EZB legt Zinspause ein und richtet Blick auf September-Sitzung
Die EZB verzichtet angesichts der unsicheren Inflationsaussichten auf eine zweite Zinssenkung in Folge. Der für die Geldpolitik wichtige Einlagensatz verbleibt bei 3,75%, wie die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. „Die neu verfügbaren Daten stützen weitgehend seine bisherige Einschätzung der mittelfristigen Inflationsaussichten“, heißt es im Kommuniqué des EZB-Rats zum Zinsentscheid. Allerdings „sei der binnenwirtschaftliche Preisdruck weiterhin hoch, der Preisauftrieb bei den Dienstleistungen erhöht und die Gesamtinflation dürfte bis weit ins nächste Jahr über dem Zielwert bleiben.“
Der Blick richtet sich damit bereits auf die kommende Sitzung der Notenbank im September. Die meisten Finanzmarktteilnehmer gehen davon aus, dass die EZB dort die Leitzinsen um je 25 Basispunkte senken wird. Nicht zuletzt, weil sowohl EZB-Präsidentin Christine Lagarde als auch Philip Lane, Chefvolkswirt der Notenbank, mittelfristig Spielraum für Zinssenkungen sehen.
Alles offen im September
„Die nächste Sitzung, in der wirklich wieder alles offen sein wird, ist im September“, sagte der niederländische Notenbankpräsident Klaas Knot Anfang Juli. Knot gehört zu denjenigen EZB-Ratsmitgliedern, die die Bedeutung der Projektionen der Notenbank zu Inflation und Wirtschaftswachstum für die Steuerung des geldpolitischen Kurses hervorheben. Die jüngste Prognose aus dem Juni sagt ein nachhaltiges Erreichen des Inflationsziels von 2% für Ende 2025 voraus.
Im Rahmen der geldpolitischen Sitzung im September stehen neue Projektionen der EZB an. Einige Notenbanker halten Zinssitzungen mit neuen Inflationsprognosen für gute Zeitpunkte für eine Lockerung der Geldpolitik – solange dies im Einklang mit den aktualisierten Projektionen steht.
Spätestens Ende kommenden Jahres will die Notenbank ihr Inflationsziel erreichen. Sollte die Prognose im September Zweifel daran wecken, könnte die EZB eine längere Zinspause einlegen, als es die meisten Analysten derzeit erwarten.
Lohnentwicklung im Fokus
Doch nicht nur aktualisierte Prognosen wird die EZB bis zur September-Sitzung vorliegen haben, sondern neben neuen Inflationsdaten auch die Entwicklung der Tariflöhne im zweiten Quartal. Die Notenbank rechnet trotz des Anstiegs der Löhne im ersten Quartal mit einem nachlassenden Lohnwachstum im Laufe des Jahres. Dies bekräftigte Chefökonom Lane zuletzt noch einmal und verwies dabei unter anderem auf Umfragen der EZB. Die befragten Unternehmen würden einen abnehmenden Lohndruck feststellen.
Dies dürfte auch eine Grundvoraussetzung dafür sein, dass die Inflation im Dienstleistungsbereich spürbar fällt. Die Preissteigerungen in diesem Sektor sorgen derzeit dafür, dass der zugrundeliegende Preisdruck in der Eurozone gemessen an der Kerninflation nur langsam zurückgeht. Im arbeitsintensiven Service-Sektor wirken sich hohe Lohnkosten besonders stark auf die Preisentwicklung aus.
Ebenfalls relevant für die kommende Zinsentscheidung werden die wirtschaftliche Entwicklung bis September sowie die neue EZB-Projektion zum Wirtschaftswachstum sein. Zuletzt enttäuschten eine Reihe an Konjunkturindikatoren, insbesondere in Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Währungszone. Eine schwächere Konjunktur dämpft die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen und senkt den Spielraum von Unternehmen für Preiserhöhungen. Beides reduziert den Preisdruck, was der EZB wiederum mehr Spielraum für eine Lockerung der Geldpolitik eröffnen würde.