Euro-Wirtschaft schwenkt auf Rezessionskurs um
Euro-Wirtschaft schwenkt auf Rezessionskurs um
Einkaufsmanagerindex sackt ab − Lage der Industrie verschärft sich − Frankreichs Wirtschaft schrumpft
Der positive Olympia-Effekt hat sich gerade einmal einen Monat gehalten. Im September ist der Einkaufsmanagerindex nicht nur in Frankreich, sondern auch im Euroraum in den rezessiven Bereich abgetaucht. Hauptbremsfaktor bleibt aber Deutschland. Nach der Industrie schwächeln nun auch die Dienstleister.
ba Frankfurt
Die deutsche Wirtschaft ist im September wegen der kriselnden Industrie kräftig geschrumpft und reißt nun auch die Euro-Wirtschaft in den rezessiven Bereich. Die vorläufigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfrage für Industrie und Dienstleister zusammen (PMI Composite) zeigen, wie trübe die Aussichten derzeit für die Konjunktur im gemeinsamen Währungsraum, aber auch in deren größten Volkswirtschaften sind. Einzig die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte Positives aus den Euroraum-Daten ziehen: So hat sich die Dynamik bei den Einkaufs- und Verkaufspreisen verlangsamt.
Der PMI Composite für den Euroraum ist im September um 2,1 auf 48,9 Punkte gefallen. Ökonomen hatten den ersten Rückgang seit Februar zwar erwartet, aber mit einem neuen Zählerwert von 50,5 gerechnet. Damit ist das an den Märkten viel beachtete Frühbarometer unter die neutrale 50-Punkte-Schwelle gerutscht und signalisiert ein Schrumpfen der Wirtschaft. S&P Global verzeichnete dabei den stärksten Rückgang der Auftragseingänge seit Januar, ein beschleunigtes Absinken der Auftragsbestände sowie ein Zehn-Monats-Tief bei den Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist. Daher setzte sich der Stellenabbau zum zweiten Mal in Folge fort. „Bremsfaktor Nummer 1 war erneut die Industrie“, der Index gab um 1,0 auf 44,8 Punkte nach. Der Dienstleistungsindikator fiel um 2,4 auf 50,5 Zähler und signalisiert damit nur noch ein schwaches Wachstum.
„Die Eurozone steuert auf eine Stagnation zu“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. „Nachdem die Konjunktur im ersten Halbjahr angezogen hatte, lässt der Einbruch der Stimmungsindikatoren für das dritte Quartal nichts Gutes erwarten“, mahnt Commerzbank-Ökonom Vinzent Stamer. „Offenbar belasten die hohen Zinsen noch immer die Investitionstätigkeit, und der private Konsum nimmt allenfalls moderat zu.“ In den ersten beiden Quartalen war das BIP im Euroraum noch um 0,3% und 0,2% gestiegen. Die Volkswirte der EZB haben in ihren jüngsten Projektionen die Prognose für dieses Jahr auf 0,8% gesenkt. „Während die Währungshüter die Inflation als so gut wie besiegt betrachten, dürfte sich die Aufmerksamkeit mehr und mehr auf die schwache Konjunktur verlagern“, erwartet Stamer.
Ursächlich für den PMI-Rückgang ist laut de la Rubia auch der Wegfall des Olympia-Effekts, der das Schwergewicht Frankreich im August noch nach oben gezogen hatte. Der PMI Composite für Frankreich ist um 5,7 auf 47,4 Punkte gefallen, das ist der niedrigste Stand seit acht Monaten. Maßgeblich war hier der Dienstleisterindex, der um 6,7 auf 48,8 Zähler rutschte. Das Industriebarometer bleibt trotz des Plus von 0,1 auf 44,0 Punkte deutlich im rezessiven Bereich. Allerdings endete die Umfrageperiode, bevor Frankreichs neue Regierung vorgestellt wurde, betont Christian Melzer von der DekaBank.
In Deutschland erwies sich vor allem die Industrie erneut als schwach (−2,1 auf 40,3 Punkte), so dass es für die gesamte Wirtschaft mit beschleunigter Rate abwärts ging. Der PMI Composite gab um 1,2 auf 47,2 Punkte nach. Auch hier hielten sich die Dienstleister mit einem Minus von 0,6 auf 50,6 Punkte nur mehr knapp über der Expansionsschwelle. Für die übrigen von der Umfrage erfassten Länder ist ein schmales Plus zu erwarten.
Ähnliches Bild bei den Briten
Auch in Großbritannien hat der PMI Composite mit 0,9 auf 52,9 Zähler stärker nachgegeben als erwartet. Die Prognose lag bei 53,5 Punkten. Der erste Rückgang seit Juni war breit basiert: Der Dienstleisterindex gab um 0,9 auf 52,8 Punkte nach, der Industrieindikator sank um 1,0 auf 51,5 Punkte. Laut S&P belasteten das schwache Kundenvertrauen sowie der fortgesetzte Abbau der Lagerbestände.