Neuer Eigentümer

Milliardendeal im Ferngasnetz

Open Grid Europe ist Deutschlands größter Ferngasnetzbetreiber. Jetzt bekommen die Gasautobahnen neue Eigentümer. Der belgische Infrastrukturbetreiber Fluxys kauft 24 % der Anteile vom Finanzinvestor Macquarie. Bald sollen die Pipelines auch dem Transport von Wasserstoff dienen, so die Planung.

Milliardendeal im Ferngasnetz

cru Frankfurt

In Deutschland entsteht ein neuer Riese für Gasfernleitungen, der künftig auch für den Transport von Wasserstoff im Rahmen der Energiewende wichtig wird. In einer Milliardentransaktion verkauft der australische Investor Macquarie nach elf Jahren die Beteiligung von knapp 24% an Deutschlands größtem und vor allem im Westen aktiven Ferngasnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE, früher Eon Transportgas) mit Sitz in Essen an den börsennotierten belgischen Energieinfrastrukturkonzern Fluxys, der überwiegend belgischen Kommunen gehört. Das teilten Macquarie und Fluxys am Freitag mit, ohne Details zum Kaufpreis zu nennen.

Eon hatte das Unternehmen 2012 für 3,2 Mrd. Euro an ein Konsortium verkauft. Inzwischen hat sich der Wert beinahe verdoppelt. Gemäß Finanzkreisen wurde Open Grid Europe bei dem Deal jetzt mit 6 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet.

Fluxys sieht sich als Vorreiter der Dekarbonisierung und will die Wasserstoffinfrastruktur mit aufbauen. „Seit unserer Investition im Jahr 2012 hat OGE sein Netz umfassend modernisiert, um seine Infrastruktur auf die Zukunft vorzubereiten“, sagte Hilko Schomerus, Managing Director bei Macquarie Asset Management, dem in Deutschland auch der zweitgrößte Ferngasnetzbetreiber Thyssengas aus Dortmund gehört. „Mit einem Netz, das sich über die gesamte Länge und Breite des Landes erstreckt, spielt OGE heute eine zen­trale Rolle im deutschen Energiesystem und ebnet den Weg hin zu einer Wasserstoffwirtschaft.“

Marktführer in Deutschland

OGE gehört mit rund 1 450 Beschäftigten und einem Netz von 12000 Kilometern Länge zu den größten Ferngasnetzbetreibern in Europa. Zusammen mit den 2000 Kilometern, die der belgischen Fluxys hierzulande schon gehören, baut das Unternehmen die Position als Marktführer in Deutschland aus. Zu den Anteilseignern neben Fluxys mit 24% zählen ferner British Columbia Investment Management mit 32%, die Abu Dhabi Investment Authority mit 25% und die Münchener Rück mit 19%.

Fluxys baut ihr Gasfernleitungsnetz noch mit einem weiteren Zukauf aus: Der Schweizer Energiekonzern Axpo verkauft seine Beteiligung an der Erdgaspipeline Trans Adriatic Pipeline AG (TAP) für 210 Mill. Euro. Käufer der 5-%-Beteiligung seien die spanische Enagás und die belgische Fluxys, wie Axpo am Freitag mitteilte. Die beiden Unternehmen stockten ihre Beteiligung damit auf je 20% auf. Die übrigen Eigner seien BP, die aserbaidschanische Socar und die italienische Snam. TAP betreibe die Infrastruktur für den Erdgastransport von der griechisch-türkischen Grenze durch Griechenland, Albanien und die Adria bis nach Süditalien. Die 880 Kilometer lange Pipeline sei Teil des 3500 Kilometer langen südlichen Gaskorridors, über den Erdgas vom Gasfeld Shah Deniz II in Aserbaidschan nach Europa transportiert werde.

In Deutschland kommen die Unternehmen Fluxys und Open Grid Europe zusammen auf einen Marktanteil von fast 50%. Kartellprobleme macht das aber nicht: Es handelt sich um ein ohnehin von der Netzagentur reguliertes Geschäft.

Zunächst kein Interesse

Macquarie hatte Open Grid Eu­rope bereits im April 2021 verkaufen wollen, aber es mangelte an Interesse – unter anderem, weil die behördlich festgesetzte Eigenkapitalverzinsung für Ferngasnetze sinkt. Doch inzwischen hoffen offenbar die Ferngasnetzbetreiber für die Zukunft auf ein staatlich subventioniertes Boom-Geschäft mit dem Wasserstofftransport. Die Unternehmen werben schon seit drei Jahren für ihre Pläne zur Umwandlung des bisher für Erdgas genutzten Netzes in ein Wasserstoffnetz – und zwar ohne staatliche Beteiligung. Fast 6000 Kilometer lang soll es die Wasserstofferzeuger im Norden mit den Industriezentren im Süden verbinden. RWE will mit dem norwegischen Ölkonzern Equinor eine Wasserstoffpipeline von Norwegen nach Deutschland bauen.

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