Source for Alpha setzt auf Value-Aktien
Von Alex Wehnert, Frankfurt
Value-Aktien stellen nach Ansicht des unabhängigen Vermögensverwalters Source for Alpha im aktuellen Umfeld ein attraktives Investment dar. „Die Argumente für zinssensitive Wachstumsaktien haben sich angesichts der restriktiveren Geldpolitik der Federal Reserve und nun auch der Europäischen Zentralbank deutlich abgeschwächt“, sagt Christian Funke, Gründer und Vorstand des Fondshauses, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Die Inflation sei stark gestiegen und werde wohl auch in den kommenden Quartalen hoch bleiben, so dass mit weiteren Straffungen durch die Notenbanken zu rechnen sei. Dass die Zentralbanken infolge konjunktureller Schwächen wieder zu einem lockereren Kurs gezwungen sein könnten, sei noch längst nicht ausgemacht. Angesichts anziehender Kapitalmarktzinsen seien nun mehr Anleger auf der Suche nach mittelfristig stabileren Werten und dürften im großen Stil Mittel in niedrig bewertete Titel mit robusten Fundamentaldaten umschichten.
„Für uns ist die wichtigste Nachricht, dass sich das Konzentrationsrisiko im Markt inzwischen schon wieder reduziert hat“, betont Funke. Technologie- und Wachstumsaktien hätten sich lange stark entwickelt, in der Konsequenz sei der Anteil der fünf größten Werte an der Gesamtmarktkapitalisierung des S&P 500 zwischenzeitlich auf fast 24% gestiegen. „In früheren Zeiten machten die Top 5 dagegen 10 bis 15% aus – ein derartig hohes Niveau konnte also nicht von Dauer sein“, sagt der Source-for-Alpha-Fondsmanager.
Unter Investoren setze sich nun wieder verstärkt die Ansicht durch, dass eine möglichst breite Streuung des Portfolios langfristig deutlich aussichtsreicher sei als der Fokus auf nur wenige Aktien. „Das beinhaltet nun einmal auch Titel, die vielleicht nicht so sexy sind, dafür aber eine niedrigere Bewertung und damit auch ein niedrigeres Risiko aufweisen“, führt Funke aus.
Bewertungen im Blick
Aktien seien für Source for Alpha grundsätzlich dann interessant, wenn sie nicht mehr zu der Hälfte der am höchsten bewerteten Titel im S&P 500 gehörten. Von Werten, die gerade erst aus der teureren Hälfte herausgefallen seien und in einer „Turnaround“-Situation steckten, sollten Anleger laut dem Fondsmanager aber zunächst Abstand nehmen. „Derzeit eignen sich insbesondere nichtzyklische Konsumgüter zur defensiven Positionierung, daneben auch Healthcare-Titel und Aktien breit aufgestellter Finanzdienstleister“, führt Funke aus. „Wir setzen in unserem US-Fonds beispielsweise eher auf diversifizierte Großbanken als auf spezialisierte Investmentbanken.“
Gegenüber europäischen Finanzdienstleistern besäßen die US-Pendants den Vorteil eines größeren Heimatmarkts und einer geringeren Konjunktursensitivität. „Zudem stellt das Russland-Geschäft für die europäischen Branchenvertreter weiterhin ein größeres Risiko dar, auch wenn viele von ihnen schnell reagiert und bedeutende Aktivitäten aus Moskau abgezogen haben“, sagt Funke. „Die geografische Nähe zu Russland und die Bedeutung des dortigen Marktes für das Geschäft bleibt für Europas Banken weiterhin größer als für amerikanische Geldhäuser.“ Unter den europäischen Finanzwerten seien vor allem Rückversicherer aufgrund ihrer defensiven Qualitäten interessant.
Ein größerer Risikofaktor für US-Finanztitel könnten unterdessen die aggressiveren Aktivitäten im Geschäft mit fremdfinanzierten Übernahmen, den sogenannten Leveraged Buy-outs (LBO), sein. „Gerade 2020 haben Private-Equity-Gesellschaften viele Kredite zur Finanzierung von LBOs beansprucht, wobei die Bewertungen der betreffenden Unternehmen teils extrem ausfielen“, sagt Funke. „Wenn nun Refinanzierungen anstehen, kann das Probleme mit sich bringen, weil die Zinsen in der Zwischenzeit deutlich gestiegen sind.“ Der Markt habe dieses Risiko aber durchaus realisiert und in den vergangenen Monaten damit begonnen, es einzupreisen.
Abwärtsrevisionen erwartet
Indes sei auch bei Unternehmen aus anderen Branchen noch mit einigen Abwärtsrevisionen der Gewinnschätzungen zu rechnen, die sich entsprechend auf die Bewertungen auswirken würden. „Grundsätzlich nimmt der Großteil der Bankanalysten die Prognosen eher spät zurück – also dann, wenn die Aktienkurse bereits zurückgehen“, unterstreicht Funke. „Es ist aus unserer Sicht auf jeden Fall zu erwarten, dass die Inflation und steigende Kosten anhaltend auf den Gewinnen lasten.“
Dies werde sich folgerichtig auch auf die Ausschüttungen auswirken. „Der Markt hat eine Rekorddividendensaison hinter sich – es wäre schon sehr überraschend, wenn dies nächstes Jahr noch einmal übertroffen würde“, sagt Funke. Nachdem 2020 viele Ausschüttungen ausgefallen seien – teilweise auch erzwungenermaßen – sei in den vergangenen Jahren umso mehr Geld an die Aktionäre geflossen. Ein Rückgang im aktuell schwierigen Umfeld sei daher nur logisch.
Dividende untergeordnet
„Die Dividende spielt für uns aber vor allem in Spezialsituationen eine hervorgehobene Rolle – zum Beispiel, wenn wir eine Strategie für eine Stiftung entwickeln“, sagt Funke. „In unseren Publikumsfonds ist die Bedeutung der Ausschüttungen aber untergeordnet, dort zählt vor allem der Total Shareholder Return, der ja auch Aktienrückkaufe als alternative Form der Ausschüttung beinhaltet.“ Wer den Fokus rein auf hohe Dividenden lege, stoße häufig auf das Problem, dass hinter den betreffenden Unternehmen wenig Fantasie bezüglich einer zukünftigen Aktienmarktperformance stecke. Zudem gebe es zahlreiche Gesellschaften, die ihre Dividenden aus der Kapitalrücklage zahlten und dadurch weniger Mittel für wichtige Investitionen zur Verfügung hätten. „Das stellt dann den Gegenentwurf zu unprofitablen Growth-Unternehmen dar“, betont Funke.