Bruttoinlandsprodukt

Japan fällt hinter Deutschland zurück – und in die Rezession

Ein unerwarteter Konjunktureinbruch im Schlussquartal 2023 und der Abstieg auf den vierten Platz in der Nationenrangliste haben Japans Regierung alarmiert.

Japan fällt hinter Deutschland zurück – und in die Rezession

Japan fällt hinter Deutschland zurück

Bruttoinlandsprodukt nimmt überraschend im Schlussquartal 2023 ab

Japan hat seinen Status als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt an Deutschland verloren und ist im letzten Quartal 2023 durch eine schwache Binnennachfrage unerwartet in eine Rezession gerutscht. Zum Jahresauftakt droht wegen einer geringeren Industrieproduktion, weniger Exporten nach China und zurückhaltenden Konsums ein fortgesetzter Rückgang. Damit wachsen die Zweifel, ob die Bank of Japan im April den Negativzins streicht, wie es die Mehrheit der Analysten erwartet.

Japans nominales Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 4,21 Bill. Dollar im Vorjahr reichte nur noch für den vierten Platz, Deutschland kam auf 4,46 Bill. Dollar. Allerdings basierte der Platzwechsel auf dem Vergleich des nominalen BIP in Dollar. Real wuchs das japanische BIP im Jahr 2023 zwar um 1,9%, während das deutsche um 0,3% schrumpfte. Aber weil die Inflation in Deutschland höher war und der Yen stärker abwertete, zog Deutschland vorbei. Sobald der Yen sich wieder festigt, könnte sich das Bild also wieder ändern. Andererseits sei der Währungsverfall „ein Symptom der fundamentalen Wachstumsschwäche“, sagte LBBW-Ökonom Matthias Krieger.

Forderung nach Strukturreformen

Jedenfalls herrschte in Japan Krisenstimmung ob des Abstiegs gegenüber Deutschland. Schließlich sind die eigene Bevölkerung und die Zahl der jährlichen Arbeitsstunden jeweils um rund die Hälfte größer. „Dass Deutschland Japan überholt hat, zeigt, dass wir unbedingt Strukturreformen vorantreiben müssen“, erklärte der Minister für wirtschaftliche Wiederbelebung, Yoshitaka Shindo. Lohnerhöhungen müssten den Weg für ein nachhaltiges, nachfrageorientiertes Wirtschaftswachstum ebnen.

Auch hier kommt es zu einem Widerspruch: Die Unternehmen verdienten im vergangenen Jahr so viel nie und erhalten sogar finanzielle Anreize, damit sie Löhne und Investitionen erhöhen. Doch statt ihre Beschäftigten besser zu bezahlen und in Maschinen und Software für eine höhere Produktivität zu investieren, legen viele japanische Unternehmen ihre Gewinne lieber auf die hohe Kante.

Zweifel an technischer Rezession

Zwischen Oktober und Dezember schrumpfte Japans Wirtschaft im Vergleich zum Vorquartal überraschend um 0,1% bzw. mit einer Jahresrate von minus 0,4%. Ökonomen hatten im Schnitt ein Wachstum von 1,3% vorhergesagt. Doch angesichts der hartnäckigen Inflation sank der Privatkonsum mit einem BIP-Anteil von 60% um 0,2% das dritte Quartal hintereinander. Die privaten Kapitalausgaben gingen um 0,1% zurück. Trotz der schwachen Inlandsnachfrage stiegen die Exporte um 2,6%. Die öffentlichen Investitionen sanken um 0,7%.

Nach dem Rückgang um revidierte 0,8% im Sommerquartal erfüllte Japans Wirtschaft das Kriterium für eine technische Rezession. Doch Marcel Thieliant von Capital Economics ist nicht überzeugt: „Die Zahl der offenen Stellen verringerte sich zwar, aber die Arbeitslosenquote sank im Dezember auf ein Elfmonatstief von 2,4%“, meinte Thieliant. Zudem seien laut dem Tankan-Bericht die Geschäftsbedingungen über alle Branchen und Firmengrößen hinweg im vierten Quartal so gut gewesen wie seit 2018 nicht mehr.

mf Tokio
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