EZB verlängert Zinspause
Die Europäische Zentralbank (EZB) hält an ihrem aktuellen Zinsniveau fest. Damit verbleibt der Einlagensatz bei 4%, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Nach zehn Zinserhöhungen in Folge in einem beispiellosen Straffungszyklus um insgesamt 450 Basispunkte ist das Zinsniveau damit seit September 2023 konstant. „Die aktuellen Daten bestätigen weitgehend seine bisherige Einschätzung der mittelfristigen Inflationsaussichten“, heißt es im EZB-Kommuniqué zum Zinsentscheid. In ihrer aktuellen Projektion erwartet die EZB nicht, dass sie ihr Inflationsziel schon in diesem Jahr erreicht. Auf Hinweise auf den möglichen Zeitpunkt einer ersten Zinssenkung verzichtet die EZB in ihrem Kommuniqué.
Im EZB-Rat sei man sich einig gewesen, dass es "zu früh sein", über Zinssenkungen zu sprechen, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss in Frankfurt. Konsens herrsche unter den Währungshütern auch darüber, dass der geldpolitische Kurs weiter an Daten und nicht am Kalender auszurichten sei, sagte sie auf die Frage, ob Zinssenkungen im März oder April vom Tisch seien. "Wir haben unsere Abhängigkeit von den Daten bestätigt", fügte sie hinzu.
Ökonomen und Anleger hatten eine Verlängerung der Zinspause erwartet. Angesichts der nachlassenden Inflation und der weiter mauen Euro-Konjunktur rechnen sie jedoch mit Zinssenkungen der EZB in den kommenden Monaten. Die Einschätzungen zum Zeitpunkt der ersten Lockerung gehen dabei auseinander.
Lohnentwicklung im Fokus der EZB
An den Geldmärkten ist derzeit eine erste Zinssenkung für den April eingepreist. Das Gros der Ökonomen ist etwas zurückhaltender und setzt derzeit auf die Juni-Sitzung der EZB. Dies steht im Einklang mit Aussagen einiger EZB-Ratsmitglieder in den vergangenen Wochen. So hatte unter anderem EZB-Präsidentin Christine Lagarde gesagt, dass sie eine Zinssenkung im Sommer für wahrscheinlich hält.
Ob es tatsächlich dazu kommt, wird unter anderem an der Entwicklung der Löhne in der Eurozone liegen. Der EZB-Rat ist sich einig, dass diese maßgeblich für die mittelfristige Inflationsentwicklung sein wird. Dies geht aus dem Protokoll der Dezember-Sitzung hervor. Aber auch aus Reden von EZB-Ratsmitgliedern, die immer wieder auf die Bedeutung der Lohndaten hinweisen, etwa EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. Da die Lohndaten für das erste Quartal erst im Mai vorliegen werden, dürfte eine Zinssenkung der EZB vor der Juni-Sitzung unwahrscheinlich sein.
Disinflationäre Trend
Die Inflationsrate in der Eurozone ist seit ihrem Höhepunkt im Oktober 2022 bei 10,6% deutlich gesunken. Im November 2023 fiel sie dann auf ihren vorläufigen Tiefpunkt und lag mit 2,4% relativ dicht am 2-Prozent-Inflationsziel der EZB. Im Dezember sorgten dann Basiseffekte bei Energiepreisen wie erwartet für einen Anstieg der Teuerung, der jedoch mit 0,5 Prozentpunkten etwas geringer ausfiel als von vielen Volkswirten prognostiziert.
Der disinflationäre Trend ist jedoch nach Einschätzung von Ökonomen trotz des Dezember-Anstiegs intakt. Darauf deutet die Entwicklung der Kerninflation hin. Diese klammert die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise aus und gilt als guter Indikator für den zugrundeliegenden Preisdruck. Die Kernrate sinkt seit Juli konstant und lag im Dezember bei 3,4%.
Aufwärtsrisiken für die Inflation
Damit verdeutlicht die Kernrate jedoch auch, dass der Inflationsdruck nach wie vor recht hoch ist und die EZB bis zum 2-Prozent-Ziel bei der Gesamtrate noch ein gutes Stück vor sich hat. Aus diesem Grund, und wegen der Aufwärtsrisiken für die Inflation, betont die EZB immer wieder, dass der Kampf gegen die zu hohe Teuerung noch nicht gewonnen sei.
Neben der Lohnentwicklung und den Folgen der höheren Gehälter auf die Preise ist vor allem die Lage im Welthandel derzeit ein Aufwärtsrisiko für die Teuerung. Angriffe der Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe im Roten Meer führen derzeit zu Lieferkettenstörungen und höheren Logistikkosten. Sollte dies länger anhalten, würde dies die Inflation wieder verstärken. Auch die zunehmende politische Blockbildung im Welthandel hat das Potenzial, den Preisdruck wieder zu erhöhen.