Inflation

Bank of England zeigt sich zögerlich

Die Geldpolitiker der Bank of England haben sich zurückgehalten. Sie stimmten lediglich für eine Erhöhung des Leitzinses um 25 Basispunkte. Doch ein Drittel wollte ihn um 50 Basispunkte anheben.

Bank of England zeigt sich zögerlich

hip London

Die Geldpolitiker der Bank of England haben sich nach ihrer jüngsten Sitzung zögerlich ge­zeigt. Das geldpolitische Komitee (Monetary Policy Committee, MPC) erhöhte den Leitzins um lediglich 25 Basispunkte auf 1,25 %. Zuvor hatte die US-Notenbank Fed ihren Zins um 75 Basispunkte nach oben ge­schraubt. Die SNB zog mit einem überraschenden Schritt von 50 Basispunkten nach. Und so wurden manche Marktteilnehmer von der Zurückhaltung der Bank of England überrascht. Vor Bekanntgabe der Zinsentscheidung hatte man am Finanzmarkt eine Wahrscheinlichkeit von 71 % für eine Erhöhung um 50 Basispunkte eingepreist, sagte Giles Coghlan, Chefanalyst der Devisenhandelsplattform HYCM.

Volkswirte hatten jedoch genau die Entscheidung vorhergesagt, die am Ende gefallen ist. Selbst die Zahl der Komiteemitglieder, die sich für eine noch stärkere Erhöhung aussprechen würden, hatten viele antizipiert. Die drei Abweichler – ein Drittel der Stimmberechtigten – Jonathan Haskel, Catherine Mann und Michael Saunders votierten für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten. Bei ihnen handelt es sich um externe MPC-Mitglieder. Kein Mitarbeiter der Zentralbank schloss sich ihnen an. Die MPC-Mehrheit verwies auf die angespannte Lage am Arbeitsmarkt und „Anzeichen für einen breiteren einheimischen Inflationsdruck“, wie dem Protokoll der Sitzung zu entnehmen ist. Die jüngsten Arbeitsmarktdaten, denen zufolge die Realeinkommen wegen des enormen Preisauftriebs so schnell schrumpfen wie in mehr als einem Jahrzehnt nicht, sind vermutlich nicht mehr in die Analyse eingeflossen (siehe Grafik). Die Ökonomen der Bank of England erwarten nun, dass die Teuerungsrate in den kommenden Monaten bei mehr als 9 % liegen und im Oktober auf „etwas mehr“ als 11 % steigen wird. Dann steht eine weitere Erhöhung der Preisobergrenze für Energierechnungen für private Haushalte an. Für das laufende Quartal rechnen die Zentralbankvolkswirte mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 %. Im April ist es den Daten des Statistikamts ONS zufolge bereits geschrumpft, in erster Linie allerdings wegen des niedrigeren Aufwands für das Impf- und Kontaktverfolgungsprogramm des öffentlichen Gesundheitswesens. Die Bank of England hat den Leitzins nun in fünf von sechs Monaten erhöht. So schnell stiegen die Zinsen in Großbritannien zuletzt 1988. Im Protokoll findet sich eine neue Formulierung, die man als „hawkish“ deuten könnte: Das Komitee sei „besonders wachsam, was Anzeichen für hartnäckigeren Inflationsdruck angeht, und würde, falls nötig, mit energischem Handeln darauf antworten“.

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