Konjunkturerholung aus dem Tritt

Chinas Wirtschaft läuft zäher als erwartet

Chinas Konjunkturerholung droht wieder aus dem Tritt zu kommen. Im 2. Quartal wurde mit 4,7 nach zuvor 5,3% ein unerwartet mäßiges Wachstumstempo vorgelegt. Während die Industrieproduktion solide wirkt, fällt der Konsum aus dem Rahmen. Eine Stabilisierung des Immobilienmarkts ist nicht in Sicht.

Chinas Wirtschaft läuft zäher als erwartet

Chinas Wirtschaft läuft zäh

BIP wächst nur um 4,7 Prozent – Konsumschwäche beunruhigt – Immobilienmisere hält an

Chinas Konjunkturerholung droht aus dem Tritt zu geraten. Im zweiten Quartal wurde mit 4,7 nach zuvor 5,3% ein unerwartet mäßiges Wachstumstempo festgestellt. Während die Industrieproduktion solide wirkt, fällt der Konsum aus dem Rahmen. Eine Stabilisierung des Immobilienmarkts ist zudem nicht in Sicht.

nh Schanghai

Zum Auftakt des Volkskongresses in Peking muss China enttäuschende Wirtschaftszahlen präsentieren. Das BIP legte im Juni-Quartal nur noch um 4,7% gegenüber der Vorjahresperiode zu. Nach dem einigermaßen schwungvollen Start ins Jahr mit 5,3% Wachstum für die ersten drei Monate, macht sich nun ein überraschend deutlicher Tempoverlust bemerkbar. Die Konsensschätzung der Analysten hatte bei 5,1% gelegen.

Wachstumsziel wackelt

Die Entschleunigung steht im Zusammenhang mit einer seit wieder nachlassenden Konsumkonjunktur und anhaltenden Problemen am Immobilienmarkt. Trotz eines robusten Verlaufs der Industrieproduktion, einer Wiederbelebung der Exportwirtschaft und dem Hochfahren von öffentlichen Anlageinvestitionen ist es nicht gelungen, eine nachhaltigere Konjunkturerholung einzuleiten. Damit droht auch das bei 5% stehende offizielle Jahreswachstumsziel der Regierung wieder in Gefahr zu geraten.

Stimuli erforderlich

Für die erste Jahreshälfte liegt man nun zwar genau bei 5%, doch sind weitere Eintrübungen möglich, die beherztere fiskalische und monetäre Impulse in den kommenden Monaten erfordern könnten. Die Problematik lässt sich auch an den vom Pekinger Statistikbüro am Montag parallel veröffentlichten monatlichen Wirtschaftsleistungsdaten erkennen. Im Juni legte die Industrieproduktion mit 5,3% gegenüber Vorjahresmonat zu. Dies liegt im Rahmen der Erwartung und ist eine solide Performance, reicht aber nicht aus, um Schwungverluste auf Ebene des Konsums zu kompensieren.

Bei den Juni-Daten ragt die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze negativ heraus. Sie haben zuletzt nur noch um 2% zugelegt, ein für chinesische Verhältnisse extrem geringer Wert. Zuvor im Mai hatte der Anstieg noch 3,7% betragen. Die Konsumflaute ist Ausdruck einer weiterhin schwachen Binnennachfrage, und angesichts eines sehr gedämpften Preisklimas nur schwer in den Griff zu bekommen.

Preiskampf im Automarkt

Chinas Verbraucherpreise befinden sich seit mehr als einem Jahr nahe an der Nulllinie, zuletzt im Juni stieg der Konsumpreisindex lediglich um 0,2%. Deflationsgefahren sind damit immer noch nicht gebannt und färben auf das Verbraucherverhalten ab. Besonders deutlich sieht man dies gegenwärtig im Pkw-Markt, wo im Segment der Elektrofahrzeuge ein harter Preiswettbewerb entfaltet hat, der die Kunden in Erwartung weiterer Preisnachlässe Kaufentscheidungen aufschieben lässt. Zuletzt haben sich chinesische E-Autos nochmals um gut 6% gegenüber Vorjahr verbilligt.

Consumer Downgrading

Auch bei anderen größeren Haushaltsanschaffungen ist die Zurückhaltung greifbar. Im Frühjahr hatte ein Schub bei Reiseaktivitäten sowie eine Nachfragebelebung in der Gastronomie und Unterhaltungssektoren einige Hoffnungen auf eine Festigung des Konsumklimas gemacht. Tatsächlich aber macht sich eher ein „Consumer Downgrading“ bemerkbar, das von einem angeknacksten Wirtschaftsvertrauen zeugt, und Nachfrageschwerpunkte auf billigere Konsumgüter und Dienste verlagern lässt.

Bei den Anlageinvestitionen kann dank forcierte Infrastruktur- und Industrieförderungsprogramme das Tempo gehalten werden. In der ersten Jahreshälfte legten sie um 3,9% gegenüber der Vorjahresperiode zu. Allerdings bedarf es gewaltiger Anstrengungen bei den öffentlichen Investitionen, um den Niedergang der überwiegend privaten Immobilieninvestitionen zu kompensieren. In der ersten Jahreshälfte fielen sie um gut 10% weiter zurück. Auch stecken die Immobilienentwickler weiter in der Absatzflaute fest. In den ersten sechs Monaten sind die Wohnungsverkäufe nach Fläche um 19% gegenüber Vorjahr geschrumpft.

Wohnungspreise unter Druck

Trotz einer im Mai losgetretenen Stützungsinitiative der Regierung, lässt die erhoffte Stabilisierung der Wohnimmobilienpreise weiter auf sich warten. Die neuen Zahlen des Statistikbüros sind nicht geeignet, Mut zu machen. So sind die Durchschnittspreise gegenüber Vormonat um 0,7% gesunken. Auf Jahresbasis sieht man einen verschärften Preisrückgang um 4,5%, die höchste Abstiegsrate seit der Häuserpreiskorrektur des Jahres 2015.

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