US-Zölle und Produktionsausweitung der Opec drücken Ölpreis
Zölle und mehr Opec-Öl drücken Brent
Analysten werden zunehmend pessimistisch für die Marktentwicklung − Kriegsgefahr vorerst gesunken
Die Ankündigung hoher US-Einfuhrzölle hat den Ölpreis stark gedrückt. Analysten sind nun pessimistisch, was die Entwicklung der Nachfrage betrifft. Preissenkend wirkte aber auch die Reduzierung der Kriegsgefahr im Nahen Osten dank beginnender Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran.
ku Frankfurt
Der von US-Präsident Donald Trump mit seiner Zoll-Lawine begonnene Handelskrieg hat nicht nur an den Aktienmärkten, sondern auch am Weltmarkt für den wichtigsten Energieträger Rohöl tiefe Spuren hinterlassen. So stand die Notierung vor der Bekanntgabe der neuesten Zölle gegen praktisch sämtliche Länder der Welt bei rund 75 Dollar je Barrel, aktuell sind es nur noch weniger als 64 Dollar. Damit hat sich der Ölpreis binnen weniger Tage um 15 % ermäßigt − eine dramatische Entwicklung, die der Ölmarkt bisher nur sehr selten gesehen hat.
Der Ölmarkt reagiert damit auf die stark gestiegenen Rezessionssorgen, auf das steigende Angebot des Kartells Opec plus sowie auch darauf, dass die Kriegsgefahr im Nahen Osten zuletzt wieder nachgelassen hat.
Rezessionsgefahr nimmt zu
Mit den nun höchsten Einfuhrzöllen, die die USA in ihrer Geschichte verhängten, wächst allerorten die Rezessionsgefahr. Die Ökonomen von Goldman Sachs rechnen inzwischen mit einer Wahrscheinlichkeit von 45 % damit, dass es zu einer Rezession in den USA kommt. Noch härter betroffen dürften andere Länder sein, gegen die sich die Zölle richten. Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den globalen Verbrauch des wichtigsten Energieträgers Öl durchschlagen. Noch verschärfen dürfte sich der Konjunktureffekt, wenn die betroffenen Länder als Reaktion Zölle gegen die USA verhängen.
Verärgerung über Kasachstan
In diesem bereits schwierigen Umfeld haben die acht Länder des Kartells Opec plus, die sich über die offiziellen vereinbarten Förderquoten hinaus zur Reduzierung ihrer Produktion bereit erklärt hatten, nun eine stärkere Ausweitung ihrer Förderung als am Markt erwartet ab Mai um 411.000 Barrel pro Tag (bpd) beschlossen. Das ist dreimal so viel wie allgemein erwartet. Wie die Analysten der Commerzbank anmerken, seien damit für Juni und Juli angedachten Produktionsausweitungen vorgezogen worden. Die Experten der Bank vermuten, dass die Entscheidung bereits vor der Bekanntgabe der neuen US-Zölle durch US-Präsident Donald Trump getroffen worden sein könnte. „Dann hätte man sich vom vorherigen Preisanstieg auf 75 Dollar blenden lassen, da dieser vor allem auf Sanktionsrisiken zurückzuführen war“, kommentiert Carsten Fritsch, Analyst bei der Commerzbank. Es sei aber ebenfalls möglich, dass die Entscheidung aus Verärgerung über eine rekordhohe Ölproduktion in Kasachstan erfolgt sei. „Das Überangebot am Ölmarkt dürfte nun im zweiten Quartal größer ausfallen, was für einen niedrigeren Ölpreis spricht“, resümiert er.
Das sehen auch andere Analysten so. So haben die Rohstoffexperten von Goldman Sachs ihre Prognose für Brent Crude per Dezember 2025 um 4 Dollar auf 62 Dollar reduziert. Für das kommende Jahr haben die Analysten ihre Schätzung für Brent um ebenfalls 4 Dollar auf 58 Dollar gekürzt. Sie weisen darauf hin, dass die Risiken eher in Richtung eines weiteren Preisrückganges zeigten. 2025 soll die Ölnachfrage weltweit nur noch um 300.000 bpd zunehmen und 2026 nur um 400.000 bpd, weil die Konjunkturschwäche den positiven Effekt durch den schwächeren Dollar mehr als ausgleiche.
Pessimistischer geworden ist auch Morgan Stanley. Dort geht man nun für 2025 von einem Brent-Ölpreis von 65 Dollar statt bisher 70 Dollar aus. Im dritten Quartal soll der Preis mit 62,50 Dollar stark gedrückt bleiben und sich im vierten Quartal nur leicht auf 67,50 Dollar erhöhen. Die Bank erwartet, dass die Zölle etwa 550.000 bpd an Ölnachfrage wegnehmen, im Fall einer weltweiten Rezession sogar 1 Million bpd. Ebenfalls pessimistisch ist die Citigroup. Sie geht für die kommenden drei Monate von einem Brent-Ölpreis von nur noch 60 Dollar aus.
Verhandlungen mit dem Iran
Den Ölpreis hat aber auch gedrückt, dass sich die zuvor massiv gestiegene Kriegsgefahr im Nahen Osten wieder etwas reduziert hat. So wird es nun indirekte Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran geben, der gemäß den US-Forderungen nicht nur die Anreicherung von Uran für ein ihm unterstelltes militärisches Atomprogramm einstellen soll, sondern auch sämtliche zivilen Atomaktivitäten sowie die komplette Entwicklung militärischer und ziviler ballistischer Raketen. Trump hatte einen enormen militärischen Aufmarsch der US-Streitkräfte in der Region in die Wege geleitet, der etwa ein Drittel der gesamten US-Marine umfasst. Trump hatte zudem mit der Zerstörung des Iran als Staat gedroht, falls dieser seinen Forderungen nicht komplett nachkomme. Am Markt wird aber erwartet, dass die Verhandlungen einen möglichen US-Angriff auf den Iran zumindest um einige Monate verschieben.
Würde es zu einem solchen Krieg kommen, wäre angesichts der bisherigen Unfähigkeit der USA, im Krieg gegen den Jemen dessen Angriffe auf Handelsschiffe in der Region und auf Israel zu stoppen, zu erwarten, dass es dem Iran durchaus gelingen dürfte, die enorm wichtige Meeresenge von Hormus zu sperren. Durch diese laufen etwa 25 % der weltweiten Öltransporte per Schiff. Rohstoffanalysten rechnen für den Fall einer solchen Sperrung mit einem Ölpreis weit jenseits von 100 Dollar.
