Andreas Fruschki, Allianz GI

„Themen bieten hohes Wachstums­potenzial“

Andreas Fruschki ist von den Vorzügen thematischen Investierens überzeugt. Laut dem Fondsmanager von Allianz GI bieten Themen Investoren hohes Wachstumspotenzial.

„Themen bieten hohes Wachstums­potenzial“

Christopher Kalbhenn.

Herr Fruschki, thematisches Investieren ist derzeit bei den Anlegern stark gefragt. Welche Ursachen hat das?

Thematisches Investieren ist nicht ganz neu. Es handelt sich dabei um nichts anderes als eine Form der Segmentierung des Marktes. Traditionell wird der Aktienmarkt nach Ländern und Größe der Unternehmen eingeteilt beziehungsweise nach Sektoren, welche Unternehmen nach Tätigkeiten eingruppieren. Der Nachteil derartiger Einteilungen ist, dass diese nicht so zielgenau sind wie die beim thematischen Investieren. So wird etwa das Thema künstliche Intelligenz nicht hinreichend durch den Sektor Technologie erfasst, und andere Themen wie erneuerbare Energien, sauberes Wasser oder nachhaltige Landwirtschaft können gar nicht mittels nur eines Sektors dargestellt werden. Und das Investieren in neu entstehende Themen funktioniert ebenfalls nicht mit traditionellen Einteilungen. Gleichzeitig erwarten Kunden heute, dass ihre Investmentmeinungen ohne Abstriche und Filter umgesetzt werden, also möglichst granular und effektiv. Ein themengetriebenes Vorgehen wird diesem Anspruch stärker ge­recht, da Unternehmen hierbei frei von Zwängen ausgewählt und ausschließlich relevante Geschäftsmodelle berücksichtigt werden können – unabhängig davon, ob ein Wert beispielsweise klein oder groß, europäisch oder asiatisch ist. Ein weiterer Grund des gestiegenen Zuspruchs ist, dass einige Themen zuletzt deutlich schneller an Relevanz im Alltag gewonnen haben, wie etwa Nachhaltigkeit oder Digitalisierung.

Viele verfolgen das Ziel, mit großen Megatrends ansprechende Erträge zu erzielen. Das hört sich zunächst einfach an. Worin bestehen die Herausforderungen?

Wir unterscheiden zwischen Megatrends, Themen und Subthemen. Bei Megatrends handelt es sich um sehr langfristige Entwicklungen, die typischerweise sehr breit angelegt und auf viele Jahrzehnte prognostizierbar, aber letztlich nicht direkt investierbar sind. Spannender ist es zu schauen, wo sich die langfristigen Megatrends in mittelfristigen Trends, auf Sicht von fünf bis 20 Jahren manifestieren. Themen sind Manifestationen sehr langfristiger Megatrends, bei denen Geschäftsaktivitäten, Produkte und Lösungen über einen gewissen Zeitraum an Relevanz und Marktanteilen gewinnen. Wo sich Megatrends manifestieren, hat man ein Thema, das strukturell wächst. Solche Themen bieten Investoren hohes Wachstumspotenzial.

Wie kommt man dann zu den Einzelinvestments?

Wenn ein Thema identifiziert ist, muss man schauen, bei welchen Unternehmen sich das am meisten manifestiert. Man sucht Unternehmen, die idealerweise ausschließlich Produkte oder Lösungen anbieten, die mit diesem Thema zusammenhängen. Ein Beispiel: Technologischer Fortschritt ist ein Megatrend, künstliche Intelligenz ein Thema. Innerhalb dieses Themas sucht man dann Unternehmen, die davon profitieren, dass künstliche Intelligenz im Alltag eine stark wachsende Nachfrage erfährt.

Auf welche Themen setzen Sie?

In unserem Fonds Allianz Thematica sind wir typischerweise in fünf bis sieben Themen investiert. Die vier größten Themen sind derzeit Infrastruktur, sauberes Wasser und Boden, Energie der Zukunft und die Digitalisierung des Alltags. Das sind die wichtigsten Bausteine. Das Thema sauberes Wasser und Boden ist Ausfluss des Megatrends Ressourcenknappheit, Infrastruktur ist Ausdruck der Knappheit an Ressourcen und des weltweiten Trends zur Urbanisierung, die Digitalisierung des Alltags ist ein Thema, das jeder derzeit erlebt. Und das Thema Energie der Zukunft wird von zwei Faktoren gefördert. Das ist zum einen die langfristig getriebene Bereitschaft, in erneuerbare Energien zu investieren. Hinzu kommt zum anderen der durch die aktuellen Ereignisse verstärkte Wunsch, in Energieunabhängigkeit zu investieren. Deshalb ist es auch eines der Themen, die derzeit am besten performen.

Welche sind die weiteren Themen, in denen Ihr Fonds derzeit investiert ist?

Die drei kleineren Themen sind Gesundheitstechnologie, intelligente Maschinen – Robotics beziehungsweise Automation – sowie Haustierökonomie, das heißt ein eher konsumentenorientiertes Thema.

Mit Haustieren verbindet man nicht auf Anhieb große Trends, wie das etwa bei der Digitalisierung der Fall ist. Was macht Haustierökonomie denn zu einem interessanten Investmentthema?

Das Thema sticht in der Tat für die meisten hervor. Wir bescheinigen dem Thema allerdings ein hohes strukturelles Wachstumspotenzial und auch eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit. Zum einen ist das Thema generationengetrieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Millennials Haustiere halten, ist deutlich höher als bei den älteren Generationen. Zum anderen sind diese jüngeren Generationen bereit, deutlich mehr Geld für Haustiere auszugeben als die älteren. Hintergrund ist eine Vermenschlichung der Haustiere, die zunehmend wie Familienmitglieder behandelt werden. Hinzu kommt außerdem die Herausbildung einer Mittelschicht. Dadurch ist zuerst in den USA eine Haustierökonomie entstanden, dann in Europa. Jetzt beginnt das in China mit seiner sehr stark wachsenden Mittelschicht. Mit zunehmender Haustierhygiene geht zudem einher, dass Haustiere mehr als früher im Haushalt geduldet werden. Wir sehen also Veränderungen der sozialen Strukturen und damit verbunden auch der Einstellung zu Haustieren, was die Bereitschaft zu Ausgaben erhöht. All dies bedingt überdurchschnittliches Wachstum des Haustiermarktes.

Warum spielen Sie dieses Thema gerade jetzt?

Das Thema ist bereits seit 2019 im Portfolio, hat aber zuletzt – infolge der Lockdowns – an Relevanz gewonnen. Viele Menschen haben sich während der Corona-Pandemie Haustiere zugelegt. An diesen Tieren wird gemeinhin nicht gespart, sondern sie bekommen Gutes zu fressen, und wenn sie gelegentlich zum Arzt gebracht werden müssen, werden sie dort bestens versorgt – quasi wie Privatversicherte. Dies ist mit ein Grund dafür, dass die Haustierökonomie viel schneller wächst als die entsprechenden Wirtschaftszweige für die Menschen. In der Folge sehen wir hier unabhängig von der Konjunktur ein strukturelles Wachstum. In Zeiten der Unsicherheit ist die Tierökonomie also ein gutes Thema, das man im Portfolio haben kann.

Sie sprachen davon, dass Sie bestimmte Themen derzeit im Portfolio haben. Nehmen Sie also Themen gelegentlich raus?

Der Allianz Thematica zeichnet sich dadurch aus, dass wir die Themen aktiv managen. Typischerweise tauschen wir ein bis zwei Themen pro Jahr aus. Immer wenn sich ein neues interessantes Thema formiert, wechseln wir es gegen ein schwächer werdendes Thema ein. Gründe für einen Wechsel können neben der Verdrängung eines Themas durch ein neues auch Veränderungen im makroökonomischen Umfeld sein.

Welche Themen haben Sie zuletzt ausgetauscht?

In den zurückliegenden zwölf Monaten haben wir unter anderem das Thema Online-Bildung herausgenommen. Das bedeutet nicht, dass wir das Thema nun für unwichtig halten. Ganz im Gegenteil. Es war aber ein Thema, das vor allem von asiatischen Unternehmen getrieben wurde, die wiederum durch regulatorische Eingriffe in Schwierigkeiten geraten sind. Im Gegenzug haben wir das Thema Infrastruktur aufgenommen. Zum einen gibt es immense In­frastruktur-Investitionen in erneuerbare Energien, zum anderen werden dafür viele Rohstoffe benötigt. Ferner haben wir das Thema künstliche Intelligenz herausgenommen beziehungsweise neu interpretiert. Künstliche Intelligenz kommt mittlerweile in immer stärkerem Maße in vielen der anderen Themen zum Tragen. Außerdem wollten wir ein Thema im Fonds haben, das für den langfristig steigenden Inflationsdruck gut aufgestellt ist. Eingewechselt haben wir daher das Thema intelligente Maschinen. Zwar hat dieses Thema auch eine KI-Komponente. Der Gedanke war aber, dass stark steigende Löhne und die Verknappung der Arbeitskräfte Investitionen in Automation erfordern. Hinzu kommt aufgrund der Beeinträchtigung der globalen Lieferketten beziehungsweise der damit verbundenen Abkehr von der Globalisierung der Trend hin zur Relocation von Produktion aus Ländern mit günstigen Kostenstrukturen an teurere Standorte. Nach vorne schauend scheint uns dies ein Thema zu sein, das aktuell mehr Potenzial aufweist als ein rein auf Technologie-Disruption fokussiertes Thema.

Wie viele Werte haben Sie im Fonds, wie groß ist er und welche Erträge hat er bislang generiert?

Der Allianz Thematica hat typischerweise sieben Themen im Portfolio, und pro Thema investieren wir in circa 30 handverlesene Werte, so dass wir im Durchschnitt etwa 200 Aktien halten. Vor sechs Jahren haben wir mit 16 Mill. Euro ange­fangen, derzeit belaufen sich die Assets under Management auf rund 3,5 Mrd. Euro. Die durchschnittliche jährliche Performance seit Start des Fonds liegt bei rund 13%.

Wie gehen Sie mit Nachhaltigkeit um?

Nachhaltigkeit ist für uns als Haus von entscheidender Bedeutung. Unser Fonds ist Artikel-8-konform und damit gewissen Nachhaltigkeitskriterien verpflichtet. Hierin sehen wir aber keine Einschränkung – im Gegenteil. Unternehmen, die nachhaltig ausgerichtet sind, sollten für die Zukunft besser aufgestellt sein. Für langfristigen Kapitalaufbau ist das nicht ganz unerheblich.

Das Interview führte

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.