„Überrenditen bei hoher Teuerung“
Von Alex Wehnert, Frankfurt
Hohe Inflationsraten sprechen nach Ansicht des Index- und Researchanbieters LPX für Investitionen in Infrastrukturaktien. „Die Historie zeigt, dass Infrastrukturwerte gerade bei einer enorm hohen Teuerung starke Überrenditen gegenüber dem breiten Markt verzeichnet haben“, sagt Michel Degosciu, Geschäftsführer von LPX, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Bei einer jährlichen Inflation von 3% habe die durchschnittliche Outperformance dieser Titel gegenüber dem MSCI World über die vergangenen beiden Dekaden 7,21% per annum betragen.
„Durch die natürliche Monopolstellung der Infrastrukturbetreiber ergibt sich ein vergleichsweise stabiles Geschäft und hohe Preissicherheit. Oft haben diese Unternehmen sogar einen festgelegten Inflationsausgleich in ihren Preismodellen“, führt Degosciu aus. Die planbaren Cashflows sorgten zudem für eine robuste Dividendenentwicklung, die Infrastrukturanlagen zusätzlich attraktiv mache.
Eine Inflationsabsicherung funktioniere langfristig aber nur, wenn Investoren das Thema eng auslegten. Teilweise würden zum Beispiel auch Energieversorger zu den Infrastrukturwerten gezählt. „Allerdings gibt es in der Branche diverse Anbieter und einen hohen Wettbewerb – anders als bei den Betreibern von Basisinfrastruktur“, sagt Degosciu. Für den Betrieb von Stromnetzen, Flughäfen oder Mautstraßen existierten hohe Markteintrittsbarrieren. Die Unternehmen in diesen Sektoren könnten ihre Gebühren daher nach Bedarf an die Inflation anpassen.
Durch den engeren Anlagefokus verkleinere sich das Investment-Universum gegenüber dem breiteren Infrastrukturansatz von bis zu 3000 auf 300 Aktien, die LPX bei der Aufnahme in ihre Indizes berücksichtige. „Diese 300 Werte kommen zusammen allerdings immer noch auf eine Marktkapitalisierung von 3 Bill. Euro, zudem ist eine Diversifikation über verschiedene Sektoren wie Energie und Transport hinweg gegeben“, betont Degosciu.
Wachstum bei Funkmasten
In den vergangenen beiden Jahrzehnten sei die Zahl der Investmentmöglichkeiten infolge der fortschreitenden Privatisierung von Infrastrukturunternehmen, zum Beispiel dem Börsengang des zentralen italienischen Stromnetzbetreibers Terna im Jahr 2004, durchaus gewachsen. Inzwischen habe sich die IPO-Pipeline aber gelehrt, das Anlageuniversum werde sich künftig wohl eher stabil entwickeln. „Eine Ausnahme bildet der Betrieb von Funkmasten – in diesem Segment gibt es spannende Wachstumsunternehmen, die davon profitieren, dass in Afrika noch große Landstriche mit Internet zu versorgen sind“, sagt Degosciu. So habe der Funkmastenanbieter IHS Towers erst im Oktober sein Börsendebüt in New York gegeben.
In Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur bestehe in Schwellen- und Entwicklungsländern zwar ebenfalls noch viel Ausbaubedarf, allerdings würden dabei vor allem etablierte Unternehmen aktiv. „Insbesondere in Asien zieht der Ausbau von Mautstraßen und Schiffshäfen mit finanzieller Unterstützung aus China deutlich an. Doch auch für europäische Flughafenbetreiber wie Fraport oder den Flughafen Zürich bieten sich dort Partizipationsmöglichkeiten, zum Beispiel über Joint Ventures“, führt Degosciu aus. Die großen internationalen Flughäfen dürften zudem auch weniger stark unter einer langfristigen Änderung des Reiseverhaltens infolge von Nachhaltigkeitsbedenken leiden als kleine regionale Betreiber.
Chancen bei Wasser
Auch Wasserinfrastruktur stelle global einen riesigen Markt dar, der von umfangreichen staatlichen Subventionen angekurbelt werde. So seien die Leitungssysteme in Industrienationen veraltet und müssten ersetzt werden. „Davon profitieren kurzfristig auch Unternehmen, die Leitungen und Komponenten bauen – wir konzentrieren uns aber auch hier auf die Betreiber der Systeme, die über Jahrzehnte hinweg mit hohen Konzessionen planen können“, sagt der LPX-Geschäftsführer.
Im Energiesektor sei indes weiterhin mit substanziellen Investitionen in den Ausbau von Wind- und Solaranlagen zu rechnen. „Das Wachstum bei den Erneuerbaren wird künftig aber sicher etwas nachhaltiger sein als bisher“, prognostiziert Degosciu. Seien Investitionsentscheide in der Vergangenheit vor allem auf Grundlage staatlicher Subventionen gefallen, komme es jetzt verstärkt darauf an, dass sich das Geschäft mit erneuerbaren Energien selbst trage. Zudem seien nun technologische Innovationen nötig, um Strom aus erneuerbaren Energien in großem Umfang speichern und damit flexibler nutzbar machen zu können. „Gerade in Bezug auf industrielle Anwendungen stehen in den kommenden zehn Jahren riesige Fortschritte bevor“, sagt der LPX-Geschäftsführer. Aktuell hätten ausländische Unternehmen bei der Forschung und Entwicklung auf diesem Feld die Nase vorn, doch auch in Deutschland und Europa bestehe viel Innovationspotenzial.
Gefahr durch Politik
Wenngleich einzelne Sektoren unabhängiger von Subventionen würden, stellten politische Entwicklungen für Infrastrukturinvestments insgesamt weiterhin die größte Gefahr dar. „In Schwellenländern besteht immer das Risiko, dass Infrastrukturbetreiber enteignet oder verstaatlicht werden“, sagt Degosciu. „Dieses Problem existiert in Industrienationen weniger, dafür können dort fiskalische Unterstützungen zurückgefahren oder Regulierungen verschärft werden.“ Aktieninvestoren könnten die entsprechenden Risiken aber durch Anlagen in Unternehmen mildern, bei denen der Staat noch mit größeren Volumina beteiligt sei. „Dort sind die politischen Gefahren vermutlich geringer, da der Staat die Erträge des eigenen Unternehmens vermutlich nicht über strengere Regulierungen verwässern wollen wird“, führt Degosciu aus.
Indes dürften sinkende Teuerungsraten den Performance-Vorsprung von Infrastrukturwerten zusammenschmelzen lassen. „Mit einer abnehmenden Inflation ist allerdings vorerst nicht zu rechnen, dafür dürfte sich im Frühjahr zu viel aufgestaute Konsumnachfrage entladen“, sagt Degosciu.
Infrastrukturaktien blieben also attraktiv und funktionierten gut in Kombination mit anderen Inflationsschutz-Assets wie Gold. „Darüber hinaus sind auch Infrastrukturanleihen zunehmend interessant, da Anleger auch hier Zugang zu Renditen erhalten, die durch inflationsgeschützte Einnahmen gespeist werden“, sagt Degosciu.