Wird der Bär zum Bullen?
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Eines ist auch für die kommende Woche durchaus wahrscheinlich: dass der Zusammenbruch des Kryptomarktes sich fortsetzt und neue Opfer findet. Denn laut Nouriel Roubini besteht keinerlei Vertrauen in Krypto. Der Star-Ökonom stuft den Kryptomarkt denn auch als großes Schneeball-System ein, das keine Sicherheit biete. Und nun scheint die Blase so richtig zu platzen.
Aber, und das ist die gute Botschaft, bisher waren die großen institutionellen Investoren nicht oder nur mit geringen Beträgen am Kryptomarkt engagiert. Insofern hat die Kryptokrise, anders als die Lehman-Insolvenz, die traditionellen Aktien- und Anleihemärkte (außer eben spezielle Kryptotitel) nicht getroffen und dürfte sie wahrscheinlich auch nicht treffen. Auch das Bankensystem präsentiert sich bisher insgesamt kaum beeinflusst vom Krypto-Crash, allerdings kann es bei Kreditengagements immer auch einmal böse Überraschungen geben.
Während die Aktienmärkte bis Ende September deutlich an Boden verloren haben, setzen sie seitdem zu einer regelrechten Rally an. So ist der Dax von weniger als 12000 Punkten bis auf rund 14400 Zähler geklettert. Die meisten Analysten werten den Anstieg als Bärenmarktrally, aber so manche angebliche Bärenmarktrally hat sich im Nachhinein als Beginn eines neuen Bullenmarktes herausgestellt. Und es gibt neben den bestehenden geopolitischen Risiken wie dem Krieg in der Ukraine und der sich abschwächenden Konjunktur auch positive Entwicklungen. So verlief die Berichtssaison positiv. „Seit Ende September überwogen für das laufende Geschäftsjahr die Gewinnaufwärtsrevisionen klar über die Kappungen“, stellt die LBBW fest, die übrigens ihre Indexprognosen für Dax und Euro Stoxx 50 angehoben hat. Auch sind die Gasspeicher in Deutschland derzeit voll gefüllt, und die LBBW stellt fest, dass „das in Rekordzeit errichtete erste nationale LNG-Terminal in Wilhelmshaven nun ebenfalls startklar ist“. Deutschland scheint jedenfalls die Folgen der Energiekrise bewältigen zu können, was vor wenigen Monaten keineswegs als sicher galt. Die UBS geht noch einen Schritt weiter und legt unter der Überschrift „Attraktiv bewertete Qualität“ Investoren deutsche Aktien ans Herz. Vor dem Hintergrund der günstigen Bewertung, reichlich vorhandener Liquidität und einer für Aktien günstigen saisonalen Phase besteht durchaus die Chance, dass aus dem Bären ein Bulle wird.
Eine wichtige Rolle bei alledem spielen die Notenbanken, die zwar weiter straffen werden, aber zuletzt einen moderateren Kurs angedeutet haben. Insofern ist auch in der kommenden Woche wichtig, was welcher Notenbanker sagt. Ansonsten steht am Donnerstag in den USA vor allem Thanksgiving an, wobei die Helaba auf die in Inflationszeiten deutlich gestiegenen Truthahnpreise verweist. In den USA sind an Thanksgiving die Märkte geschlossen. Hierzulande könnte am Donnerstag der Ifo-Index die Märkte bewegen.