Growth-Aktien

Schwierige Zeiten für Tech-Riesen

Viele Growth-Werte stehen im laufenden Jahr unter Druck. Steigende Zinsen und eingetrübte Ausblicke von Tech-Unternehmen steigern die Nervosität der Investoren.

Schwierige Zeiten für Tech-Riesen

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Growth-Investoren erleben bisher ein hartes Jahr. Denn während die restriktivere Geldpolitik und steigende Zinsen ohnehin schon ein schwieriges Umfeld für Technologieaktien bereitet haben, sorgt ein Strom negativer Unternehmensnachrichten für zusätzlichen Druck. Der Nasdaq 100 hat im laufenden Jahr bisher um 22% nachgegeben, während die führenden Titel der Branche weit von ihren zwischen Sommer 2021 und Anfang 2022 erreichten Allzeithochs entfernt sind. Apple haben seit ihrem am 4. Januar erreichten Rekordstand beispielsweise 22% an Wert eingebüßt, Meta liegen gegenüber ihrer im vergangenen September aufgestellten Bestmarke gar 50% im Minus.

Nach der Rally der Vorjahre stand eine gewisse Korrektur laut DNB Asset Management durchaus zu erwarten. Schließlich hätten die Stützungsmaßnahmen der Notenbanken im Zuge der Coronakrise und der wachsende Anteil von Retail-Investoren am Markt die Divergenz zwischen Value-Titeln und Growth-Aktien verstärkt, einige Wachstumswerte hätten in der Folge „völlig unrealistische“ Kursniveaus erreicht. „Was aber viele Anleger überrascht hat, ist das Ausmaß der Korrektur“, betont Sverre Bergland, Portfoliomanager des DNB Fund Technology.

Dabei habe auch die Wiederöffnung nach den Corona-Lockdowns eine Rolle gespielt. Schließlich hätten viele Konsumenten während der Pandemie Telefone, Computer und Fernseher gekauft. „Wenn die Menschen jetzt wieder beginnen, ein normaleres Leben zu führen – das bedeutet mehr Geld für Restaurantbesuche und Unterhaltung auszugeben –, wird auf der anderen Seite weniger Geld für Elektronik übrig bleiben“, führt Bergland aus.

Halbleiter untergewichtet

Deshalb habe der DNB-Technologiefonds die Bereiche Hardware und Halbleiter untergewichtet. Gerade Nvidia sorgte zuletzt für Aufregung: Der Konzern vermeldete für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres zwar einen Rekordumsatz, enttäuschte aber mit seinem Ausblick. Lieferkettenprobleme und ein Rückgang der Nachfrage nach Grafikchips, die in Spielkonsolen und Computern verwendet würden, belasteten das Geschäft.

Die US-Großbank J.P. Morgan kürzte das Kursziel für die Aktie in der Folge von 350 auf 285 Dollar. Gegenüber den aktuellen Niveaus besäße der Titel damit aber noch ein Aufwärtspotenzial von mehr als 50%, dementsprechend votiert J.P. Morgan weiterhin auf „Übergewichten“. Auch das Analysehaus Bernstein Research sieht durch den Ukraine-Krieg und die Corona-Situation in China eher kurzfristige Belastungen und setzt Nvidia mit einem Kursziel von 225 Dollar auf „Outperform“.

Die langfristig positiven Einstufungen der Investmentspezialisten stützen die Aktie nach einer zunächst deutlich negativen Kursreaktion auf den angepassten Ausblick. Allerdings halten sich unter Anlegern Sorgen um ein nachlassendes Kundeninteresse im Hardware-Bereich. So fallen die iPhone-Produktionsaufträge von Apple für das laufende Jahr angeblich äußerst konservativ aus. Der hinter Apple und Samsung drittgrößte Smartphone-Hersteller Xiaomi hatte für das erste Quartal zuletzt bereits einen Umsatzrückgang vermeldet. Analysten verweisen auf steigende Preise als Hemmnis für die Nachfrage. Auch bei Apple sieht DNB Asset Management Risiken durch die Sättigung des Smartphone-Marktes.

Microsoft mit Potenzial

Chancen bestünden eher im Softwarebereich, beispielsweise bei Werten wie Oracle und Microsoft. Der Windows-Konzern sei bei fast allen IT-Trends sehr gut positioniert und besitze ein Wachstumspotenzial von 16 bis 20% pro Jahr. Dieses falle deutlich höher aus als bei Apple, obwohl die Aktien beider Konzerne ähnlich bewertet seien. Insbesondere im Cloud Computing werde voraussichtlich noch viel Schwung entstehen, im vergangenen Quartal sei Microsoft in diesem Segment um fast 50% gewachsen. „Der Markt ist bereits sehr groß, trotzdem könnten wir uns noch in einem frühen Zyklus befinden“, unterstreicht Bergland. „Auch Amazon und Google sind hier gut aufgestellt, so dass dieser Markt über einen längeren Zeitraum in hohem Tempo wachsen sollte.“ Amazon habe bisher zudem immer mit einer starken Rentabilität gepunktet.

Dagegen haben sich infolge der steigenden Zinsen insbesondere bei Social-Media-Werten die Profitabilitätsaussichten eingetrübt. Zuletzt hatte Snap mit einem korrigierten Ausblick für das zweite Geschäftsquartal die Anleger schockiert, die Aktie des Messenger-Dienstes gab am vergangenen Dienstag binnen einer Börsensitzung um 43% nach.

Die Investmentbank Jefferies wertete die heruntergeschraubte Prognose als Indiz für allgemein schlechtere Aussichten in Bezug auf das Werbegeschäft. Dies könnte auch für Meta trotz einer deutlich gesunkenen Bewertung laut Analysten noch zur Belastung werden – auch für andere stark werbeabhängige Konzerne wie die Google-Mutter Alphabet oder Twitter sei der Ausblick daher unklar. Bei dem Kurznachrichtendienst sorgt zudem die Kontroverse um die angestrebte Übernahme durch Tech-Milliardär Elon Musk für eine erhöhte Volatilität. Für einige der Growth-Gewinner der vergangenen Jahre könnten sich die harten Börsenzeiten also noch fortsetzen.

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