Zugeständnisse von Union und SPD reichen nicht

Grüne verlangen mehr Bewegung bei der Schuldenbremse

Die Grünen im Bundestag wollen die Grundgesetzänderung für mehr Verschuldungsspielraum zugunsten von Verteidigung und Infrastrukturinvestitionen ablehnen. In der Bundestagsdebatte zeigten sie sich aber weiter gesprächsbereit. Union und SPD signalisierten den Grünen zusätzliches Entgegenkommen.

Grüne verlangen mehr Bewegung bei der Schuldenbremse

Grüne verlangen mehr Bewegung bei Schuldenbremse

Union und SPD machen Zugeständnisse – 50 Mrd. Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen für Klimaschutz

Die Grünen im Bundestag wollen die Grundgesetzänderung für mehr Verschuldungsspielraum zugunsten von Verteidigung und Infrastrukturinvestitionen ablehnen. In der Bundestagsdebatte zeigten sie sich aber weiter gesprächsbereit. Union und SPD signalisierten den Grünen zusätzliches Entgegenkommen.

wf Berlin

Den Grünen reichen die Annäherungsschritte von CDU/CSU und SPD noch nicht aus, um einer Grundgesetzänderung zur Lockerung der Schuldenbremse zustimmen. Zugleich signalisierten sie aber weitere Gesprächsbereitschaft. „Wir übernehmen Verantwortung“, sagte Co-Fraktionschefin Katharina Dröge im Plenum in der Debatte zur Grundgesetzänderung. Es sei wichtig, dass der Bundestag jetzt handle. Das Angebot der Grünen stehe, „uns mit Ihnen auf eine Reform der Schuldenbremse zu verständigen“.

Ruf der Geschichte

Der CDU-Parteichef und voraussichtlich künftige Kanzler, Friedrich Merz, und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hatten zuvor in der Bundestagsdebatte die Pläne der angehenden schwarz-roten Koalition verteidigt, mehr Staatsverschuldung neben der Schuldenbremse für Verteidigung und Investitionen in die Infrastruktur zuzulassen. Die Nachkriegsordnung sei ins Wanken geraten, rief Klingbeil den Parlamentariern zu. „Wenn die Geschichte anklopft, muss man die Tür öffnen“, sagte der SPD-Politiker. Es sei ungewiss, ob es eine zweite Gelegenheit gebe.

Merz unterstrich die Eilbedürftigkeit des Vorhabens. Die Grundgesetzänderung dulde keinen weiteren Aufschub, sagte er mit Hinweis auf die Sicherheitslage. US-Präsident Donald Trump werde Europa nicht mehr beschützen. „Wir müssen jetzt etwas tun, um unsere Verteidigungsfähigkeit schnell zu erhöhen“, betonte Merz.

Handlungsfähigkeit gefragt

Den Vorwurf von AfD und Linken, dass der alte Bundestag nur wegen der aktuellen Mehrheitsverhältnisse schnell noch die Grundgesetzänderung beschließen solle, wies Merz zurück. „Deutschland muss unabhängig von Wahlentscheidungen handlungsfähig sein“, unterstrich er. Im neuen Bundestag werden AfD und Linke eine Sperrminorität für Grundgesetzänderungen haben. Die Linken-Fraktion lehnt es ab, Kredite für „Aufrüstung“ aufzunehmen.

Union und SPD stellten den Grünen weiteres Entgegenkomme bei der Grundgesetzänderung in Aussicht. Schwarz-Rot plant, Kredite für Verteidigungsausgaben von mehr als 1,0% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht auf die Schuldenbremse anzurechnen. Die Grünen verlangen eine Erhöhung auf 1,5%. Damit müssten mehr Ausgaben aus dem regulären Etat gedeckt werden.

Mehr Geld für Klimaschutz

Darüber hinaus soll ein kreditfinanziertes Sondervermögen von 500 Mrd. Euro für zehn Jahre Investitionen in Infrastruktur jenseits der Regeln der Schuldenbremse erlauben. 100 Mrd. Euro davon sollen schuldenfinanzierte Investitionen der Länder ermöglichen. Merz hatte im Bundestag einen Änderungsantrag bekannt gemacht. Damit werden 50 Mrd. Euro auf Wunsch der Grünen für den Klimaschutz reserviert. Sie sollen in das Sondervermögen Klima- und Transformationsfonds fließe. Zudem sollen zusätzliche Ausgaben nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für den Zivilschutz und den Bundesnachrichtendienst möglich sein.

Beides sind Merz zufolge Forderungen der Grünen für ein positives Votum gewesen. „Was wollen Sie eigentlich noch mehr?“, fragte er in Richtung Grünen-Fraktion. Dröge vermisste das Kriterium der „Zusätzlichkeit“ im Gesetzentwurf. Es bestehe die Gefahr, dass Investitionen aus dem Bundeshaushalt in das Sondervermögen verlagert würden, um Wahlgeschenke wie die Mütterrente oder Steuersenkungen zu finanzieren. Merz bestritt dies. Er wies auch das Ansinnen der Grünen zurück, die Grundgesetzänderung zur Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse von der Einrichtung des Investitions-Sondervermögens zu trennen. Es gebe einen „inneren Zusammenhang“, betonte der CDU-Politiker. Der Aufwuchs der Verteidigungsausgaben sei genauso wichtig wie die schnelle Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, sagte Merz.

Verfassungsgericht involviert

Am frühen Abend tagte der Haushaltsausschuss in öffentlicher Sitzung und hörte Experten zu der Grundgesetzänderung an. Dies ist Teil des Gesetzgebungsverfahrens. Die abschließende Lesung im Bundestag ist für den 18. März geplant. Möglicherweise greift auch das Bundesverfassungsgericht noch ein. Die AfD stellte einen weiteren Eilantrag in Karlsruhe und wegen der verkürzten Fristen im Gesetzgebungsverfahren, die einer ordentlichen Beratung entgegenstünden. Das knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiterte Bündnis Sahra Wagenknecht verlangt in Karlsruhe eine Neuauszählung der Stimmen.

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