Klimaziele

Klimaschutzplan scheitert am Verkehrssektor

Am Mittwoch soll das Kabinett über Eckpunkte für ein Klimaschutz-Sofortprogramm beraten. Dabei bahnt sich ein Konflikt zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Verkehrsministerium an. Denn der Verkehrssektor hinkt beim Erreichen der Ziele hinterher.

Klimaschutzplan scheitert am Verkehrssektor

cru Frankfurt

Das Klimaschutz-Sofortprogramm ist im Koalitionsvertrag verankert und soll sicherstellen, dass die verschärften Klimaziele erreicht werden. Doch den Eckpunkten zufolge, die der Börsen-Zeitung vorliegen und die am Mittwoch ins Kabinett gehen sollen, bliebe selbst nach Umsetzung der jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen – wie etwa eines novellierten „Umweltbonus“ beim Kauf eines Elektroautos auch über 2022 hinaus – im Verkehrssektor bis 2030 noch immer ein Minderungsbedarf von 118 Mill. bis 175 Mill. Tonnen Treibhausgase, der durch die bis zum Jahresende geplanten Maßnahmen aus dem Sofortprogramm nicht gedeckt wäre. „Diese Bandbreite ergibt sich aus Unsicherheiten bei den Annahmen.“

Das Programm sieht nun Maßnahmen vor, die den ÖPNV stärken, die Mobilitätswende in den Kommunen stützen, den Wechsel auf klimafreundliche Antriebe und die Elektrifizierung des Straßenverkehrs beschleunigen – unter anderem mit dem 49-Euro-Ticket oder der CO2-Differenzierung der Lkw-Maut. Zudem sollen mehr Gütertransporte auf die Eisenbahn verlegt werden. Bis Frühjahr 2023 sollen weitere Instrumente die Lücke schließen. Die Eröffnungsbilanz Klimaschutz vom Januar 2022 hatte gezeigt, dass die Ziele ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreicht werden. Für alle Emissionssektoren legt das Sofortprogramm daher eine Transformations-Roadmap bis 2030 fest – mit Schritten, um die jeweiligen Klimaziele im Gebäude-, Verkehrs-, Energie-, und Landwirtschaftssektor sowie in der Abfallwirtschaft zu erreichen.

Streit der Ministerien

Dabei liegt das federführende Wirtschaftsministerium mit dem Verkehrsministerium über Kreuz. In allen anderen Sektoren, etwa Gebäude oder Landwirtschaft, werden die Ziele mit den bislang angedachten Maßnahmen erreicht – nur im Verkehrssektor nicht. Die von Volker Wissing vorgeschlagenen Instrumente, um in seinem Sektor auf Kurs zu kommen, waren von Experten als unzureichend bezeichnet worden.

Im Verkehrssektor beläuft sich die Gesamtlücke einem Projektionsbericht zufolge auf 271 Mill. Tonnen Treibhausgase bis 2030. Ab 2030 sollen die Verkehrsemissionen im Verkehrssektor laut Bundesklimaschutzgesetz nur noch 85 Mill. Tonnen CO2-Äquivalente betragen. Dabei muss die Emissionsminderung schneller als bisher erfolgen, um die Ziele des Gesetzes in den kommenden Jahren zu erreichen. Insgesamt muss sich das Tempo zunächst bis Mitte dieses Jahrzehnts mehr als verdoppeln und dann bis 2030 nahezu verdreifachen.

Der Energiesektor mit Unternehmen wie Eon, RWE und Uniper ist weiter: So soll der Ökostromausbau dadurch beschleunigt werden, dass die Bundesländer 2% der Fläche für Windenergie reservieren müssen. Ausschreibungen für den Bau von Windparks auf hoher See wurden ausgeweitet und die Ausbauziele erhöht. Vorgesehen ist, dass 80% des Stroms ab 2030 aus Erneuerbaren wie Wind und Sonne stammen.

Die FDP will parallel auch das Klimaschutzgesetz ändern. Dieses sieht derzeit vor, dass jeder Sektor jedes Jahr klare Obergrenzen der CO2-Emissionen erreichen muss. Die FDP will hier mehr Flexibilität über Jahre hinweg und auch eine Verrechnung unter den Sektoren möglich machen.

Die aktuelle Energiekrise macht nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums deutlicher denn je, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Hochlauf für grünen Wasserstoff konsequenter verfolgt werden müssen und gerade beim Thema grüner Wasserstoff der Bedarf aus der Wirtschaft und Industrie bereits jetzt angezogen hat.

Subvention für Wasserstoff

Für die Industrie soll es über sogenannte Klimaschutzverträge ein In­strument geben, mit dem die Umstellung von Kohle oder Öl auf klimafreundlichen Wasserstoff erleichtert wird. Im Fokus stehen zunächst Unternehmen aus den Branchen Stahl, Chemie oder Zement wie Thyssenkrupp, BASF oder Heidel Cement. Mit den Verträgen sollen die höheren Kosten klimafreundlicher Produktion ausgeglichen werden.

Der Gebäudesektor, der ebenfalls 2021 die Vorgaben riss, soll schneller saniert und energieeffizienter werden. So soll es die Vorgabe geben, dass ab 2024 nur solche Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Zudem will man jedes Jahr 500000 neue Wärmepumpen installieren.

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