Merger Arbitrage bietet gute Perspektiven
Im Umfeld hoher Unsicherheit an den Finanzmärkten und bevorstehender Rezession sind alternative Aktienstrategien ein wichtiger Portfoliobaustein für institutionelle Anleger. Besonders im Fokus steht Merger Arbitrage, denn diese älteste alternative Anlagestrategie bietet Investoren Renditen auf High-Yield-Niveau, aber mit ganz anderen Risiken. Zudem stabilisiert sie Portfolios und reduziert wegen kurzer Kapitalbindungsdauer die Abhängigkeit von der Zinsentwicklung. Nachdem die Strategie bereits im Krisenjahr 2022 mit Stabilität geglänzt hat (IQ Merger Arbitrage Index: −0,74%), sind die Aussichten angesichts zweistelliger Arbitrage-Renditen (Spreads) sehr positiv – der Zinswende sei dank.
Saftig verzinst
Besonders erfreulich ist, dass die durch Merger-Arbitrage-Allokationen erlangte Diversifikation aktuell wieder saftig verzinst wird: Lagen die US-Arbitrage-Renditen vor der Corona-Pandemie im Durchschnitt bei 5,0% bei einem risikofreien Zins (1M Libor) von circa 1,7%, so liegen sie nun bei 13,0% bei einem risikofreien Zins von rund 4,4%. Die Netto-Risikoprämie hat sich folglich von rund 3,3% auf 8,6% mehr als verdoppelt. Hierfür gibt es gute Gründe:
Erstens betreiben nach wie vor nur wenige Spezialisten Merger Arbitrage. Viele Generalisten haben sich in der Vergangenheit die Finger verbrannt, insbesondere bei M&A-Deals, die mit aufsichtsrechtlichen Risiken behaftet sind. Dass Deals an derartigen Hürden scheitern, ist jedoch nicht neu. Ungewöhnlich hoch bleibt aber die vom Markt implizierte Ausfallquote, die – abgeleitet aus den Spreads – derzeit rund dreimal so hoch ist wie die historische Ausfallquote von rund 6%. Der Grund ist zu Teilen sicherlich die Politik der US-Regierung, welche unter Joe Biden vor zwei Jahren signalisiert hat, dass sie künftig eine härtere Haltung bei der Wettbewerbssicherung einnehmen will – eine Ankündigung, auf die jedoch bisher kaum Taten gefolgt sind. Während die Skepsis im Markt also hartnäckig anhält, sehen wir für 2023 deutlich mehr Chancen als Risiken. Dennoch: Eine gewisse Rest-Angst bleibt im Markt und diese führt zu den ungewöhnlich weiten, zweistelligen Spreads.
Zweitens gibt es im Anlagesegment Merger Arbitrage seit dem Coronavirus-Ausbruch ein strukturelles Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage. Gerade das zyklische Aufkommen von Spacs als neue Subanlageklasse mit heute noch immer mehr als 100 Mrd. Dollar Volumen bindet weiter eine große Menge an Event-Driven-Kapital. Viele Anlagemöglichkeiten für begrenztes Kapital lassen die Spreads strukturell steigen – und genau das konnte seit dem Comeback der Spacs Anfang 2020 beobachtet werden. Alles in allem können Merger-Arbitrageure heute wieder höhere Renditen erzielen als in der jüngsten Vergangenheit, aber mit einem vergleichbaren Risiko. Während sich die genannten wettbewerbsbedingten Ängste vor allem auf US-Spreads auswirken, ist die Kapitalknappheit auch in Europa zu spüren.
Quasi unabhängig
Abgesehen von den attraktiven Spread-Niveaus hat Merger Arbitrage weitere vorteilhafte Eigenschaften, die für eine Investition im Jahr 2023 sprechen: Die Strategie ist anders als Anleihen quasi zinsunabhängig, da die Auszahlungsstruktur von Merger-Arbitrage-Positionen der von kurz laufenden Zero-Bonds mit im Durchschnitt 3- bis 6-monatiger Restlaufzeit gleicht. Global gesehen sollte der Wachstumstrend der Anlageklasse auch 2023 ungebrochen bleiben und mit über 100 Mrd. Dollar investiertem Vermögen ist Merger Arbitrage längst keine Nische mehr. Die Voraussetzung für Wachstum der Arbitrage-Zunft ist eine ausreichende Zahl investierbarer M&A-Transaktionen. Hier sind wir zuversichtlich und sehen für 2023 nach den Rekord-M&A-Jahren eine Normalisierung und keinen Einbruch.
Unterschiedliche Deals
Es muss aber sicherlich zwischen Deals mit Strategen und solchen mit Finanzinvestoren als Käufer unterschieden werden: Für strategische Käufer wird Konsolidierung weiterhin das Mittel der Wahl sein, um die Geschäftsbasis zu verbreitern, den Unternehmenswert in Zeiten geringen Wachstums zu steigern und auf absehbare Strukturbrüche zu reagieren.
Schwieriger ist die Lage an der Private-Equity-Front: Zwar haben gerade die großen Finanzinvestoren eigentlich keine andere Wahl, als sich angesichts ihrer Multi-Milliarden-Ticketgrößen verstärkt börsennotierten Unternehmen zuzuwenden. Jedoch sind die Banken restriktiver bei der Großkreditvergabe geworden, was einen größeren Eigenkapitaleinsatz der Finanzinvestoren zur Folge hat und aufgrund des dadurch fehlenden Hebels die Eigenkapitalrendite schmälert. Gerade für Mega-Private-Equity-Deals ist daher zumindest zum Jahresbeginn 2023 wohl erstmal eine Pause angesagt.
Die Perspektiven für Merger Arbitrage sind also auch im Jahr 2023 sehr gut, im Vergleich mit vielen anderen Anlagesegmenten sogar exzellent. Das Sahnehäubchen dabei: Im Vergleich zu manchen Konsensus-Lieblingen für 2023 ist genau dies noch nicht eingepreist und das Risikoprofil ist ganz anders.