Japan tauscht Regierungschef aus

Neuer Premierminister schockt Japans Börse

Die unerwartete Wahl des "konservativen Liberalen" Shigeru Ishiba löst Sorgen über höhere Körperschafts- und Kapitalertragssteuersätze aus.

Neuer Premierminister schockt Japans Börse

Neuer Premierminister schockt Japans Börse

Sorgen wegen möglicher Leitzins- und Steuererhöhungen

mf Tokio

Die überraschende Wahl von Shigeru Ishiba zum neuen Chef der Regierungspartei LDP und damit auch zu Japans Premierminister hat viele Investoren in Japan auf dem falschen Fuß erwischt. Der Nikkei 225 brach am Montag, dem ersten Handelstag nach der LDP-internen Entscheidung, um 4,8% ein, der breit gefasste Topix verlor 3,5%. Parallel wertete der Yen um weitere 1% gegenüber dem Dollar und Euro auf.

Nachbörsliche Reaktion

Der Markt hatte auf sich auf einen Sieg von Sanae Takaichi eingestellt, die die expansive Abenomics-Wirtschaftspolitik fortsetzen wollte und sich gegen weitere Zinserhöhungen ausgesprochen hatte. Daher zogen die Aktienindizes bis zum Handelsschluss am Freitag kräftig an, während der Yen nachgab. Nach der Niederlage von Takaichi gegen Ishiba drehten Nikkei und Topix nachbörslich scharf ins Minus, die japanische Währung zeigte frische Stärke. Prompt kursierte auf der Plattform X der Hashtag „Ishiba-Schock“.

Laut seinen bisherigen Aussagen unterstützt Ishiba die Normalisierung der japanischen Geldpolitik. Von politischer Seite gibt es also keinen Widerstand gegen den Kurs von Notenbankchef Kazuo Ueda, die Zinsen im Einklang mit Löhnen und Preisen weiter anzuheben. Der designierte Premier, die Wahl ist am Dienstag, sprach sich auch für eine Konsolidierung des Haushaltes aus und deutete die Notwendigkeit von Steuererhöhungen an.

Banken hui, Autobauer pfui

„Am Markt scheint sich eine gewisse Vorsicht breit gemacht zu haben, insbesondere wegen seiner Absicht, Finanzerträge zu besteuern und Spielraum für eine Erhöhung der Körperschaftssteuer zu schaffen“, meinte Nozomi Moriya von UBS Securities in Japan.

Entsprechend mussten Immobilienaktien, die unter höheren Zinsen leiden würden, Rückschläge hinnehmen. Schwergewicht Mitsubishi Estate sackten um 8,8 % ab. Auch die Papiere der Autohersteller verloren kräftig an Wert. Ein stärkerer Yen drückt ihre Gewinne. Toyota stürzten um 7,6%. Dagegen waren Bankaktien als Nutznießer höherer Zinsen gefragt. Die Anteile von Resona Holdings, eine der großen Bankengruppen, zogen um 5,9% an.

Schwache Machtbasis in Partei

Zwar schwächte Ishiba im Wahlkampf für den LDP-Spitzenposten seine geld- und fiskalpolitischen Einstellungen ab, aber er scheint an einer Rückkehr zu mehr Haushaltsdisziplin festzuhalten. Auch zeigte er seine Skepsis, die Gas- und Stromsubventionen über Oktober hinaus zu verlängern. Außerdem befürwortete er eine Erhöhung des Mindestlohns, um den Privatkonsum anzukurbeln. Aber dieser Schritt würde auch viele kleine und mittlere Betriebe mit höheren Personalkosten belasten.

Allerdings könnte sich der Aktienmarkt schon bald vom Ishiba-Schock erholen. Dem neuen Premier fehlt die Unterstützung einer großen Gruppe konservativer Abgeordneter. „Es wird für ihn schwierig sein, Maßnahmen umzusetzen, die erheblich von der aktuellen LDP-Politik abweichen“, schrieben Ökonomen von Goldman Sachs Japan.

Nachtragshaushalt wahrscheinlich

Seine künftige Politik hängt auch vom Ausgang der Parlamentswahl ab, die Ishiba auf den 27. Oktober ansetzen will. Ohne ein starkes Mandat von den Wählern ist die Wahrscheinlichkeit noch geringer, dass er eine restriktive Fiskalpolitik durchsetzen kann. Vielmehr dürfte es zunächst eher einen Nachtragshaushalt geben, etwa zugunsten ländlicher Regionen, neben der Verteidigung das zweite Lieblingsprojekt von Ishiba.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.