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Geopolitik wird zum Risiko für Finanzstabilität

Geopolitische Spannungen führen auch im internationalen Finanzsektor zu weniger Zusammenarbeit. Dies könnte die globale Finanzstabilität beeinträchtigen.

Geopolitik wird zum Risiko für Finanzstabilität

Geopolitik wird Risiko für Finanzstabilität

Weniger internationale Zusammenarbeit gefährdet die Finanzströme

mpi zzt. Sintra

Die zunehmende Blockbildung im Welthandel und in der Politik wird zu einer Herausforderung für die internationale Finanzstabilität. Hierbei sind sich der niederländische Notenbankpräsident Klaas Knot und sein südafrikanischer Amtskollege Lesetja Kganyago einig. „Eine geringere Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit könnte ein Problem für die Finanzstabilität werden“, sagte Knot, der auch Vorsitzender des Financial Stability Board (FSB) ist, am Mittwoch auf der EZB-Konferenz in Sintra.

Die meisten Herausforderungen für die Finanzstabilität seien global und könnten nur global angegangen werden. Dass es infolge der geopolitischen Fragmentierung auch im Finanzbereich zu Spaltungen kommen kann, zeigen die BRICS-Staaten. Diese Staatengruppe arbeitet an einer digitalen Alternative zu einem vom Dollar dominierten Zahlungssystem. Auslöser für diese Überlegungen sind die Sanktionen des Westens gegen Russland als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.

„Wir werden nach den besten Möglichkeiten suchen, den gegenseitigen Handel und die gegenseitigen Investitionen zu steigern und Wege zur Gewährleistung der Finanzstabilität zu finden“, sagte Anfang März der außenpolitische Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Neben Russland ist auch Südafrika einer der Mitgliedstaaten der BRICS. Dessen Notenbankpräsident Kganyago verteidigte in Sintra die Überlegungen der Staatengemeinschaft und kritisierte die Finanzsanktionen des Westens. „Das Finanzwesen wurde zu einer Waffe gemacht“, sagte Kganyago. Man brauche sich nicht zu wundern, wenn die Menschen dann eigene Lösungen kreieren.

Bankensektor solide

Die Diskussion zwischen Knot und Kganyago in Sintra veranschaulichte ein wenig die Spannungen und unterschiedlichen Ansichten, die es zwischen dem Westen und vielen Schwellenländern bezüglich des Krieges in der Ukraine gibt. Während der Westen relativ geschlossen auf Seite der Ukraine steht, betonten viele Schwellenländer Asiens, Südamerikas und Afrikas ihre Neutralität oder unterstützen die russische Seite.

Ein weiteres Risiko für die Finanzstabilität könnten laut Knot Cyberangriffe werden. Deren Wahrscheinlichkeit droht infolge der geopolitischen Spannungen zuzunehmen. Bei der Prävention und der Abwehr von Cyberattacken gebe es noch Luft nach oben.

Insgesamt beurteilt Knot die Lage der internationalen Finanzstabilität dennoch als gut. Sie sei insgesamt bei den sogenannten Nicht-Banken-Finanzintermediären (NBFI) etwas gefährdeter als bei den Banken. Dennoch konnte sich Knot die Bemerkung nicht verkneifen, dass es der Eurozone nicht schaden würde, wenn neben dem starken Bankensektor NBFI eine größere Rolle bei der Finanzierung spielen würden.

Staatsverschuldung bereitet Kopfschmerzen

Ein anderes Thema, das Knot und Kganyago im Blick haben, ist die hohe Staatsverschuldung vieler Länder und deren Auswirkungen auf die Finanzstabilität. Der südafrikanische Notenbankpräsident erinnerte an einen Bericht der Industrieländerorganisation OECD. Laut deren Global Debt Report werden in den kommenden drei Jahren 37% aller Staatsanleihen fällig. Besonders groß ist der Anteil in Schwellenländern.

Da diese Anleihen in Zeiten mit deutlich niedrigeren Leitzinsen aufgenommen wurden, könnte die Refinanzierung für manche Staaten zur Herausforderung werden. Knot betonte, dass die Staatsschuldenthematik längst nicht nur die Schwellenländer betrifft. „Die Herausforderungen der Fiskalpolitik sind zurück auf dem Radar vieler Menschen“, sagte Knot.


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