„Wir sind beide stark mit eigenem Geld engagiert“
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Christian Kahler ist in Finanzkreisen gut bekannt, ist er doch über viele Jahre bis Juli 2022 Chefanlagestratege der DZ Bank gewesen. Nun hat Kahler zusammen mit Jochen Kurz den „Kahler & Kurz Aktienfonds“ aufgelegt. „Nach 22 Jahren Tätigkeit für die DZ Bank habe ich mich zusammen mit Jochen Kurz selbständig gemacht“, erläutert der 47-jährige Kahler im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Einen eigenen Aktienfonds zu steuern, das ist ein lang gehegter Traum von mir. Mit Jochen Kurz habe ich einen passenden Partner gefunden, der in die gleiche Richtung denkt und über reichlich Kapitalmarkerfahrung verfügt.“ Ohnehin habe er mit der Tätigkeit an den Kapitalmärkten sein Hobby zum Beruf gemacht. „Und beim Investieren wird man im Alter immer besser“, sagt Kahler und verweist unter anderem auf die Investorenlegende und den Top-Investor Warren Buffett.
Kahler war Initiator und verantwortlicher Analyst des Asset-Allocation-Portfolios und des Value-Investing-Ansatzes der DZ Bank. Seinen Track Record für das Multi-Asset-Portfolio (Zeitraum 06/2011 bis 2021) gibt er mit 7,6% pro Jahr bei einer Sharpe Ratio von 1,36 an. Er sei ein Value Investor mit mehr als 25 Jahren Erfahrung bei Direktinvestitionen.
Auch sein Partner Kurz, der 1965 geboren ist, ist mit einer Kapitalmarkterfahrung von 27 Jahren als „Stock Picker“ und Berater institutioneller Portfolio Manager in Großbritannien alles andere als ein Neuling am Aktienmarkt. Von November 2008 bis Dezember 2021 war er als Head of Alpha Capture bei Kepler Cheuvreux tätig. Zuvor arbeitete er für Kepler Equities und für Schröder Münchmeyer, Hengst & Co. (SMH).
Nordamerika im Fokus
Im Fokus des neuen Aktienfonds, der in Nordamerika und in Europa investiert, stehen Qualitätsunternehmen. „Wir haben ein Konzept entwickelt, hinter dem wir beide stehen und von dem wir beide überzeugt sind“, sagt Kahler. „Wir sind auch beide mit einer größeren Summe in unserem Fonds engagiert. Wir legen unser Geld so an, wie wir es auch für uns selbst anlegen würden.“
Alles, was für den Fonds notwendig sei, sei outgesourct, bis auf die Aktienauswahl eben. So wird der Fonds von Universal Investment administriert. Als Verwahrstelle fungiert Hauck Aufhäuser Lampe, Haftungsdach und Beratungsgesellschaft ist die Proaktiva GmbH. Seit dem 31. August ist der neue Aktienfonds sowohl in sparplanfähiger Form für Privatanleger (ISIN: DE000A3DEBY6) als auch für institutionelle Investoren (DE000A3DEBX8) erhältlich.
Der neue Aktienfonds investiert in ein konzentriertes Portfolio von 25 bis 35 Aktien. „Dabei haben wir hohe Freiheitsgrade und orientieren uns nicht an einem Index“, sagt Kahler. „Wir suchen gut geführte Qualitätsunternehmen, die wachsen und die ihre Mittel effizient einsetzen.“ Im Fokus steht für den Börsenprofi nicht der Unternehmensgewinn, sondern der freie Cashflow (FCF). Hier orientieren sich Kahler und Kurz auch an dem Ansatz von Buffett und anderer Value-Investoren. Denn der Gewinn – und damit auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis – könne von den Unternehmen leicht gestaltet werden und sei somit weniger aussagekräftig. „Wichtiger aus Investorensicht ist der Free-Cashflow und dessen Entwicklung. Auf Basis des freien Cashflows haben wir auch eigene Bewertungsmodelle entwickelt“, erläutert Kahler. „Eine wichtige Kenngröße ist das Verhältnis von Unternehmenswert zum freien Cashflow. Denn natürlich sollte auch eine gute Aktie nicht zu teuer sein.“
Fünfstufiger Auswahlprozess
Ein Qualitätsunternehmen zeichne sich neben stetigem Wachstum (bei operativem Gewinn, freien Cashflows und Buchwerten) durch hohe Betriebskapitalrenditen (Return on Capital Employed, Roce) aus, die die Kosten für das Fremdkapital sehr deutlich übersteigen und somit langfristig wertschaffend wirkten. Somit bestehe die Möglichkeit, die freien Cashflows zu reinvestieren, so dass strukturelles Wachstum möglich sei. Außerdem ist für Kahler wichtig, dass kein nennenswerter Finanzierungshebel besteht, und dass die Firma eine überzeugende Corporate Governance aufweist. Hinzu kommen laut Kahler Widerstandsfähigkeit gegenüber Veränderungen und Wettbewerb, sowie Preissetzungsmacht. Basis für die Aktienauswahl sei ein fünfstufiger Auswahlprozess. „In diesem qualifizieren sich aber nur die wenigsten Unternehmen“, erklärt Kahler. Neben dem Screening der Kennzahlen überprüfen Kahler und Kurz zunächst Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, dann die Corporate Governance einer Gesellschaft, die Fähigkeit des Unternehmens, freie Mittelzuflüsse in Wachstum zu investieren, und schließlich die Attraktivität der Bewertung.
Bei Zweifel lieber nicht
Investitionen in Banken, Rohstoffwerte und schrumpfende Industrien schließen Kahler und Kurz von vornerein aus. „Wir investieren nur in Branchen und Aktien, die wir gut verstehen“, erklärt Kahler. „Auch Firmen mit wenig transparenten und sehr komplexen Finanz- und Berichtsstrukturen kommen nicht ins Portfolio. Wenn wir bei einem Unternehmen größere Zweifel haben, dann investieren wir lieber nicht.“ So schließe der Investmentansatz auch ein ausgeprägtes Risikomanagement auf Titelebene inklusive Szenarioanalysen sowie Betrugspräventionsanalysen (Fraud-Prevention-Test) mit ein.
Zudem schließt der Artikel-8-Fonds Unternehmen aus, die gegen den UN Global Compact verstoßen oder mit MSCI-ESG-Ratings von „B“ oder schlechter bewertet sind. Firmen, die an der Herstellung geächteter Waffen beteiligt sind oder mehr als 10% ihrer Umsätze mit Rüstungsgütern machen, scheiden ebenfalls aus.
Als ein Beispiel für ein Unternehmen, das die Investitionskriterien erfüllt, führt Kahler Heico Corporation an, „das Berkshire Hathaway der Luft- und Raumfahrtindustrie“. Welche Firmen die Fondslenker überzeugen, zeigen auch die aktuellen Top-10-Aktien des Fonds: Größte Positionen sind Deutsche Börse, Alphabet, Münchner Rück, Accenture, Novo-Nordisk, LVMH, Unilever, Johnson & Johnson, Intuit und ASML. „Doch auch andere Unternehmen erfüllen unsere Investitionskriterien“, sagt Kahler. „Das sind Firmen wie zum Beispiel S&P Global, Schindler, Mastercard, Adobe, PayPal, LVMH, Sartorius oder CTS Eventim.“
In sieben Jahren verdoppeln
„Unser Fonds investiert breit gestreut, doch bleibt natürlich das normale Aktienmarktrisiko“, erklärt Kahler. „Wir wählen die Einzeltitel systematisch und genau aus, betreiben aber kein Hedging.“ Auf sehr kleine Titel verzichten Kahler und Kurz, die Marktkapitalisierung einer Aktie sollte schon mindestens 250 Mill. Euro betragen. Doch welche Performance streben Kahler und Kurz an? „Unser Ziel ist es, in einem Zeitraum von rund sieben Jahren das im Fonds eingesetzte Kapital zu verdoppeln“, sagt Kahler. „Wir sind beide vom Konzept unseres Fonds überzeugt und auch stark mit eigenem Geld engagiert.“