IWF entwarnt in Sachen Lohn-Preis-Spirale
det/ms Washington/Frankfurt
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet trotz zunehmenden Lohndrucks und der Engpässe an den Arbeitsmärkten keine Lohn-Preis-Spirale. Mehrere Faktoren sprechen dagegen, schreibt der IWF in den analytischen Kapiteln seines bevorstehenden Weltwirtschaftsausblicks (WEO). Dazu zählt insbesondere die Straffung der Geldpolitik durch die Fed und andere Notenbanken. Reduziert werde das Risiko auch dadurch, dass die Inflationsschocks durch externe Faktoren ausgelöst wurden. Der Währungsfonds nennt in dem Zusammenhang vor allem Störungen in globalen Lieferketten als Folge der Corona-Pandemie sowie geopolitische Unruhen und die daraus resultierenden Preiserhöhungen bei Energie und Rohstoffen.
Das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale, bei der sich Löhne und Preise gegenseitig hochschaukeln und mit der sich die hohe Inflation verfestigen könnte, ist derzeit eine der größten Ängste vieler Zentralbanken und mancher Ökonomen. Es gilt als wesentlicher Grund für die sehr aggressive Straffung der Geldpolitik rund um den Globus – trotz der zunehmenden Rezessionsängste. Vor allem in den USA steigen die Löhne bereits stark. In den meisten anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften steigen sie bislang moderat, aber das Risiko wächst mit anhaltend hohen Inflationsraten.
Die Grundlage für den Bericht des IWF bilden Vergleiche zwischen 22 Industrienationen und wie deren Volkswirtschaften in der Vergangenheit auf Szenarien wie heute reagierten, nämlich steigende Preise und Löhne bei einem gleichzeitig starken Arbeitsmarkt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, beispielsweise in den USA in den achtziger Jahren, seien keine Lohn-Preis-Spiralen entstanden, stellt der Bericht fest. Vielmehr sei die Teuerungsrate in darauffolgenden Quartalen gesunken.
Mit Blick auf die Risiken sind nach Darstellung des IWF die Inflationserwartungen von zentraler Bedeutung. Wenn Unternehmen und Haushalte nach einem Inflationsschock davon ausgehen, dass die Teuerungsrate auf hohem Niveau verharren wird, dann könnte dies zu höheren Lohnforderungen führen und bedeuten, dass die Inflationsrate über längere Zeit über der Zielgrößen der Zentralbanken liegt. In einer solchen Situation sei es notwendig, dass die Währungshüter rasch und konsequent mit einer Straffung der Geldpolitik reagieren. Vor diesem Hintergrund beschreibt der Fonds die jüngste Kursverschärfung, insbesondere seitens der Fed, deswegen als ermutigend, weil diese verhindern dürfte, dass die hohe Inflation verankert wird und über längere Zeit von dem Inflationsziel abweicht.
BIZ besorgter
Die Zentralbank der Zentralbanken BIZ hatte bereits im Mai vor der Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale in den Industrieländern gewarnt (vgl. BZ vom 4. Mai). Dieses Risiko dürfe nicht unterschätzt werden, so die BIZ. Sie mahnte, aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit sehr niedriger Inflation nicht die falschen Lehren zu ziehen. Die Extrapolation des Verhaltens aus Zeiten niedriger Inflation sei problematisch. Bei anhaltend hoher Inflation könnten die Haushalte höhere Löhne verlangen. Zudem könne eine hartnäckig hohe Inflation zu institutionellen Änderungen wie automatischen Indexierungen und Lebenshaltungskostenausgleichsklauseln führen.