Fed vor Drosselung der Anleihekäufe
Von Mark Schrörs, Frankfurt
Eigentlich soll es bei der alljährlichen Jackson-Hole-Konferenz der US-Notenbank Fed, die normalerweise im gleichnamigen US-Bergidyll in den Rocky Mountains steigt, aber dieses Jahr nun doch wieder virtuell stattfindet, darum gehen, über grundsätzlichere Themen der Zunft zu diskutieren – fernab der Hauptstädte und Finanzmetropolen und losgelöst vom geldpolitischen Alltagsgeschäft. In diesem Jahr steht die Konferenz unter der Überschrift „Macroeconomic Policy in an Uneven Economy“, übersetzt etwa: „Makroökonomische Politik in einer unausgewogenen Wirtschaft“. Nicht zuletzt dürfte es um die soziale Ungleichheit gehen, die in den USA in der Coronakrise ganz neue Dimensionen erreicht hat.
Wirtschaft erholt sich
Tatsächlich ging und geht es bei Jackson Hole am Ende doch auch immer stark um den kurzfristigen geldpolitischen Kurs von Fed, EZB & Co. Immer wieder haben Notenbanker das Symposium genutzt für wichtige geldpolitische Weichenstellungen. Entsprechend gebannt schauen Volkswirte und Finanzmarktakteure stets, welche Signale die Finanzwelt vom Notenbanker-Stelldichein erreichen. Und das ist in diesem Jahr wohl sogar noch stärker der Fall als sonst, schließlich schickt sich die US-Notenbank Fed an, die beispiellos expansive Geldpolitik aus der Coronakrise ein wenig zu normalisieren. „Tapering“ ist das Wort der Stunde. Gemeint ist die Drosselung der billionenschweren Anleihekäufe der Fed.
Im Kampf gegen die Coronakrise haben die Zentralbanken weltweit zu beispiellosen Zinssenkungen, Anleihekäufen und anderen Maßnahmen gegriffen. Die Fed ihrerseits hat nicht nur ihren Leitzins wieder auf null geschleust; sie kauft zudem für 120 Mrd. Dollar pro Monat Staatsanleihen und Hypothekenpapiere. Die Fed-Bilanz hat sich dadurch seit März 2020 nahezu verdoppelt, auf erstmals mehr als 8 Bill. Dollar. Inzwischen aber hat sich die Wirtschaft rund um den Globus und insbesondere in den USA spürbar erholt, was Diskussionen über einen Exit aus diesen Maßnahmen ausgelöst hat – insbesondere in der Fed.
Kurz vor der Jackson-Hole-Konferenz berichteten US-Medien nun unter Berufung auf Quellen innerhalb der Fed, dass die US-Notenbanker kurz davor stünden, einen Tapering-Zeitplan bekannt zu geben, womöglich schon nach der September-Sitzung des FOMC. Demnach könnte das Tapering Ende dieses Jahres beginnen und bis Mai 2022 abgeschlossen werden. Der Fed-Offenmarktausschuss FOMC hatte bereits bei der bislang letzten Sitzung Ende Juli die Reduktion der Anleihekäufe angesprochen. Unlängst sagte selbst der Chef der regionalen Fed Minneapolis, Neel Kashkari, der stets vor einer zu frühen Rückführung der Unterstützung gewarnt hatte, dass ein Tapering-Start Ende 2021 oder Anfang 2022 wohl „angemessen“ sei.
Tatsächlich hat die US-Wirtschaft dank einer extrem expansiven Geld- und Fiskalpolitik rasant aus der Corona-Rezession herausgefunden. 2021 könnte es ein Wachstum von 6% oder mehr geben. Zudem hält die Erholung am Arbeitsmarkt an. Im Juli schufen Firmen knapp 950000 neue Jobs. Die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus schürt indes auch in den USA Konjunktursorgen und noch sind Millionen nicht wieder in Arbeit. Zugleich hat die Inflation seit Jahresbeginn deutlich und auch stärker als erwartet angezogen. Zuletzt legten die Verbraucherpreise zwei Monate in Folge um 5,4% zu. Die Fed betrachtet das zwar als temporär, aber die Zweifel an dieser Sichtweise nehmen zu.
Dass die Fed absehbar die Drosselung ihrer Anleihekäufe angeht, erscheint in dieser Gemengelage als nahezu ausgemacht. Die große Frage ist eher, wann die Fed damit genau beginnt und wie und mit welchem Tempo sie vorgeht. Da erhoffen sich Beobachter weitere Signale von der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell, der Freitagmorgen (Ortszeit) virtuell zugeschaltet wird.
Womöglich aber müssen sie sich noch ein wenig länger gedulden, zumindest bis zur FOMC-Sitzung am 21. und 22. September. Einige Experten prognostizieren sogar, dass sich die Fed bis zur Dezember-Sitzung Zeit lassen könnte. Grund ist die Unsicherheit wegen der Delta-Variante. Die 2020 beschlossene neue geldpolitische Strategie mit einem nun durchschnittlichen Inflationsziel von 2% und mehr Gewicht auf dem Arbeitsmarkt lässt der Fed Spielraum für eine weiter expansive Geldpolitik.
Kein „Taper Tantrum“
In jedem Fall verhindern will die Fed, dass es wie 2013 zu Turbulenzen an den Finanzmärkten kommt, als der damalige Fed-Chef Ben Bernanke eine Rückführung der Anleihekäufe ansprach („Taper Tantrum“). Deswegen will sie die Märkte ähnlich wie beim Tapering im Jahr 2018 behutsam auf diesen Schritt einstellen.
Nach dem Herunterfahren der Anleihekäufe wird es dann perspektivisch darum gehen, wann die Fed auch ihren Leitzins anhebt. Einige US-Notenbanker erwarten das schon für das Jahr 2022. Powell hatte indes unlängst gesagt, die Fed sei „noch weit entfernt“ von Zinserhöhungen. Auch da wird mit Spannung erwartet, welche Worte Powell nun bei der Jackson-Hole-Konferenz wählt.