Großbritannien schlittert in die Rezession
Großbritannien schlittert in die Rezession
Wirtschaft schrumpft zweites Quartal in Folge – 2023 insgesamt aber leichtes Wachstum
mpi Frankfurt
Die britische Wirtschaft ist im Schlussquartal 2023 schlechter gelaufen, als Ökonomen erwartet hatten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte in den Monaten Oktober bis Dezember um 0,3%. Dies teilte die nationale Statistikbehörde ONS am Donnerstag mit. Da das BIP bereits im Vorquartal um 0,1% gesunken war, ist damit die Definition einer technischen Rezession erfüllt.
Auf das Gesamtjahr 2023 gesehen ist die britische Wirtschaft damit zumindest leicht gewachsen – und zwar um 0,1%. Auch wenn Großbritannien damit anders als Deutschland für 2023 eine Rezession vermeiden konnte, sind die Zahlen für die britische Regierung schlechte Presse in einem wichtigen Wahljahr. „Die Nachricht, dass das Vereinigte Königreich im Jahr 2023 in eine technische Rezession abrutscht, wird ein Schlag für den Premierminister sein“, sagte Ruth Gregory, stellvertretende Chefökonomin für Großbritannien bei Capital Economics. „Aber diese Rezession ist so mild, wie sie nur sein kann, und aktuelle Indikatoren deuten darauf hin, dass sie sich bereits ihrem Ende nähert.“
Das Jahreswachstum von 0,1% ist der niedrigste Wert für Großbritannien seit 2009 – abgesehen von 2020. Damals führten die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft zu einem Minus von 10,4%.
Lauer Konsum
Für das Schwächeln der britischen Wirtschaft gibt es mehrere Gründe. Die britischen Exporte liefen zuletzt schlecht, was zum Teil mit den Angriffen der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe im Roten Meer zusammenhängen könnte. Zudem läuft es im Baugewerbe nicht rund, und der private Konsum schrumpfte nach dem dritten Quartal nun auch im vierten Quartal. Sowohl der Konsum als auch das Baugewerbe leiden unter der hohen Inflation und den hohen Zinsen in Großbritannien.
Wie in anderen Währungsräumen auch debattieren Volkswirte, Anleger und Notenbanker über den Zeitpunkt der Zinswende. Die Bank of England (BoE) hatte sich beim Zinsentscheid Anfang Februar offen für Zinssenkungen im Jahresverlauf gezeigt. Zuerst benötige die BoE aber die Gewissheit, dass sie trotz Zinssenkungen das Inflationsziel von 2% erreichen werde.
Robuster Arbeitsmarkt
Von den jüngsten Lohn- und Inflationsdaten gingen verschiedene Signale an die BoE aus. Während das Lohnwachstum mit 6,2% stärker als erwartet ausfiel, ist die Inflation entgegen der Prognosen im Januar nicht gestiegen. Sie verharrte bei 4,0%. „Wir halten die zweite Jahreshälfte 2024 für den wahrscheinlichsten Zeitpunkt für eine Zinssenkung, da die Bank of England den Arbeitsmarkt weiterhin sehr genau beobachten wird“, sagte Tomasz Wieladek, Chefökonom für Europa beim Finanzdienstleistungsunternehmen T. Rowe Price.
Der britische Arbeitsmarkt wurde von der schwachen Konjunktur bislang nicht in Mitleidenschaft gezogen. Während die Wirtschaft in den vergangenen beiden Quartalen schrumpfte, ist die Arbeitslosenquote gesunken. Der robuste Arbeitsmarkt ist mit ein Grund für das hohe Lohnwachstum.