EU senkt Wachstumsprognose für 2025
EU senkt Wachstumsprognose
Erholung bis 2026 erwartet – Binnennachfrage soll anziehen – Wenig Zutrauen in Deutschland
Die EU-Kommission erwartet für die Euro-Wirtschaft ein bescheidenes Wachstum, das sich in den kommenden beiden Jahren beschleunigen dürfte. Als Treiber gilt die Binnennachfrage. Die Inflation indes dürfte weiter nachlassen. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni mahnt zudem Strukturreformen an.
ba Frankfurt
Die Wirtschaft im Euroraum wird sich nach Einschätzung der EU-Kommission langsamer erholen als bislang erwartet. „Nach einer längeren Phase der Stagnation kehrt die EU-Wirtschaft zu einem bescheidenen Wachstum zurück, während der Disinflationsprozess fortgesetzt wird“, heißt es in der Herbstprognose der Brüsseler Behörde. Für das laufende Jahr wird ein Wachstum von 0,8% erwartet, das sich in den beiden folgenden Jahren auf 1,3% und 1,6% beschleunigen soll. Im Mai war die Kommission für 2025 allerdings noch von einem Plus von 1,4% ausgegangen.
Binnennachfrage soll anziehen
Als Schwunggeber identifiziert EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni die abflauende Inflation und den robusten Arbeitsmarkt mit rekordniedrigen Arbeitslosenquoten, die bei den Verbrauchern für bessere Laune und damit mehr Konsum sorgen soll. Die Investitionen dürften dank besserer Kreditbedingungen und der europäischen Aufbaufazilität anziehen. Vom Außenhandel erwartet sich die Kommission einen neutralen Beitrag, da Ausfuhren und Einfuhren in etwa gleichem Tempo wachsen dürften. Zu den Abwärtsrisiken der Prognose gelten neben den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und dem Nahen Osten auch Naturkatastrophen, wie aktuell das Beispiel Spanien zeige.
Plädoyer für Reformen
Die EU-Mitgliedstaaten stünden vor der Herausforderung, die Schulden abzubauen, ohne das Wachstum zu behindern, sagte Gentiloni. Zugleich betonte er, wie wichtig Investitionen und Strukturreformen seien, um das Potenzialwachstum zu erhöhen, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten besser bewältigen zu können. Dazu zählt er auch Handelskonflikte, die durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten drohen. Eine protektionistische Wende in der US-Handelspolitik wäre für die USA und Europa äußerst schädlich. Von höheren Zöllen wären wohl Deutschland und Italien stärker betroffen als andere EU-Mitglieder, betonte Gentiloni.
Wenig Zutrauen in Deutschland
Italien und Deutschland sind denn auch die beiden Länder, die das Schlusslicht unter den großen Volkswirtschaften im gemeinsamen Währungsraum sind. Die deutsche Wirtschaft wird der Herbstprojektion zufolge auch in diesem Jahr schrumpfen, und zwar um 0,1% nach dem Minus von 0,3% im vergangenen Jahr. Die für 2025 vorhergesagten +0,7% wären die geringste Rate unter allen 20 Euro-Mitgliedern. Für 2026 werden +1,3% avisiert – nur Italien liegt mit 1,2% darunter.
Inflation nähert sich EZB-Ziel an
Fortschritte erwartet die Brüsseler Behörde bei der Inflation, wenngleich der Preisdruck bei den Dienstleistern nach wie vor hoch ist. Ab Anfang kommenden Jahres dürfte sie aber wegen negativer Basiseffekte, langsamerem Lohnwachstum und einem erwarteten Produktivitätsanstieg nachlassen. Dies schaffe die Voraussetzung, dass die Inflation Ende 2025 auf das EZB-Ziel von 2% fällt. Konkret erwartet die Kommission, dass sich die Inflation von 2,4% in diesem Jahr 2025 auf 2,1% und 2026 auf 1,9% abschwächt.