Ampel versucht Schadenbegrenzung
Ampel versucht Schadenbegrenzung
FDP verspricht Waffenstillstand bis zum Koalitionsausschuss – Scholz setzt auf regulären Wahltermin im Herbst
Die Ampel-Regierung will am Mittwoch im Koalitionsausschuss weitere Schritte zur Stärkung der Wirtschaft besprechen. Bis dahin sollen in mehreren Treffen der Regierungsspitzen verschiedene Vorschläge geprüft werden. SPD, Grüne und FDP versuchen in Berlin, die selbst verschuldete Krisenlage zu beruhigen.
wf/ahe Berlin
Nach dem heftigen internen Streit versucht die Ampel, die Lage etwas zu beruhigen. Es werde keine „spontanen Entscheidungen“ bis Mittwoch geben, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nach einer Sitzung der Spitzengremien der Partei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Koalition bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst zusammenhalten. „Ich gehe davon aus, dass diese Regierung konstruktiv bis zum regulären Termin der Bundestagswahl im nächsten Jahr zusammenarbeiten wird“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit laut Nachrichtenagentur Reuters in Berlin. Dies sei auch die Meinung des Kanzlers. SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken äußerte sich ähnlich. „Wir haben überhaupt gar keine Neigung, die Koalition scheitern zu lassen“, sagte sie.
Habeck dringt auf Einigung
Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) versuchte, die Wogen zu glätten. Es sei die schlechteste Zeit für ein Scheitern der Regierung, sagte er in Berlin. Die Ampel müsse sich auf die Punkte konzentrieren, auf die sie sich bereits geeinigt habe und noch einigen könne. Die für den Herbst geplante Wachstumsinitiative müsse vollständig umgesetzt werden, mahnte Habeck. Zudem solle die Ampel den Bundeshaushalt 2025 beschließen. Dies hält er trotz des Milliardenlochs für eine lösbare Aufgabe. Die frei werdenden Subventionsmittel für die verschobene Intel-Investition in Magdeburg in Milliardenhöhe sollen dafür genutzt werden.
Am Mittwochabend kommen der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und FDP zusammen. Mit dabei sind die Partei- und die Fraktionsspitzen. Hebestreit zufolge geht es dem Kanzler darum, die deutsche Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Dazu hatte sich Scholz mit Industrievertretern getroffen.
Bundeshaushalt noch offen
Zudem soll der Bundeshaushalt abgeschlossen werden. Die Haushälter im Bundestag wollen in der nächsten Woche am Donnerstag, dem 14. November, noch alle offenen Fragen lösen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zufolge klafft im Haushalt noch ein Loch im größeren einstelligen Milliardenbereich. Wegen der schwachen Wirtschaft lässt auch die Dynamik des Wachstums der Steuereinnahmen nach und bleibt hinter der Planung zurück. Eine mögliche Verschiebung der sogenannten Bereinigungssitzung der Haushaltsexperten im Bundestag ist weder Hebestreit noch dem Sprecher von Lindner, Fabian Leber, bekannt.
Bis zum Koalitionsausschuss am Mittwochabend soll es mehrere Dreier-Treffen von Scholz, Habeck und Lindner geben. Nach Habeck hatte auch Lindner Vorschläge zur Belebung des Wirtschaftsstandorts vorgelegt. Beide gehen über die Wachstumsinitiative hinaus, die die Ampel noch vor Weihnachten umsetzen möchte.
Habeck will mit einem „Deutschlandfonds“ fünf Jahre lang Unternehmen mit einem Investitionszuschuss von 10% unterstützen. Die Finanzierung lässt er offen. Lindner zufolge kostet dies 48 Mrd. Euro im Jahr. Dies entspricht rund 10% der Ausgaben des Bundeshaushalts. Lindner will den Pfad für die Klimawende strecken, Unternehmen vom Solidaritätszuschuss und bei der Körperschaftsteuer entlasten, die Inflationseffekte in der Einkommensteuer automatisch korrigieren und den Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge begrenzen. Letzteres bedeutet stärkere Eingriffe bei der Rentenreform und etwa im Bürgergeld.
Finanzieren will Lindner die Vorhaben unter anderem durch die Kürzung von Klimaausgaben und perspektivisch eine Auflösung des Sondervermögens Klima- und Technologiefonds. Esken sieht darin lediglich Wahlversprechen. Kein Vorschlag könne von einer SPD-geführten Regierung umgesetzt werden.