Devisenmarkt

Lira bricht dramatisch ein

Die türkische Lira ist am Dienstag abermals auf Rekordtiefstände eingebrochen. Der Kurs des Greenback stieg im Gegenzug im Tagesverlauf in der Spitze auf 13,49 Lira pro Dollar.

Lira bricht dramatisch ein

wbr Frankfurt

Die türkische Lira ist am Dienstag nach Aussagen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eingebrochen. Sie sank zum Dollar und zum Euro abermals auf Rekordtiefstände. Der Kurs des Greenback stieg im Gegenzug im Tagesverlauf in der Spitze auf 13,49 Lira pro Dollar, das entspricht für die türkische Valuta einem Verlust von 18%. Am Abend erholte sich die Währung etwas und dämmte das Minus auf 12% ein. Die Lira hat in diesem Jahr bereits 72% ihres Wertes verloren.

Zum Kurseinbruch war es gekommen, nachdem Erdogan die jüngsten Zinssenkungen der Notenbank verteidigt hatte. Die türkische Zentralbank hatte am vergangenen Donnerstag ihren Leitzins um 100 Basispunkte auf 15% gesenkt, während die Inflationsrate des Landes zuletzt auf 19,9% geklettert war. Seit September hat die Notenbank die Zinssätze um insgesamt 400 Basispunkte gesenkt, was Analysten angesichts der stark negativen Realzinsen und der Tatsache, dass praktisch alle anderen Zentralbanken mit einer Straffung begonnen haben oder diese vorbereiten, als gefährlichen politischen Fehler bezeichnen. Der ehemalige stellvertretende Gouverneur der Zentralbank Semih Tumen sagte: „Dieses irrationale Experiment, das keine Aussicht auf Erfolg hat, muss sofort aufgegeben werden, und wir müssen zu einer Qualitätspolitik zurückkehren, die den Wert der türkischen Lira und den Wohlstand des türkischen Volkes schützt.“

Erdogan spricht von einem „wirtschaftlichen Unabhängigkeitskrieg“, den er trotz Aufforderungen zur Kursänderung durch Fachleute weiter führt. Erdogan forderte am Dienstag erneut eine „wettbewerbsfähige“ Lira. Durch einen noch schwächeren Wechselkurs sollen Investitionen und Arbeitsplätze gefördert werden. Unterstützung erhielt Erdogan von dem nationalistischen MHP-Vorsitzenden Devlet Bahceli, der sagte: „Die Türkei muss sich vom Buckel der Zinssätze befreien.“ Am Markt wird dagegen über eine „Notfallzinserhöhung“ der Notenbank spekuliert, den Leitzins bis März 2022 wieder auf 19% anzuheben.

Derweil stieg die Rendite der 10-jährigen türkischen Staatsanleihe am Dienstag im Tagesverlauf auf mehr als 21%. Die Rendite hat damit annähend das Allzeithoch erreicht, das sie während der türkischen Währungskrise im August 2018 markiert hatte. Damals lag der Kurs der Währung allerdings bei 6,52 Lira pro Dollar und damit 50% unter dem aktuellen Niveau.

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