Geldpolitik

EZB rätselt über Verhalten der Verbraucher

Die Konjunktur in der Eurozone gewinnt nicht an Fahrt. Das liegt auch am niedrigen Konsum der privaten Haushalte. Wieso die Sparrate so hoch ist, stellt die EZB vor Rätsel – und könnte zu einer Zinssenkung Mitte Oktober führen.

EZB rätselt über Verhalten der Verbraucher

EZB rätselt über Verhalten der Verbraucher

Konsum niedrig – Zinssenkung im Oktober wahrscheinlich

mpi Frankfurt

Die Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone nehmen in der EZB zu und dürften die Notenbank zu einer Zinssenkung Mitte Oktober veranlassen. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane betonte auf einer Konferenz der Notenbank in Frankfurt die Fortschritte bei der Disinflation und hob gleichzeitig den schwächelnden Konsum in der Eurozone hervor. Trotz steigender Haushaltseinkommen hielten sich die Verbraucher mit Ausgaben weiterhin zurück. „Es ist eine offene Frage, weshalb die Sparquote derzeit so hoch ist“, sagte Lane. Die EZB müsse dieses Thema im Blick behalten und eruieren, inwieweit das relativ hohe Zinsniveau im Euroraum ein Grund für die hohe Sparquote sein könnte.

Notenbank zu optimistisch

Viele Ökonomen und auch die EZB selbst hatten damit gerechnet, dass der Konsum in diesem Jahr dank der Reallohnsteigerungen vieler Haushalte deutlich anzieht und so die schwächelnde Euro-Konjunktur belebt. Da dies bislang ausgeblieben ist und auch andere Konjunkturindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes enttäuschen, könnte die EZB die Zinsen schneller senken als noch vor einigen Wochen viele Analysten erwartet hatten.

Lane räumte ein, dass die EZB seit längerem bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone zu optimistisch gewesen sei. Mit dem Auslaufen der Pandemie habe man ab 2022 mit einem stärkeren Wirtschaftswachstum gerechnet, als es sich letztendlich gezeigt hat. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ab Februar 2022 könne die gedämpfte wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum in den vergangenen Jahren nur teilweise erklären.

Lane mit Inflationserwartungen zufrieden

Eine schwächere Konjunktur reduziert bei Unternehmen den Spielraum für Preiserhöhungen, was die Inflation dämpft. Diese war im September nach Erstschätzung von Eurostat mit 1,8% unter den Zielwert der EZB von 2% gefallen. Allerdings erwarten Ökonomen, dass die Inflation in den kommenden Monaten wieder anzieht und über 2% liegen wird.

Die EZB will ihr Inflationsziel bis spätestens Ende 2025 nachhaltig erreichen. Lane bekräftigte in seiner Rede am Montag, dass die EZB der Ansicht ist, hierbei auf einem guten Weg zu sein. „Unsere Zuversicht nimmt zu, da sich viele Indikatoren in die richtige Richtung bewegen“, sagte der EZB-Chefökonom. Er verwies dabei unter anderem auf die Inflationserwartungen von Verbrauchern, Unternehmen und befragten Experten. Auch der Blick auf die Lohnentwicklung bereitet Lane keine Sorgen. Das relativ hohe Lohnwachstum dürfte mittelfristig nicht zu einer Inflation oberhalb von 2% führen.

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