Inflation schraubt Zinserwartungen nach oben
mpi Frankfurt –
Die Inflation in Deutschland bleibt hartnäckig hoch und veranlasst Ökonomen dazu, mit einem späteren Zinsgipfel der Europäischen Zentralbank (EZB) zu rechnen. Die Verbraucherpreise lagen im Februar 8,7% über dem Vorjahreswert, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mitteilte und damit eine erste Schätzung der Statistiker vor etwas mehr als einer Woche bestätigte. „Die Inflationsrate verharrt auf einem hohen Stand“, sagte Destatis-Präsidentin Ruth Brand bei der Vorlage der Zahlen.
Die beiden Haupttreiber des Inflationsdrucks sind nach wie vor die hohen Energie- und Lebensmittelpreise, die beide innerhalb von zwölf Monaten rund 20% zulegten. Allerdings ist die Teuerung bei Nahrungsmitteln inzwischen noch höher als bei Energieprodukten. Bei Letzteren zeigte die Tendenz zuletzt sogar nach unten, da der befürchtete Energieengpass als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in diesem Winter ausgeblieben ist. Außerdem dürften die staatlichen Preisbremsen Erdgas, Strom und Fernwärme erschwinglicher machen. „Der Entlastungseffekt durch die Gas- und Wärmepreisbremse liegt rechnerisch bei der Inflationsrate bei etwa 0,5 bis 0,75 Prozentpunkten, bei der Strompreisbremse deutlich unter 0,25 Prozentpunkten“, hatte Destatis-Präsidentin Brand im Interview der Börsen-Zeitung gesagt (vgl. BZ vom 4. März).
Die dennoch hohen Energiekosten führen allerdings an anderer Stelle zu Preiserhöhungen. „Der anhaltend hohe Inflationsdruck bei Lebensmitteln und Dienstleistungen dürfte zu einem beträchtlichen Teil auf indirekte Inflationseffekte durch die teure Energie zurückzuführen sein, wenn etwa die Preise in der Gastronomie erhöht werden, weil Kosten für Heizung oder Kochenergie gestiegen sind oder wenn Bäckereien ihre Preise erhöhen, weil das Erdgas für das Backen teurer geworden ist“, erklärte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. „Mit dem Abklingen der Energieinflation dürfte in den kommenden Monaten mit etwas Verzögerung auch der Druck von diesen indirekten Effekten abnehmen.“
Dennoch gehen von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen inzwischen von einem höheren Zinsgipfel in der Eurozone aus. Sie rechnen einer jüngsten Umfrage zufolge wegen der hartnäckigen Inflation nun im Median damit, dass er erst mit einem Einlagenzins bei 3,75% erreicht ist. In der Februar-Umfrage hatten die 60 befragten Ökonomen den Zinsgipfel noch bei 3,25% erwartet. An den Terminmärkten wird der Zinshöhepunkt derzeit sogar erst bei 4% verortet.