Exportwirtschaft

„Deutschland braucht ein neues Geschäftsmodell“

Die Bayerische Landesbank stellt eine Zeitenwende fest. Der Krieg in der Ukraine beschleunigt nach Ansicht des Chefvolkswirts ein Ende der Globalisierung.

„Deutschland braucht ein neues Geschäftsmodell“

jh München

In den Folgen des Kriegs in der Ukraine erkennt die Bayerische Landesbank (BayernLB) eine Zeitenwende. „Deutschland braucht ein neues Geschäftsmodell“, sagte Chefvolkswirt Jürgen Michels in einem Pressegespräch. Der Krieg beschleunige eine Entwicklung, die die BayernLB schon vor zwei Jahren geahnt habe: „Die Globalisierung neigt sich dem Ende zu.“

Die Bildung von politischen Blöcken in der Welt gefährdet nach Ansicht der Landesbank die deutsche Exportwirtschaft. Die lokale Pro­duktion in einzelnen Ländern gewinne dagegen an Bedeutung. Sanktionen wie gegen Russland zwingen nach Michels’ Meinung die deutschen Unternehmen, Beschaffungs- und Absatzmärkte zu überdenken. Klumpenrisiken müssten abgebaut werden.

Er rechnet damit, dass die Wirtschaftsbeziehungen zu China reduziert werden. Das könnte etwa eine Dekade dauern. Ein Grund dafür sei die wachsende Einflussnahme des Staates. Michels spricht von einer regulatorischen Dominanz. Für Investitionen in China würden schon höhere Risikoprämien verlangt. Michels rechnet mit negativen Reaktionen der Kunden von Unternehmen wie Volkswagen, die nach der Devise „Wandel durch Handel“ uneingeschränkt an China festhalten.

Für die deutsche Wirtschaft erwartet die BayernLB in diesem Jahr nur noch ein Wachstum von 1,3%. Als ein Grund für die etwa im Vergleich zum Internationalen Währungsfonds pessimistische Prognose nannte Michels die „große Verunsicherung der Konsumenten“, die das Wachstum dämpfe. „Wir sind in einer Stagflation“, sagte er. Das letzte spürbare Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland habe es im dritten Quartal 2021 gegeben. Der Volkswirt rechnet allerdings damit, dass die Inflation mit 7,9% im Mai nahe ihres Höhepunkts sei.