Geldpolitik im Euroraum

EZB senkt Leitzinsen, lässt Finanzmärkte aber weiter rätseln

Die EZB senkt den Einlagensatz um 25 Basispunkte. Obwohl die Konjunktur schwächelt, verzichtet sie aber auf Signale für eine schnellere künftige Lockerung. Die nächste Zinssenkung dürfte wohl erst im Dezember anstehen.

EZB senkt Leitzinsen, lässt Finanzmärkte aber weiter rätseln

EZB lässt Märkte nach Zinsschritt weiter rätseln

Notenbank erwartet weniger Wachstum – Lockerung im Oktober dennoch ungewiss

mpi Frankfurt

Die EZB lockert die Geldpolitik, verzichtet jedoch auf konkrete Hinweise zum künftigen Tempo der Zinswende. Wie die Notenbank am Donnerstag mitteilte, sinkt nach einer einstimmigen Entscheidung ab dem 18. September der für die Geldpolitik relevante Einlagensatz (DFR) um 25 Basispunkte. Deutlich stärker geht es beim Hauptrefinanzierungssatz (MRO) und beim Spitzenrefinanzierungssatz (MLF) bergab. Sie fallen jeweils um 60 Basispunkte. Diese Maßnahme soll sicherstellen, dass auch mit dem Abschmelzen der Überschussliquidität im Euroraum genügend Liquidität vorhanden ist.

Der geringere Abstand zwischen DFR und MRO soll Banken Anreize für marktbasierte Refinanzierungslösungen geben. Gleichwohl bleibt der Einlagensatz der für die Geldpolitik relevante Leitzins, wie die EZB betont. Hoffnungen einiger Anleger, die Notenbank könnte den Einlagensatz angesichts der schleppenden konjunkturellen Entwicklung und der Fortschritte beim Rückgang der Inflationsrate bereits im Oktober erneut senken, erfüllte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht.

EZB erwartet weniger Wachstum

„Ich gebe keinerlei Vorabfestlegung ab“, sagte sie auf der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid. Sie betonte, die Notenbank werde weiterhin datenabhängig, aber nicht datenpunktabhängig entscheiden. Der erwartete Rückgang der Inflationsrate im September sollte daher nicht überbewertet werden. Diese Betonung könnte ein Signal gegen eine Lockerung im Oktober sein.

Zudem stellte Lagarde heraus, dass die Projektionen der EZB zu Inflation und Wirtschaftswachstum die Notenbank in ihrer Zuversicht bestärken, dass sie ihr Ziel der Preisstabilität in der zweiten Jahreshälfte 2025 nachhaltig erreicht. Die Vorhersage für das Wirtschaftswachstum reduzierte die Notenbank für die Jahre 2024 bis 2026 jeweils um 0,1 Prozentpunkte. Damit erwartet sie nun ein Wachstum von 0,8% in diesem und 1,3% im nächsten Jahr.

Dienstleitungsinflation erfordert „sehr sorgfältige Überwachung“

Die Prognose für die Inflation bleibt für die Jahre 2024 bis 2026 unverändert. Allerdings hob sie die Werte bei der Kerninflation jeweils um 0,1 Prozentpunkte für dieses und für kommendes Jahr an. Die Teuerung bei Dienstleistungen sei höher ausgefallen als erwartet.

Mit 4,2% ist sie im August auf den höchsten Stand seit fast einem Jahr gestiegen. Um das Inflationsziel 2025 nachhaltig zu erreichen und damit Spielraum für weitere Zinssenkungen zu haben, braucht die EZB einen deutlichen Rückgang der Preissteigerungen im Servicesektor. Das stellte auch Lagarde klar. „Die Inflation bei Dienstleistungen erfordert eine sehr sorgfältige Überwachung“.

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