Prognosen

Institute erwarten milde Winter­rezession

Die Wirtschaftsforscher sind sich einig: Eine milde Rezession im Winterhalbjahr wird es werden, aber kein Konjunkturabsturz wie in der globalen Finanzkrise oder im ersten Coronajahr. In der Tat haben einige Belastungsfaktoren ihren Schrecken verloren.

Institute erwarten milde Winter­rezession

ba Frankfurt

Eine milde Rezession im Winterhalbjahr, aber kein Absturz der Konjunktur 2023: So lassen sich die jüngsten Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute zusammenfassen. Gestützt wird die leichte Aufwärtskorrektur einiger Voraussagen von der Stimmungsaufhellung bei Finanzmarktexperten, Unternehmen und Verbrauchern – und dem besser als erwartet ausgefallenen dritten Quartal. Vor allem die unerwartet ausgabefreudigen Konsumenten hatten dazu beigetragen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,4% im Quartalsvergleich zugelegt hatte. Zudem gab es Entspannungssignale bei Belastungsfaktoren wie der drohenden Gasmangellage, dem Materialmangel und den hohen Energiepreisen.

„In den beiden Quartalen des Winterhalbjahres 2022/23 schrumpft das Bruttoinlandsprodukt zwar, aber danach geht es wieder aufwärts“, erwartet der Leiter der Ifo-Prognosen, Timo Wollmershäuser. Im Gesamtjahr 2023 prognostiziert das Ifo-Institut, dass das BIP um 0,1% schrumpft und 2024 dann wieder um 1,6% zulegt. Im Herbst hatten die Münchener Wirtschaftsforscher noch ein Minus von 0,3% für das kommende Jahr vorausgesagt. Auch für das ablaufende Jahr 2022 hat das Ifo-Institut die BIP-Prognose nach oben geschraubt: auf plus 1,8% von zuvor plus 1,6%.

Eckwerte der Prognosen für Deutschland in %
IfWIfoRWIHWWI
2018201920202021202220232024202320242023202420232024
BIP (preis-, nicht kalenderbereinigt1,50,6-4,62,61,90,31,3-0,11,6-0,11,9-0,51,9
Arbeitslosenquote5,25,05,95,75,35,55,45,55,35,55,35,35,0
Inflationsrate1,81,40,53,17,85,42,26,42,85,82,56,52,7
Finanzierungssaldo des Staates*1,91,5-4,3-3,7-1,8-4,0-2-2-2,6-1,2-2,6-1,3-2,4-1,2
Leistungsbilanzsaldo*7,47,16,97,43,62,53,33,14,03,84,33,93,9
*in % des BIP
Stand 15.12.2022

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) zeigt sich pessimistischer und setzt für 2022 ein Wachstum von 1,5% an. Für kommendes Jahr erwarten die Kölner ein Minus von 0,75%. Verglichen mit den Prognosen vor dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar werde die reale Wirtschaftsleistung Ende 2023 um fast 5% niedriger liegen. „Die Volkswirtschaft als Ganzes ist mit einem gewaltigen Wohlstandsverlust konfrontiert“, betonte IW-Konjunkturexperte Michael Grömling.

Inflation bleibt Belastung

Die Kostenschocks und eine Inflationsrate von knapp 7% würden dem privaten Konsum deutlich zusetzen, heißt es beim IW. Das Ifo rechnet mit einem etwas stärkeren Absinken der Inflationsrate auf 6,4% im kommenden Jahr, bevor es 2024 dann 2,8% werden. Dementsprechend fällt der private Konsum als Wachstumstreiber vorerst aus. Auch die Investitionen gehen den Prognosen zufolge insgesamt zurück, wobei den wegen höherer Bau- und Finanzierungskosten stark nachlassenden Bauinvestitionen nur leicht zunehmende Ausrüstungsinvestitionen gegenüberstehen. Der Außenhandel wird zwar noch etwas Schwung bringen, leidet aber gleichwohl unter der abgekühlten Weltwirtschaft.

Die Auswirkungen der Energie­krise werden 2023 auch am Ar­beitsmarkt sichtbar. Im Winterhalbjahr dürfte die Kurzarbeit vorübergehend wieder steigen, der Beschäftigungsaufbau weitestgehend zum Erliegen kommen, heißt es beim Ifo-Institut. Die Arbeitslosigkeit steigt indes nur leicht, so die IW-Erwartung.

Der am Mittwoch veröffentlichte Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt ebenfalls, dass „der konjunkturelle Tiefpunkt infolge der Energiekrise bereits durchlaufen“ sein könnte: Für den Zeitraum von Dezember bis Ende Februar 2023 weist der Indikator ein Rezessions­risiko von 52,5% aus, nach 65,3% Anfang November und 80,8% Anfang Oktober.