EU ebnet Weg für Strafzölle
EU ebnet Weg für Strafzölle
Keine Blockade der nationalen Regierungen gegen Aufschläge auf Elektroautos aus China – Deutsche Industrie enttäuscht
Nur wenige nationale Regierungen haben am Freitag gegen üppige Strafzölle auf importierte Elektroautos aus Chinas gestimmt. Deshalb kann die EU-Kommission dieses handelspolitische Instrument nun einsetzen – sofern in letzter Minute keine Verständigung mit Peking mehr über Auswege gelingt.
fed Frankfurt
Die EU-Kommission kann die von ihr vorgeschlagenen Strafzölle von bis zu 35,3% auf Elektroautos, die aus China in die Europäische Union importiert werden, demnächst in Kraft setzen. Bei einer Abstimmung am Freitag stimmten neben Deutschland zu wenige andere nationale Regierungen gegen den Vorschlag der EU-Behörde, um dies zu verhindern. Offizielle Angaben gibt es zwar nicht. Allerdings wird in Brüssel herumgereicht, dass 10 Länder für Strafzölle gestimmt haben, nur fünf dagegen und 12 Regierungen mit Enthaltung votiert haben. Für eine Blockade erforderlich wären mindestens 15 Nein-Stimmen gewesen.
Von den Strafzöllen sind chinesische Produzenten wie BYD, SAIC und Geely betroffen, aber auch der US-Produzent Tesla und die deutschen Hersteller Volkswagen und BMW, die gemeinsam mit ihren Joint-Venture-Partnern Autos in China bauen und anschließend nach Europa importieren. Sie werden künftig einen Aufschlag von gut 20% berappen müssen, zusätzlich zum Basiszollsatz von 10%. Für Tesla und für einzelne chinesische Autobauer fallen die Strafzölle geringer aus, was am Freitag erneut scharf vom Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) kritisiert worden ist.
Grund für die Strafzölle sind Untersuchungen der EU-Kommission, die zum Ergebnis kommen, dass die Produktion von Elektroautos in China in unlauterer Weise von Subventionen des Staats profitieren, etwa bei der Zurverfügungstellung von Standorten oder beim Einkauf von Batterien.
Hoffen auf Verhandlungslösung
Innerhalb der Bundesregierung war die Positionierung für oder gegen Strafzölle bis zuletzt umstritten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte wiederholt seine Sympathie für die Verhängung der Extra-Aufschläge signalisiert. Am Freitag kommentierte er das Votum der Mitgliedstaaten, es benötige bei der Frage von Ausgleichszöllen „einer Verhandlungslösung“. Damit spielt er darauf an, dass die Gespräche, die in den vergangenen Wochen unter anderem von EU-Vizepräsident Valdis Dombrovskis und dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao geführt worden sind, nun fortgesetzt werden sollen. Einige EU-Abgeordnete setzen darauf, dass die EU nach dem Votum nun offensiver und entschlossener in diesen Verhandlungen auftreten kann.
VDA lobt Bundesregierung
VDA-Präsidentin Hildegard Müller unterstrich nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses zunächst einmal ihre Zufriedenheit darüber, dass sich die Bundesregierung gegen Strafzölle gestellt habe. Das sei ein „richtiges Signal“. Demgegenüber sei das Votum insgesamt „ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit.“ Sie hofft, dass die Verhandlungen zwischen Brüssel und Peking eine Eskalation verhindern, „also idealerweise die Zölle doch noch abwenden, damit wir keinen Handelskonflikt riskieren.“ Auch eine Verlängerung der Verhandlungen sei nach wie vor eine Option. Denn Handelskonflikte kennen ihrer Ansicht nach nur Verlierer.
Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie, des BDI, Tanja Gönner, stieß ins gleiche Horn wie die VDA-Präsidentin. „Der Beschluss zu den Ausgleichszöllen im Markt für Elektroautos darf auf keinen Fall das Ende der Gespräche bedeuten.“
Kommentar zu den Autozöllen: Europas Dilemma