BIP

Britische Wirtschaft schrumpft nur leicht

Die britische Wirtschaft ist im Juni nicht so stark geschrumpft wie von Volkswirten erwartet. Das Handelsdefizit weitete sich allerdings so stark aus wie in noch keinem Quartal seit Anfang 1997.

Britische Wirtschaft schrumpft nur leicht

hip London

Großbritannien hat als zweites G7-Land nach den USA eine Schrumpfung der Wirtschaft im abgelaufenen Quartal berichtet – was prompt Rezessionsängste schürte. Schatzkanzler Nadhim Zahawi sprach von „schwierigen Zeiten“; die von der Privatwirtschaft gezeigte Widerstandskraft sei allerdings ein gutes Zeichen. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,1 % zurück. Volkswirte hatten im Schritt ein Minus von 0,2 % angesetzt. Für das erste Quartal wurden noch 0,8 % Wachstum ausgewiesen. Im Juni sank die Wirtschaftsleistung um 0,6 %. Für diesen Monat hatten die Ökonomen privater Banken eine Schrumpfung um 1,2 % angesetzt. Der Juni-Wert war wegen des Kronjubiläums von Queen Elizabeth II, das zwei zusätzliche arbeitsfreie Tage mit sich brachte, schwer zu schätzen. Das ONS bat, diesen Umstand bei der Interpretation der Daten zu berücksichtigen. Zudem belasteten Streiks an drei Tagen das Geschehen.

Feiertagseffekt belastet

Es gibt es eine Menge Warnsignale, die auf einen einsetzenden Ab­schwung hindeuten. Das Verbrauchervertrauen ist am Boden. Der Wohnimmobilienmarkt beginnt, sich etwas abzukühlen. Der Druck auf die Finanzen der privaten Haushalte nehme zu, warnte der Volkswirt Thomas Sgouralis von Moody‘s Analytics: „Starken Erhöhungen der Energierechnungen im April werden im Jahresverlauf sehr starke weitere Erhöhungen folgen.“

Die Bank of England hat vor einer zum Jahresende einsetzenden langen Rezession gewarnt. „Aber wenn das Vereinigte Königreich in eine Rezession geht, glauben wir nicht, dass das der Anfang davon ist“, schrieb die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins. Sie rechnet für Juli mit einer Umkehrung des Feiertagseffekts, der das BIP im Juni belastet hat. Das Wachstum könnte sich dann zumindest noch im laufenden Quartal über der Nulllinie bewegen – eine Erwartung, die von der Bank of England geteilt wird. Devisenmarktstrategen wie Derek Halpenny von der japanischen Finanzgruppe MUFG in London gehen davon aus, dass die jüngsten Daten das Pfund kurzfristig unterstützen könnten.

Ein Blick auf die Details zeigt, dass das Gesundheitswesen im zweiten Quartal den größten Beitrag zur ­wirtschaftlichen Schrumpfung leis­tete. Die entsprechende Kategorie „Humangesundheit und Sozialarbeit“ verzeichnete einen Rückgang von 5,4 %. Ironischerweise liegt das daran, dass die Pandemie verebbt und sowohl die Impfkampagne als auch das Kontaktverfolgungsprogramm des öffentlichen Gesundheitswesens heruntergefahren werden konnten. Die Unternehmens­investitionen ( +3,8 %) stiegen dagegen so stark wie seit dem zweiten Quartal 2021 nicht mehr. Sie bewegten sich damit allerdings immer noch um 5,7% unterhalb des vor Ausbruch der Pandemie erreichten Niveaus.

Das britische Handelsdefizit weitete sich auf 27,9 Mrd. Pfund aus – der höchste Wert für ein Quartal seit Beginn der Erhebungen im Januar 1997. Steigende Energiepreise leisteten dazu ihren Beitrag. Die Einfuhren stiegen um 14,3 Mrd. auf 206,6 Mrd. Pfund, die Ausfuhren um 12,3 Mrd. auf 178,6 Mrd. Pfund.

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