Arbeitslosigkeit im Euroraum sinkt auf Allzeittief

Eurostat meldet für den Euroraum eine historisch niedrige Arbeitslosenquote. Angesichts der derzeit schwächelnden Konjunktur zeigten sich Ökonomen überrascht – und sehen den kommenden Monaten eher pessimistisch entgegen.

Arbeitslosigkeit im Euroraum sinkt auf Allzeittief

Arbeitslosigkeit im Euroraum sinkt auf Allzeittief

ast Frankfurt

Arbeitslosenquote bei 6,4 Prozent – Große regionale Unterschiede – Arbeitsintensive Dienstleister stabilisieren

Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone ist im November auf ein historisches Tief gesunken. Das gab das Statistikamt Eurostat am Dienstag in Luxemburg bekannt. Demnach sank die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im gemeinsamen Währungsraum auf 6,4%. Das entspricht einem Rückgang gegenüber 6,5% im Oktober und gegenüber 6,7% im November ein Jahr zuvor. Damit notiert die Quote wieder auf ihrem bereits im Juni 2023 erreichten Allzeittief. Ökonomen hatten überwiegend mit einem unveränderten Wert gerechnet.

Eurostat zufolge waren im November in der Europäischen Union 12,954 Millionen Personen arbeitslos. 10,970 Millionen davon zählten die Statistiker im Euroraum. Im Vergleich zum Vormonat sank die Zahl der Arbeitslosen in der EU um 144.000 und im Euroraum um 99.000. Im Vergleich zum Vorjahr steht ein Minus von 283.000 bzw. 282.000 zu Buche.

Große regionale Unterschiede

Mit Blick auf die einzelnen Länder zeigt sich die Lage am Arbeitsmarkt aber nach wie vor uneinheitlich. Nach der internationalen Berechnung wiesen Tschechien (2,4%), Malta (2,5%) und Polen (2,8%) die niedrigsten Quoten aus. Die für Deutschland ermittelte Arbeitslosenquote blieb nach dem ILO-Konzept den dritten Monat in Folge unverändert bei 3,1%. Hier herrscht demnach praktisch Vollbeschäftigung. Am größten ist die Arbeitslosigkeit den Eurostat-Daten zufolge mit deutlichem Abstand in Spanien (11,9%) – auch wenn sich die Lage hier etwas aufhellte und die Arbeitslosenquote im Vergleich zum Oktober um 0,1 Prozentpunkte abnahm. Auf den Rängen zwei und drei folgen Griechenland (9,4%) und Schweden (7,9%).

Offene Fragen für EZB

Die Arbeitslosigkeit nimmt im Winter EU-weit üblicherweise etwas ab. Aufgrund der derzeit mauen Konjunktur – wie sich erst am Montag in den niedrig notierenden Frühindikatoren zeigte – hatten Experten aber mit einer Stagnation gerechnet. Immerhin hatte die Stimmung in Unternehmen und bei Verbrauchern zum Jahreswechsel leicht zugelegt. Ein nachhaltiger Aufschwung scheint aber nach wie vor nicht in Sicht. Dies dürfte auch die Spekulationen dämpfen, die Europäische Zentralbank (EZB) könnte bereits im Frühjahr von ihrer straffen Geldpolitik abrücken und die Zinsen erstmals wieder senken.

Dass der Arbeitsmarkt sich so robust zeigt, liegt laut Peter Vanden Houte, Ökonom für die Eurozone bei ING, daran, dass sich die Konjunkturschwäche auf die Industrie konzentriert. Der arbeitsintensivere Servicesektor schneidet besser ab. „Hinzu kommt die Bevorzugung kürzerer Arbeitszeiten“, erklärt der Ökonom. Dies wirke sich negativ auf das Produktivitätswachstum aus – und verschärfe zudem die demografisch bedingte Anspannung auf dem Arbeitsmarkt. Für die EZB stellt sich die Frage, inwiefern das schrumpfende Arbeitskräfteangebot sich auf das Wirtschaftswachstum in der Eurozone auswirkt. Und nicht zuletzt: Inwiefern sich dies in der Entwicklung der Inflation widerspiegeln wird. Kein Wunder, „dass die EZB zunächst einen guten Überblick über die Lohnabschlüsse im ersten Halbjahr haben möchte, bevor sie Entwarnung in Sachen Inflation geben kann“, resümiert Vanden Houte.

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