KommentarBundestagswahl

Die neue Koalition darf nicht bloß auf Nummer sicher setzen

Als Kanzlerkandidat hat Friedrich Merz stark auf das Thema innere und äußere Sicherheit gesetzt. Ob er als Kanzler Erfolg hat, dürften aber andere Themen entscheiden.

Die neue Koalition darf nicht bloß auf Nummer sicher setzen

Bundestagswahl

Nicht bloß auf Nummer sicher

Von Sebastian Schmid

Als Kanzlerkandidat
hat Friedrich Merz zuletzt auf die Themen
Migration und Sicherheit gesetzt. Ob er als Kanzler Erfolg hat, dürften andere Themen
entscheiden.

Das Aufatmen in weiten Teilen der Republik ist erst einmal groß. Weil FDP knapp und BSW hauchdünn am Einzug in den Bundestag gescheitert sind, reicht es gerade so für eine Koalition aus Union und SPD. Das vereinfacht die Koalitionsgespräche, für die CDU-Chef Friedrich Merz bereits vier Themen als prioritär identifiziert hat: Außen- und Sicherheitspolitik, Migrationspolitik und Wirtschaftspolitik. Beim Thema Migration hat er sich bereits weit aus dem Fenster gelehnt und markige Versprechungen gemacht. Bei den Themen Außen- und Sicherheitspolitik stehen sich CDU/CSU und SPD traditionell nahe. Unterschiedliche Ansätze fahren sie derweil in der Wirtschaftspolitik. Und hier liegt auch das Risiko der neuen Konstellation im Bundestag.

Denn die SPD wird es künftig mit zwei linken Oppositionsparteien zu tun haben. Bei der wieder erstarkten Linken zählt eine kräftige Umverteilung seit jeher zum Programm. Und die Grünen haben mit ihrem unausgegorenen Vorschlag zur Finanzierung der Sozialversicherung über Abgaben auf Kapitalerträge von Spitzenkandidat Robert Habeck im Wahlkampf bereits einen leichten, wenn auch missglückten Linksschwenk vollzogen. In der Opposition dürfte der Realo-Flügel, dem auch Habeck angehört, nur weiter an Bedeutung verlieren.

Was droht, ist ein Bundestag, in dem eine deutlich erstarkte AfD-Fraktion die Union bei der Migrationspolitik vor sich hertreibt und die SPD von Linken und Grünen in der Sozialpolitik getrieben wird. Das darf indes nicht dazu führen, dass die Parteien auf Nummer sicher gehen und nur in der Außen- und Sicherheitspolitik wirklich mutige Veränderungen anstoßen. Die Nachwahlbefragung hat bestätigt, dass der Zulauf der Parteien an den Rändern von einem Faktor auch wesentlich abhängt: wie die persönliche finanzielle Situation eingeschätzt wird.

Kurzfristig mag Umverteilung helfen. Langfristig verkleinert sie den zu verteilenden Kuchen, weil Kapital vom Standort abfließt. Um alltägliche Probleme der Bürger wie Wohnungsnot oder eine marode Infrastruktur anzugehen, bräuchte es vor allem mehr private Investitionen. Populär ist eine investorenfreundlichere Politik hierzulande zwar sicher nicht. Angesichts des Aufstiegs der Populisten ist es aber auch nicht die Zeit, jetzt auf Nummer sicher zu setzen.

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