Jobabbau in der US-Tech-Industrie setzt sich fort
kro Frankfurt
Die massive Kündigungswelle in der US-amerikanischen Tech-Branche trifft im Zuge des Konjunkturabschwungs, schwacher Quartalszahlen und Druck von Investoren immer mehr Konzerne. Nun erfasst sie auch den Computer- und Druckerhersteller HP sowie absehbar den Suchmaschinen-Giganten Google, der im Gegensatz zu anderen werbeabhängigen Wettbewerbern wie Meta, Twitter oder Snap bislang von größeren Entlassungsrunden verschont geblieben war.
„Viele der jüngsten Herausforderungen, die wir im Geschäftsjahr 2022 gesehen haben, werden sich wahrscheinlich noch bis ins Jahr 2023 hineinziehen“, sagte HP-Finanzchefin Marie Myers in einer Telefonkonferenz anlässlich der Veröffentlichung von Finanzkennzahlen aus dem vierten Quartal.
Das Unternehmen aus Palo Alto hat in dem Zeitraum einen Umsatzrückgang von gut 11 % auf knapp 15 Mrd. Dollar verbucht und begründete dies mit einer geringeren Nachfrage in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres.
So war auch bei Dell der Umsatz im dritten Quartal zurückgegangen, wie der HP-Rivale am Montag berichtet hatte. In der Pandemie hatten sich Verbraucher noch verstärkt mit Hardware für die Heimarbeit ausgestattet. Mittlerweile halten sie ihr Geld jedoch inflationsbedingt lieber zusammen, was laut den Marktforschern von Gartner im dritten Quartal zu einem weltweiten Einbruch der PC-Auslieferungen von knapp 20 % geführt hat.
Im gesamten Fiskaljahr stagnierten die Erlöse von HP bei 63 Mrd. Dollar. Der Gewinn je Aktie lag mit 3,05 Dollar derweil deutlich unter der prognostizierten Spanne von 3,46 bis 3,56 Dollar. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das Ergebnis zudem einem Rückgang von 43 %.
HP will nun ein Sparprogramm auflegen, das die jährlichen Kosten bis Ende des Geschäftsjahres 2025 um mindestens 1,4 Mrd. Dollar senken soll. Der Konzern plant, in dem Zeitraum 4 000 bis 6 000 Stellen abzubauen. Aktuell beschäftigt er rund 50 000 Mitarbeitende.
Für die Restrukturierung dürften Kosten und andere Aufwendungen von rund 1 Mrd. Dollar anfallen, davon 600 Mill. Dollar im laufenden Geschäftsjahr 2023 und der Rest in den darauffolgenden Jahren.
Der Computerhersteller reiht sich damit in die Liste hunderter Tech-Firmen ein, die nach Jahren des Booms in ihrer Belegschaft nun den Rotstift ansetzen. Allein in den USA belief sich laut „Crunchbase“ die Zahl der entlassenen Mitarbeiter in dem Sektor Mitte November auf 73 000. Weltweit sollen es laut dem Portal „Layoffs.fyi“ schon mehr als 137 000 sein.
Druck von Investoren
Dabei stach Google bzw. deren Mutterkonzern Alphabet bislang noch als gewisse Ausnahme hervor. Zwar hatte CEO Sundar Pichai schon im Juli erklärt, dass auch sein Unternehmen „nicht immun gegen wirtschaftlichen Gegenwind“ sei. Allerdings ging es damals darum, bei den Neueinstellungen auf die Bremse zu treten. In dem Zusammenhang hatte Pichai auch einen zweiwöchigen Einstellungsstopp verhängt.
Dem aktivistischen Investor Christopher Hohn geht das offenbar nicht weit genug. Der britische Milliardär und Chef des Hedgefonds The Children’s Investment Fund (TCI) ließ dem Google-Chef in der vergangenen Woche einen Brief zukommen, in dem er zunächst darauf hinwies, dass sein Fonds aktuell Alphabet-Aktien im Wert von mehr als 6 Mrd. Dollar hält und somit stark an die Zukunft des Konzerns glaube. Er forderte das Management danach jedoch dazu auf, „aggressive Maßnahmen zu ergreifen“. Grund sei die „zu hohe Kostenbasis“, die angesichts einer Verlangsamung beim Umsatzwachstum nicht mehr zu rechtfertigen sei.
„Unsere Unterhaltungen mit ehemaligen Führungskräften von Alphabet deuten darauf hin, dass das Geschäft mit deutlich weniger Mitarbeitenden effektiver betrieben werden könnte“, schrieb Hohn. Er stimme dem Chef von Altimeter Capital, Brad Gerstner, zu, der Ende Oktober in einem offenen Brief an Meta auf Entlassungen gepocht und dabei erklärt hatte, dass diese Erkenntnis, die neben Google und Meta auch auf andere Unternehmen wie Twitter und Uber zutreffe, ein im Silicon Valley schwach gehütetes Geheimnis sei.
Aus Sicht von Hohn beschäftigt Google nicht nur zu viele Mitarbeitende − der Konzern zahle ihnen auch mit die höchsten Gehälter im Silicon Valley. So habe die mittlere Vergütung 2021 bei 295 884 Dollar gelegen. Laut einer Analyse von S&P Global liege das 67 % über dem, was Mitarbeitende bei Microsoft erhalten und 153 % über dem Gehalt bei den 20 größten börsennotierten US-Tech-Unternehmen. „Es gibt keine Rechtfertigung für diesen enormen Unterschied“, erklärte Hohn.
Neues Ranking soll helfen
Womöglich könnte der Investor schon bald zufriedengestellt werden. Laut dem Online-Magazin „The Information“ plant der Konzern ein neues Management-System einzuführen, das die Performance der Beschäftigten überprüfen soll.
Im Zuge dessen seien Führungskräfte aufgefordert worden, 6 % der Mitarbeitenden in die Kategorie der „Low Performer“ einzuordnen, wie das Magazin unter Berufung auf Insider berichtet. Das wären umgerechnet rund 10 000 Mitarbeitende, die zu Beginn des nächsten Jahres unter Anwendung des neuen Systems vor die Tür gesetzt werden könnten. Außerdem könnten die Rankings genutzt werden, um den Mitarbeitenden Bonuszahlungen und Aktienoptionen zu verweigern.
Nach den fetten Jahren folgt die Diät | ||
Entlassungsrunden ausgewählter US-Techfirmen 2022 | ||
Unternehmen | Anzahl geplante/um-gesetzte Entlassungen | % der Belegschaft |
Meta | 11 000 | 13 |
Amazon | 10 000 | 3 |
Cisco | 4 100 | 5 |
3 700 | 50 | |
Better.com | 3 000 | 33 |
Peloton | 2800 | 20 |
Coinbase | 1 100 | 18 |
Salesforce | <1000 | 1 |
Gohealth | 800 | 20 |
Peloton | 784 | 13 |
Lyft | 700 | 13 |
Peloton | 500 | 12 |
Compass | 450 | 10 |
Lyft | 60 | 2 |
Quelle: Layoffs.fyi/UnternehmenBörsen-Zeitung |