Geldpolitik

Die Schweiz beschleunigt den Zinsabbau

Zinssenkungen bleiben unser Hauptinstrument sagt SNB-Chef Martin Schlegel und erklärt, weshalb die Schweizer Notenbank ihren Leitzins gleich auf 0,5% halbiert hat.

Die Schweiz beschleunigt den Zinsabbau

Die Schweiz beschleunigt den Zinsabbau

Notenbank reagiert auf starken Rückgang der Teuerung – Es drohen wieder Negativzinsen

dz Zürich -

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat an ihrer letzten Zinssitzung im Jahr gleich eine Halbierung des Leitzinssatzes auf nur mehr 0,5% beschlossen. Den Schweizern wäre ein gemächlicherer Zinsabbau lieber gewesen. Doch im Frankenraum fällt die Inflation seit Sommer in einem Tempo, das Nationalbank-Chef Martin Schlegel und sein Direktorium offensichtlich zur Eile mahnt. Noch scheint die Teuerung mit einem von der SNB erwarteten Jahresdurchschnittswert von 1,1% in der Komfortzone zu liegen. Die SNB definiert Preisstabilität im Band zwischen 0% und 2%. Doch die Inflationsprognose für das kommende Jahr ist für den jüngsten, großen Zinsschritt schon fast selbsterklärend: Die für 2025 vorausgesagten 0,3% kommen notabene nur unter Berücksichtigung der aktuellen Leitzinssenkung zustande.

Ohne den Schnitt um 50 Basispunkte wäre die Teuerungsprognose 2025 wohl negativ. Dieser Fall dürfte zwischenzeitlich ohnehin eintreten. Der Inflationsrückgang wird sich nun rasch beschleunigen. Hauptgrund sind die Mieten. Diese sind indirekt an den Leitzins gekoppelt und reagieren mit erheblicher Verspätung auf den Zinsabbau. Die Reaktion wird aber heftig ausfallen, weil die Notenbank den Leitzins allein in den vergangenen 12 Monaten von 1,75% auf das neue Niveau von 0,5% gesenkt hat. Importierte Waren üben via Wechselkurs sowieso schon länger eine bremsende Wirkung auf die Inflation aus. Hinzu kommt 2025 eine Senkung der administrierten Strompreise für private Haushalte um 10%.

Unsicheres Wirtschaftsklima

Der Zinsabbau erfolgt in einem unsicheren wirtschaftlichen Klima. Zwar erwartet Martin Schlegels Kollege Antoine Martin für 2025 eine Fortsetzung des moderaten Weltwirtschaftswachstums, das durch eine Erholung der inflationsgeschwächten Kaufkraft privater Haushalte gestützt werden sollte. Doch Wachstumsrhetorik klingt anders. SNB-Ökonomin Petra Tschudin geht für die Schweiz von einem Wachstum von 1% bis 1,5% in 2025 aus. Das entspricht etwa dem Bevölkerungswachstum. Die Arbeitslosigkeit werde leicht zunehmen, die Produktionskapazitäten unterausgelastet bleiben.

Das Klima verlangt nach einer geldpolitischen Lockerung, zumal die monetären Bedingungen in den vergangenen Monaten wohl eher zu restriktiv gewesen waren. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Leitzins schon im Sommer wieder an der Nulllinie ankommt – und weiter sinken könnte. Nicht zufällig sagte Schlegel am Donnerstag an die Adresse der Negativzinskritiker: „Zinssenkungen bleiben unser Hauptinstrument, falls die Geldpolitik weiter gelockert werden muss.“ In Wirtschafts- und Finanzkreisen gibt es einige Akteure, die hinter den Kulissen schon präventiv für eine Rückkehr zu offensiven Devisenmarktintervention statt zu einer Negativzinspolitik lobbyieren.

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