe bei den Big-Tech-Unternehmen, die bisher am stärksten von dem Hype rund um das Thema KI profitiert haben.

Hohe Bewertungen wanken

„Die Börsen haben eine neue Sorge. Und diese neue Sorge trägt den Namen DeepSeek“, kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. „Die Anleger hatten das Konzept einer chinesischen Billigversion nicht unbedingt auf dem Schirm. Deswegen zeigen sie sich jetzt etwas überrascht“, sagte Fiona Cincotta, Analystin beim Broker City Index. „Denn wenn es plötzlich ein billiges KI-Modell gibt, stellt das die Gewinne der Konkurrenten in Frage - vor allem wenn man bedenkt, wie viel sie bereits in eine teurere KI-Infrastruktur investiert haben.“

„Plötzlich könnten all die hohen Bewertungen so gar nicht mehr gerechtfertigt sein und plötzlich interessiert sich an der Börse auch keiner mehr für die großen Versprechungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, weitere 500 Mrd. Dollar in den KI-Hype zu investieren“, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus RoboMarkets. „Dabei war es doch genau diese Fantasie, dass Nvidia mit ihren Hochleistungschips die Preise auf dem Weltmarkt noch eine ganze Zeit lang wird bestimmen können, die den Kurs der Aktie in der Spitze auf über 150 Dollar getrieben hat“, so Molnar.

Siemens Energy verlieren drastisch

Aus den Depots der Anleger flogen dann am Montag auch hauptsächlich Aktien, die 2024 im Kielwasser von Nvidia und den anderen großen US-Technologiewerten stark angestiegen waren. Am Dax-Ende büßten die Anteilsscheine von Vorjahresprimus Siemens Energy ihre deutlichen Kursgewinne der vergangenen Tage vollständig ein und sackten um ein Fünftel ab. Der Energietechnikkonzern hatte zuletzt noch klar von der Fantasie rund um den globalen Ausbau von Rechenzentren für KI-Anwendungen profitiert, da er mit seinen Geschäften in den Bereichen Netztechnik und Stromübertragung und -verteilung als gut aufgestellt gilt. Auch die Papiere von Siemens mussten Abschläge hinnehmen.

Daneben sackten vor allem Aktien aus der Chipbranche ab: Im Dax verloren Infineon über 2%. Im MDax zählten die Papiere von Aixtron, Jenoptik und Siltronic zu den größten Verlierern. Im SDax fielen die Titel von Suss Microtec am Indexende deutlich über 8%.

Bitcoin gibt nach

Ein Lichtblick waren am Montag die Papiere von Stabilus, die nach Eckzahlen zum ersten Geschäftsquartal zwischenzeitlich knapp 5% zulegen konnten.

Schwächer notierte dagegen der Bitcoin. Anleger zeigten sich enttäuscht über die ersten Schritte des neuen US-Präsidenten im Bereich der Kryptowährungen. Die umsatzstärkste Cyber-Devise gab knapp 6% nach und war mit 99.038 Dollar so günstig wie seit zwei Wochen nicht mehr.

Auch andere Kryptowährungen wie Ether und Ripple verloren zwischen 8 und 9%. Donald Trump unterzeichnete vergangene Woche ein Dekret zur Schaffung einer Arbeitsgruppe für Kryptowährungen. Laut Timo Emden vom Analysehaus Emden Research ist der Schritt aus Sicht der Investoren nicht konkret genug. „Geprüft werden sollen etwa lediglich die Vorteile einer möglichen Krypto-Reserve“, sagte der Experte.