Deutsche Verbraucher im Jammertal
ba Frankfurt
Die Talfahrt der Verbraucherstimmung in Deutschland hat sich angesichts von Energiekrise und rekordhoher Inflation im September beschleunigt. Die Einkommenserwartungen sind niedrig wie noch nie, an Anschaffungen ist kaum zu denken und die Verbraucher rechnen damit, dass die deutsche Wirtschaft nicht zuletzt wegen des schwächelnden Konsums in die Rezession rutscht.
Die Nürnberger GfK prognostizieren für das Konsumklima im Oktober ein Minus um 5,7 Punkte auf ein Rekordtief von –42,5 Zählern. Ökonomen hatten zwar einen weiteren Rückgang erwartet, aber im Schnitt einen Wert von –38,8 Punkte auf dem Zettel stehen. So wie den deutschen Konsumenten geht es auch jenen im Euroraum: Das von der EU-Kommission erhobene Verbrauchervertrauen war laut Erstschätzung im September ebenfalls auf ein Allzeittief gefallen und es steht nicht zu erwarten, dass bei der Veröffentlichung der endgültigen Daten an diesem Donnerstag der Wert von –28,8 Punkte nach oben revidiert wird.
Sorgen um Energie belasten
„Die derzeit sehr hohen Inflationsraten von knapp 8% führen zu großen realen Einkommenseinbußen unter den Verbrauchern und damit zu einer deutlichen geschrumpften Kaufkraft“, erklärte GfK-Experte Rolf Bürkl zur Konsumklimastudie September. „Viele Haushalte sind momentan gezwungen, deutlich mehr Geld für Energie auszugeben beziehungsweise für deutlich höhere Heizkostenabrechnungen zurückzulegen.“ Entsprechend müssten sie bei anderen Ausgaben, wie zum Beispiel neuen Anschaffungen, sparen. Dem Konsumklima stünden in den kommenden Monaten schwierige Zeiten bevor, da im Moment nicht absehbar sei, wann sich die Inflation wieder spürbar abschwäche. Ökonomen erwarten allerdings, dass die Jahresteuerungsrate mit dem Auslaufen von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket zunächst noch stärker anzieht: Das Statistische Bundesamt könnte an diesem Donnerstag gar einen zweistelligen Wert vermelden. Eine spürbare und nachhaltige Erholung des Konsumklimas sei erst bei einer rückläufigen Inflation zu erwarten – und dazu müsste für den Ukraine-Krieg, eine der wesentlichen Ursachen der starken Energiepreiserhöhungen, eine Lösung gefunden werden und andererseits die restriktiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank fortgeführt werden. Letzteres berge allerdings auch die Gefahr in sich, das rezessive Tendenzen noch verstärkt würden.
Dass die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr in die Rezession rutscht ist, bereits Konsens unter den Experten – die Frage ist nurmehr, wie tief und langwierig sie sein wird. Ökonomen haben zuletzt reihenweise ihre Wachstumsprognosen nach unten geschraubt, wie gestern das IMK (siehe Bericht auf dieser Seite). Auch die Verbraucher rechnen nun verstärkt mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung über mindestens zwei Quartale – einer sogenannten technischen Rezession. Der GfK-Indikator der Konjunkturerwartungen rutschte um 4,3 auf –21,9 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit Mai 2009, während der globalen Finanzkrise. Nicht nur private Haushalt, auch Unternehmen würden sich um die explosionsartig gestiegenen Energiekosten sorgen. Einige energieintensive Unternehmen haben bereits ihre Produktion bereits mangels Rentabilität zurückgefahren. Durch den Lieferkettenstress, der sich laut der jüngsten Ifo-Umfrage wieder verschärft hat, drohen weitere Produktionseinschränkungen.
Der erneute Rutsch des Konsumklimas ist diesmal laut den Nürnberger Konsumforschern hauptsächlich auf den Absturz der Einkommenserwartung zurückzuführen. Der Indikator ist um 22,4 auf –67,7 Punkte gesunken. Seit Beginn der Erhebungen für Gesamtdeutschland im Jahre 1991 sei kein niedrigerer Wert für die Einkommensaussichten gemessen worden. Aber auch die Anschaffungsneigung hat den Abwärtstrend fortgesetzt: Der entsprechend Indikator ist um 3,8 auf –19,5 Punkte gefallen. Dies ist der niedrigste Wert seit Oktober 2008, also ebenfalls zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise.