Ecofin

Einigung zur Mindest­besteuerung wird erst einmal vertagt

Die EU-Finanzminister haben sich trotz neuer Kompromissvorschläge nicht auf eine Umsetzung der globalen Mindeststeuereinigung verständigen können. Erfolgreicher verlief die Abstimmung über die Einführung einer CO2-Grenzsteuer.

Einigung zur Mindest­besteuerung wird erst einmal vertagt

ahe Brüssel

Die Umsetzung der auf OECD-Ebene vereinbarten Mindestbesteuerung großer Konzerne in der EU gestaltet sich weiter schwierig. Bei Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel meldeten am Dienstag erneut Schweden, Polen, Malta und Estland Bedenken an. Der französische Finanzminister und derzeitige Ecofin-Vorsitzende Bruno Le Maire konnte einen Kompromissvorschlag mit mehreren substanziellen Änderungen nicht wie erhofft durchbringen. Le Maire betonte, er sei sicher, die Bedenken bis zum nächsten Treffen­ am 5. April ausräumen zu können. Deutschland unterstützte den französischen Kompromissvorschlag.

Um auf die Kritiker zuzugehen, sah der Kompromissvorschlag eine um ein Jahr verschobene Einführung der Mindeststeuer vor. Neuer Stichtag für die Umsetzung wäre damit der 31. Dezember 2023 gewesen. Außerdem sollten die kleineren Mitgliedsländer, in denen nicht mehr als zehn multinationale Konzerne von der neuen Mindestbesteuerung betroffen sein werden, eine fünfjährige Ausnahmeregelung erhalten. Die dritte Forderung der Kritiker war, die im Herbst auf OECD-Ebene in der sogenannten Säule 2 beschlossene Mindeststeuer zusammen mit den Säule-1-Beschlüssen umzusetzen, die die Besteuerungsrechte großer Digitalkonzerne betreffen. Die Verknüpfung der beiden Säulen soll nun in einer eigenen Erklärung noch einmal klargestellt werden.

Diese Änderungen reichten den Kritikern allerdings noch nicht, auch wenn sie die Vorschläge als positiv einstuften. Polen verlangte etwa rechtsverbindliche Zusagen für eine Paketlösung der beiden Säulen. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni kündigte einen Gesetzesvorschlag der Kommission zu Säule 1 für Ende Juli an und damit etwas später als bisher geplant. „Für uns sind beide Säulen der OECD-Einigung gleich wichtig“, betonte Gentiloni und verwies auf Planungen, wonach ein Teil der Einnahmen aus der Säule-1-Besteuerung auch in den EU-Haushalt fließen soll.

Einstimmigkeit gefragt

Die OECD-Einigung im vergangenen Oktober und der Umsetzungsvorschlag der EU-Kommission aus dem Dezember sahen eine effektive Mindeststeuer von 15% vor, die eigentlich am 1. Januar 2023 eingeführt werden soll. Betroffen davon sind große inländische und internationale Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 750 Mill. Euro, die mit ihrer Mutter- oder einer Tochtergesellschaft in einem EU-Land ansässig sind. Die Umsetzung in der EU muss von den Mitgliedstaaten einstimmig beschlossen werden.

Grünes Licht gaben die EU-Finanzminister dagegen einer gemeinsamen Verhandlungsposition zum umstrittenen CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism). Dieser soll Importe bestimmter Produkte ab 2026 mit einer zusätzlichen CO2-Abgabe versehen, wenn diese aus Ländern mit geringeren Klimaanstrengungen kommen. Der neue Grenzausgleich wird schrittweise eingeführt und gilt zunächst nur für Güter, denen ein hohes Carbon-Leakage-Risiko zugeschrieben wird: Eisen und Stahl, Zement, Düngemittel, Aluminium und die Stromerzeugung.

„Wir können unsere Wirtschaft nicht ohne ein Grenzausgleichssystem dekarbonisieren“, betonte Le Maire. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der EU-Kommission sprachen sich die Finanzminister für ein zentrales Register der betroffenen Importeure auf EU-Ebene aus. Zugleich wollen sie Sendungen mit einem Wert von weniger als 150 Euro von den CBAM-Verpflichtungen ausnehmen, um den Verwaltungsaufwand zu senken.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte in Brüssel, dem neuen Grenzausgleich komme im EU-Klimapaket „Fit for 55“ eine Schlüsselrolle zu. Es gebe aber noch Diskussionsbedarf – insbesondere bezüglich der Rolle der kostenlos zugeteilten Emissionszertifikate für die Industrie, beim Schutz der Exportwirtschaft sowie der Verwendung der Einnahmen. Zudem müsse CBAM langfristig in einen offenen Klimaclub auf internationaler Ebene eingebettet werden.

Nach den Worten von Lindner muss auch das Zusammenspiel mit der parallel verhandelten Reform des Emissionshandels geprüft werden. Erst in einer Gesamtschau des „Fit for 55“-Pakets könnten dann Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und das Klima bewertet werden. Eventuell müssten die CBAM-Regeln dann noch einmal angepasst werden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.