Importpreise dämpfen Rezessionssorge
Von Alexandra Baude, Frankfurt
Die zuletzt oftmals stärker als erwartet ausgefallenen Konjunkturindikatoren schüren die Hoffnung, dass die Rezession hierzulande milder verlaufen dürfte als befürchtet. Den neuesten Impuls liefern die Importpreise, die sich im Oktober so gering verteuert haben wie seit einem Jahr nicht mehr. Dass der Außenhandel wegen der Nachfrageschwäche der wichtigsten Exportdestination – USA und China –, aber auch aus Europa im Oktober einen erneuten Dämpfer bekommen hat, gemahnt zur Vorsicht. Denn auch die Einzelhandelsumsätze haben im Oktober spürbar nachgegeben, wenn auch nach einem kräftigen Plus im September. In Verbindung mit der Industrieproduktion, die am kommenden Mittwoch veröffentlicht wird, dürfte dies erste Rückschlüsse erlauben, ob die Rezession bereits in Gang gekommen ist.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) sind die Importpreise im Oktober um durchschnittlich 23,5% im Jahresvergleich gestiegen. Im September lag die Jahresrate bei 29,8%, im August waren es 32,7%. Dies war zudem der stärkste Anstieg seit März 1974. Im Monatsvergleich sanken die Einfuhrpreise im Oktober aber – und zwar um 1,2%.
Preistreiber bleibt Energie
Als stärksten Preistreiber benannten die Wiesbadener Statistiker erneut die Energie: Hier verteuerten sich die Importe um 84,7% zum Vorjahresmonat. Sie kosteten aber 5,2% weniger als im September. „Der hohe Anstieg im Vorjahresvergleich ist weiterhin vor allem durch die starken Preissteigerungen bei importiertem Erdgas begründet“, erklärten die Statistiker. Diese Preise lagen 151,4% höher als ein Jahr zuvor, fielen aber im Monatsvergleich um 7,4%. Mineralölerzeugnisse waren mit plus 56,0% ebenfalls erheblich teurer als im Vorjahr. Während die Preise bei allen anderen Energieträgern im Vormonatsvergleich zurückgingen, sind sie bei Mineralölerzeugnissen gestiegen – um 7,1%.
Zuletzt hat sich der Preisauftrieb auf Ebene der Produzenten als auch bei den Verbrauchern abgeschwächt. Im November war die Inflationsrate auf 10,0% in nationaler Rechnung gesunken, nachdem sie im Oktober mit 10,4% noch den höchsten Stand seit 1951 erreicht hatte. Ökonomen erwarten, dass der Inflationshöhepunkt in greifbarer Nähe ist. „Im kommenden Jahr dürften eine abnehmende Nachfrage, geringere Störungen aus Lieferketten sowie weniger Aufwärtsdruck bei den Energiepreisen die Inflationsentwicklung bremsen“, sagte etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich seit der Zinswende im Juli mit Rekordschritten von insgesamt 200 Basispunkten gegen die Inflation. Für die Dezembersitzung wird eine weitere Zinserhöhung von 50 oder 75 Basispunkten erwartet.
Die sich abkühlende Weltwirtschaft hat derweil dem Außenhandel einen erneuten Dämpfer versetzt. Insbesondere die schwächere Nachfrage aus den Euro-Ländern und den USA hat die Exporte im Oktober um 0,6% zum Vormonat gedrückt, der Warenwert betrug 133,5 Mrd. Euro. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem halb so starken Rückgang gerechnet, nachdem es im September bereits einen Rückgang von 0,7% gegeben hatte.
Insbesondere die Schwäche bei den Importen – diese fielen um 3,7% – „deutet an, dass der Außenhandelsmotor anfängt zu stottern“, kommentierte Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbands BGA. Zwar würden die nachlassenden Staus in der Containerschifffahrt die Lieferengpässe entschärfen. Dabei handele es sich jedoch um die Abwicklung bestehenden Geschäfts. „Die anhaltende Unsicherheit hinsichtlich der weltwirtschaftlichen Lage und die zahlreichen geopolitischen Risiken belasten den Außenhandel zunehmend.“
Aktuelle Umfragen zeigen ein gemischtes Bild der Erwartungshaltung in der deutschen Exportwirtschaft: Während laut der DIHK-Herbstumfrage nur 16% der Industrieunternehmen mit steigenden Ausfuhren in den kommenden zwölf Monaten rechnen, erwarten 40% einen Rückgang. „Lediglich während der Finanzkrise und zu Beginn der Coronakrise waren die Unternehmen mit Blick auf ihr Auslandsgeschäft pessimistischer“, erklärte dazu DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Für 2023 erwartet der DIHK einen Exportrückgang um 2% – damit würden die Erlöse im Ausland um über 70 Mrd. Euro sinken.
Der jüngsten Ifo-Umfrage zufolge hat sich die Stimmung unter deutschen Exporteuren im November etwas aufgehellt. Das entsprechende Barometer kletterte auf +0,4 Punkte von −4,6 Punkten im Oktober. Positive und negative Aussichten würden „sich daher gegenwärtig die Waage“ halten, betonte Ifo-Präsident Clemens Fuest: „Kleine Hoffnungsschimmer zeichnen sich für die deutsche Exportindustrie ab.“
Im Oktober wurden in die EU-Mitgliedsländer Waren im Wert von 71,4 Mrd. Euro exportiert, das sind 2,4% weniger als im Vormonat. Die Ausfuhren in den Euroraum sanken um 2,9%. In Richtung des Hauptkunden USA lag das Warenvolumen bei 13,9 Mrd. Euro – ein Minus von 3,9%. Stabil blieben die Exporte nach China im Umfang von 8,9 Mrd. Euro.