„Fürchterliche Zahlen“ von der Euro-Industrie
„Fürchterliche Zahlen“ der Euro-Industrie
Keine Besserung in Sicht − Einkaufsmanagerindex sinkt − Arbeitslosenquote stabil
ba Frankfurt
Zu Beginn des vierten Quartals zeigt sich der Arbeitsmarkt im Euroraum noch robust, doch Frühindikatoren zeigen, dass sich das beschleunigte Wirtschaftswachstum vom Sommer nicht fortsetzen wird. Die Industrie schwächelt, und auch die Geschäfte der Dienstleister laufen angesichts des zunehmenden konjunkturellen Gegenwinds und der politischen Unsicherheiten nicht mehr rund. Ausgerechnet in den beiden größten Euro-Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich kriseln die Regierungen.
Im Oktober sank die Zahl der Arbeitslosen im Monatsvergleich um 3.000 auf 10,841 Millionen. Im Vergleich zum Vorjahr meldet das Statistikamt Eurostat einen Rückgang um 411.000. Die Arbeitslosenquote stagnierte wie von Ökonomen erwartet auf dem Rekordtief von 6,3%.
Für die Unter-25-Jährigen sieht es hingegen weniger gut aus: Die 2,427 Millionen arbeitslosen Jugendlichen bedeuten im Monatsvergleich einen Anstieg um 35.000 sowie ein Plus von 22.000 im Vergleich zum Vorjahr.
Spanien hat die höchste Arbeitslosenquote
Der Blick auf die Euro-Mitgliedsländer zeigt ein kaum verändertes Bild: Spanien weist mit 11,2% die höchste Arbeitslosenquote insgesamt aus, gefolgt von Griechenland mit 9,8%. Spitzenreiter im gemeinsamen Währungsraum ist Malta mit 3,0%, Deutschland folgt mit 3,4% nach der Berechnung für internationale Vergleichszwecke. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) weist nach nationaler Rechenweise eine Arbeitslosenquote von 5,9% aus.
Deutschland erweist sich seit längerem als Bremsklotz der Euro-Wirtschaft. Vor allem um die Industrie steht es schlecht, wie auch die endgültigen Daten der Einkaufsmanagerumfrage zeigen. So verharrte der Einkaufsmanagerindex (PMI) im November bei 43,0 Punkten − in der Erstschätzung war ein Anstieg auf 43,2 Zähler ermittelt worden. Sowohl die Produktion als auch die Neuaufträge seien zwar weniger stark geschrumpft, „aber immer noch deutlich“, hieß es bei S&P Global. Beschäftigung, Einkaufsmenge und Lagerbestände sanken hingegen kräftiger als zuletzt. Ein Wert unter 50 Punkten signalisiert rückläufige Aktivitäten.
Sorgenkind Deutschland
Mittlerweile spürten die Menschen ganz direkt, wie schlecht es um die Industrie steht, „denn praktisch jeden Tag gibt es Meldungen, dass Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe massive Stellenstreichungen planen“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. Dies bestätige auch der Subindex zur Beschäftigung: Dieser zeige seit Mitte 2023 einen sich beschleunigenden Personalabbau an, doch schlage sich dies bislang nur geringfügig in einer höheren Arbeitslosenquote nieder. Dass die Unternehmen ihre Geschäftsaussichten sprunghaft besser einschätzten als in den Vormonaten, liege „möglicherweise am Bruch der Koalition und der Hoffnung, dass eine neue Regierung endlich eine echte Wirtschaftswende einleitet“, analysiert de la Rubia. Insgesamt deute aber alles darauf hin, „dass die Industrie die Rezession mit ins neue Jahr trägt“.
Aber auch im Euroraum hat sich die Talfahrt der Industrie im November wieder beschleunigt. Der PMI gab um 0,8 auf 45,2 Punkte nach. Wie erwartet bestätigte S&P damit die Erstschätzung. Während es mit Auftragseingang, Produktion, Einkaufsmenge und Lagerbeständen stärker bergab ging als zuvor, sank die Beschäftigung so kräftig wie seit August 2020 nicht mehr − vor allem in Deutschland und Österreich gingen Jobs verloren. Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist haben sich dagegen leicht verbessert.
Keine Besserung in Sicht
„Dies sind fürchterliche Zahlen“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. Es sehe so aus, als würde die Rezession der Euro-Industrie niemals enden. Er erwartet, dass die Produktion im Schlussabschnitt um 0,7% zum Vorquartal zurückgehen wird. „Dieser Einbruch wird wahrscheinlich bis ins nächste Jahr hinein anhalten.“ Der Abschwung im November war flächendeckend, „am schlechtesten schnitten Deutschland und Frankreich ab, wobei Italien nicht viel besser dasteht“.
Der Industrie-PMI für Frankreich wurde um 0,1 auf 43,1 Punkte nach unten revidiert, Italien landet mit 44,5 Zählern auf einem 10-Monats-Tief und ebenfalls weit im rezessiven Bereich. Die Industrie-PMIs der Niederlande (46,6 Punkte), Österreichs (44,5) und Irlands (49,9) notieren ebenfalls unter der neutralen 50er Marke. In Spanien (53,1) und Griechenland (50,9) schwächte sich das Wachstum ab. Im Fokus stehen vor allem die Daten für Italien und Spanien, für die keine Erstschätzung abgegeben wird. Ökonomen hatten hier Zählerstände von 46,0 bzw. 54,0 erwartet.
Sonderkonjunktur in Spanien
Interessant findet de la Rubia, dass die spanischen Hersteller im Investitionsgüterbereich zum zweiten Mal in Folge ein beschleunigtes Wachstum verzeichneten. Zuletzt dürfte dies mit den schweren Überschwemmungen in Spanien zusammengehangen haben, bei denen schätzungsweise 100.000 Autos zerstört wurden, die nun ersetzt werden müssen. „Dieser Boom wird jedoch kaum von Dauer sein“, mahnt de la Rubia.